Serie PTA + Marketing: Geruchs- und Geräuschwelten

von Kerstin Hinck
29.03.2017

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© Foto: Beeck
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  • Visuelle Eindrücke spielen eine große Rolle, aber auch die anderen Sinne sind empfänglich für angenehme Wahrnehmungen.
  • Je mehr Sinne positiv angesprochen werden, desto wohltuender wird der Aufenthalt in der Apotheke vom Kunden empfunden und bleibt in guter Erinnerung.
  • Kombinieren PTA zum Beispiel Gerüche und Geräusche behutsam und bewusst mit visuellen Erlebnissen, verstärken sie das Gefühl der Wohlfühlatmosphäre.
  • Das erleichtert den Abverkauf und macht die Apotheke langfristig zu einem Anziehungspunkt.

Die Chemie stimmt

Man könnte annehmen, dass die Geruchseindrücke für den Menschen – im Vergleich zu den visuellen oder auditiven Eindrücken – nicht so wichtig seien. Und tatsächlich sind Menschen mit circa zehn bis 30 Millionen olfaktorischen Rezeptorzellen, Hunden mit circa einer Milliarde „Riechzellen“ weit unterlegen. Dennoch wird die Bedeutung des menschlichen Geruchssinnes häufig unterschätzt. Die Geruchsrezeptoren auf den Epithelzellen im hinteren Nasenbereich sind hoch sensibel und können circa 10 000 verschiedene Duftmoleküle interpretieren.

Fehlt der Geruchssinn ganz (Anosmie), wie bei circa fünf Prozent der Deutschen, oder teilweise (Hyposmie, ca. 20 %), geht somit ein großes Stück Lebensqualität verloren. Zudem ist ein plötzlicher Verlust der Riechfunktion psychisch belastend. Depressive Verstimmungen sind bei Anosmie- und Hyposmie-Patienten keine Seltenheit.

Gerüche im Alltag

Gerüche berühren jeden Menschen aufgrund individueller Geruchsbefindlichkeiten in unterschiedlichem Ausmaß negativ wie positiv. Die hoch sensiblen Geruchszellen reagieren auf jedes Molekül und minimale physikalische Reizschwankungen. Der menschliche Geruchssinn informiert beispielsweise erfolgreich über potenzielle Gefahren: Gas, Brandgeruch und faulige Lebensmittel erkennt die Nase sofort.

Aber auch subtilere Aromata lösen Wirkungen aus. Wussten Sie zum Beispiel, dass sich der weibliche Zyklus zusammenarbeitender oder -wohnender Frauen mit der Zeit aneinander angleicht? Das geschieht aufgrund der gegenseitigen Wahrnehmung von den Schweißnuancen anderer Frauen.

Und auch die Partnerwahl wird, wie allgemein bekannt, über den Geruchssinn gesteuert. Die volkstümliche Annahme, dass man sich riechen können muss, ist tatsächlich für die genetische Vielfalt bei der Fortpflanzung elementar wichtig. Es wird sogar erforscht, ob das Handreichen zur Begrüßung den Zweck erfüllt, kleinste Duftpartikel des Gegenübers auf sich zu übertragen, welche dann mittels heimlichem beschnuppern der Hand unbewusst ausgewertet werden.

TIPP!

Wenn das Raumklima angenehm ist, werden Einrichtung, Mitarbeiter, Warenpräsentation und die Qualität der Waren von Kunden durchgehend besser beurteilt. Bei einer Raumtemperatur von circa 18 bis 20 °C, einer Luftfeuchtigkeit von 20 Prozent sowie einer Luftgeschwindigkeit von circa 0,2 Metern pro Sekunde können sich Düfte ideal im Raum verteilen. Gezielt gesetzte Duftreize können die Kauflaune dabei um mindestens fünf Prozent steigern.

Sieben Primärgerüche

Derzeit wird zwischen sieben Primärgerüchen unterschieden: campher- und moschusartige Gerüche, blumige, minzige, ätherische, schweißige und faulige Gerüche. Gerade bei letzterem Primärgeruch wird einem bewusst, dass Gerüche Handlungen, wie beispielsweise eine Fluchtreaktion, auslösen.

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Diese Erkenntnisse der Forscher sind nicht nur für Naturwissenschaftler interessant, sondern werden auch von Marketingexperten aufmerksam verfolgt. Beispielsweise werden im Duft- und Aromamarketing olfaktorische Reize ganz bewusst im Kundenkontakt am Point-of-Sale eingesetzt.

Und auch Sie können mithilfe von Düften Ihre Kunden glücklich machen, dafür sorgen, dass diese länger in der Apotheke verweilen und sich zudem länger an sie erinnern. Richtig eingesetzt in Kombination mit anderen Sinnesreizen wie Beleuchtung, Musik und Innenausstattung, sorgt das Gesamtkonzept für eine anhaltende emotionale Bindung des Kunden an Ihre Apotheke.

Die eigene "Duftmarke" beeinflusst die Kunden unbewusst.

Duft- und Aromamarketing

Im Bereich des Duft- und Aromamarketings spielt die folgende neurophysiologische Besonderheit eine große Rolle und macht das Themenfeld für Marketingexperten hoch interessant: Die Geruchsnerven laufen als einzige Sinnesnerven direkt in das zentrale Nervensystem beziehungsweise in das limbische System. Dort werden Emotionen und Motivationen gesteuert sowie Erinnerungen gespeichert. Gerüche lösen also unmittelbar Emotionen aus.

Über die Nase wahrgenommene Eindrücke werden zudem außergewöhnlich gut erinnert, von allen Sinnen am besten. Wer denkt nicht sofort beim Geruch von Penatencreme an seine Kindheit? Und wer schwelgt nicht in wohliger Erinnerung an den letzten Sommerurlaub, wenn der Duft der heißgeliebten Sonnencreme auftaucht?

Positive Geruchserlebnisse sind also besonders emotional aufgeladen. Solche zu nutzen oder zu erzeugen, sollte das Ziel eines erfolgreichen Duft- und Aromamarketings in der Apotheke sein. Dabei umfasst ein solches weit mehr als das bloße Versprühen eines angenehmen Duftes im Raum. Es sollte eingebettet sein in ein multisensuales Gesamtkonzept, welches zu Ihrer Apotheke, der Botschaft, die Sie mit Ihrer Apotheke transportieren möchten sowie Ihren Kunden passt. Bestenfalls entwickeln sie einen einzigartigen „Corporate smell“ zur Widererkennung. Diese „Duftmarke“ kann dann auf subtile Art und Weise dazu beitragen, dass Kunden mehr Zeit als ursprünglich geplant in Ihrer Apotheke verbringen oder sie wieder gerne aufsuchen. Denken Sie zum Beispiel an Hotelketten oder das italienische Luxusmodeunternehmen Prada. Diese nutzen ihren „Corporate smell“, um bei ihren Kunden positive Assoziationen zu ihrer Marke zu wecken.

Kaum wahrnehmbare, angenehme Duftnuancen betören den Geruchssinn und regen zum Kauf an.

Düfte regen zum Kauf an

Überdies werden kaum spürbare Duftnuancen in Verkaufsräumen, auf Messeständen oder Werbeträgern eingesetzt, um den Geruchssinn mit angenehmen Düften zu bezirzen und zum Kauf anzuregen. Werden die Geruchs-Nervenzellen allerdings über eine längere Zeit gereizt, übermüden sie, was in einer Verminderung der Empfindungsintensität resultiert. Das heißt, an Gerüche gewöhnt man sich schnell. Deshalb ist beim Einsatz von Gerüchen unter Umständen auch die Veränderung interessant und eben nicht nur die konstante oder eintönige Beduftung.

Manche Hersteller nutzen Gerüche auch, um einen anderen Eindruck der Qualität zu erzeugen. So wird etwa durch das Aufbringen von Ledergeruch auf diverse Kunstlederprodukte oder das Versprühen eines solchen Dufts in Schuhgeschäften dem Kunden eine hochwertige Qualität suggeriert. Der typische Neuwagengeruch ist ein weiteres Beispiel, für einen Duft, der gezielt eingesetzt wird, um ein positives Gefühl beim Kauf zu erzeugen beziehungsweise zu verstärken.

Mit Düften Umsatz steigern

Möchten Sie mehr Umsatz generieren, so hängt dies von der Aufmerksamkeit und der Zeit ab, die Kunden Ihrer Beratung oder den Produkten im Verkaufsraum schenken. Diese beiden Komponenten lassen sich durch den Einsatz von Düften steuern. So wurden in diversen wissenschaftlichen Studien die Wirkungen von Düften im Kontext des Marketings untersucht. Festgestellt wurde, dass Kunden beispielsweise mehr Zeit in einer zum Produkt passend bedufteten Umgebung verbringen. Sie betrachten die Waren intensiver und länger. Zudem wecken angenehm duftende Verkaufsräume positive Assoziationen, sodass Kunden die Produkte teilweise besser bewerten. Auch sorgen solche Einkaufsräume dafür, dass Kunden sich besser an die Angebote erinnern. Außerdem sind Konsumenten in bedufteten Umgebungen zufriedener und schätzen auch das Sortiment positiver ein. Kunden haben in Räumen mit solch einem „Air-Design“ auch den Eindruck, insgesamt mehr Informationen aufzunehmen.

Wissenschaftler der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden konnten in einer Studie auch das Ausmaß der verkaufsfördernden Wirkung von bedufteten Räumen feststellen. Dieses beläuft sich auf fünf bis sechs Prozent. Wer übrigens gerne Ängste bei Kunden lindern möchte, der sollte laut einer Studie der Universität Wien auf Orangenduft setzen.

Ebenfalls interessant zu wissen ist, dass eine beduftete Umgebung eher kognitive Prozesse anstößt. Das bedeutet, dass Kunden bewusst nachdenken und reflektierte Kaufentscheidungen treffen. Ganz anders verhält es sich mit einer musikalischen Verkaufsunterstützung, die eher zu impulsiven Kaufhandlungen führt.

TIPP!

Hören Sie bei Ihrem nächsten Einkauf in den diversen Geschäften bewusst auf die Geräusche oder Hintergrundmusik. Achten Sie auch auf die Duftmoleküle, die Ihre Nase, auch nur leicht, wahrnimmt. Hinterfragen Sie auch bei anderen Gebrauchsgegenständen, ob Klang oder Geruch ein ausschlaggebender Grund für eine Kaufentscheidung ist. Von welcher Atmosphäre fühlen Sie sich wie magisch angezogen?

Geräusche verstärken Eigenschaften

Im Unterschied zum begrenzten visuellen Sichtfeld, erfassen die Ohren auch Vorgänge, die beispielsweise hinter einem geschehen. Man hört wortwörtlich „surround“. Geräusche können wie Gerüche dazu genutzt werden, Produkteigenschaften hervorzuheben. So gibt es zum Beispiel Akustikdesigner, die Produkten Geräusche verpassen, die Kunden mit einer hohen Qualität assoziieren. Beispielsweise darf ein Staubsauger nicht allzu leise sein, sonst nehmen Verbraucher fälschlicherweise an, dass die Saugleistung zu schwach ist. Ganz im Unterschied zu einer Küchenmaschine, die beim Kneten eines festen Teiges keine zu lauten Geräusche von sich geben darf, da sie sonst vom Konsumenten fälschlicherweise bezichtigt werden könnte, mit dieser Standardaufgabe überfordert zu sein.

Auch das, meist satte, Klacken beim Zufallen der Autotüren, gehört für viele Autohersteller und Kunden zu einer bestimmten Marke. Selbst das Knuspergeräusch von Kartoffelchips wird fein abgestimmt, um den Kundenohren beim Genießen das beste Geräuscherlebnis zu bescheren. Die knackig klingende Produkteigenschaft „crunchy“ fühlt sich zudem schon beim Lesen und Hören extra knackig an.

Wohlklang für die Ohren

In der Natur wie auch in jeder Offizin wird die zugrundeliegende Stille immer durch Grundgeräusche aufgehoben. In einer Apotheke sind dies beispielsweise die Beratungsgespräche (55 Dezibel), die Kasse, Telefonklingeln (80 Dezibel) oder die Tür. Dies sind aber in der Regel nicht die Geräusche, die die Anwesenden im Takt mitwippen lassen. Verfügt die Apotheke über ein im Raum gut verteiltes Lautsprechersystem oder punktuelle Lautsprecher in der Freiwahl, so können über diese entweder Musik oder Geräusche ausgesendet werden. Wichtig ist, dass die Lautstärke punktuell nicht zu laut wird.

Der gewählte Musikstil spielt natürlich auch eine Rolle. So wählt man grundsätzlich zwischen Naturklängen oder Musik. Beides wird dabei allerdings nur so laut eingestellt, dass die Geräuschkulisse nur kurz oberhalb der Schwelle zur bewussten Wahrnehmung liegt.

Auch der „Beat“ sollte beachtet werden: Zu schnelle Rhythmen oder Unterbrechungen wie Durchsagen reißen den Kunden aus der Atmosphäre heraus. Ein ordentlicher „Soundcheck“ sollte daher nicht zu kurz kommen.

Ist das geschehen, kann eine schöne Geräuschkulisse, genau wie eine angenehme Beleuchtung oder ein angenehmes Raumklima, den Kunden entschleunigen, was seine Verweildauer verlängert. Zudem kann Musik zu Kaufentscheidungen motivieren.

Aber das schönste an harmonischen Klangwelten ist, dass sie beruhigend wirken können. Zahnarztpraxen machen es vor: Um Angstpatienten von den unangenehmen Strapazen abzulenken setzen sie leise Klänge ein. Auch in der Apotheke gibt es sowohl für das Team als auch für die Kunden viele Situationen, in denen die auflockernde Wirkung von Musik einer angespannten Stimmung entgegenwirken könnte.

Mit der richtigen „Geräuschkulisse“ schaffen Sie in Ihrer Apotheke also eine angenehme Klangwelt, die Sie von Mitbewerbern abhebt. Denken Sie aber bei der Nutzung von Klängen oder Musik stets daran, dass Urheberrechtsgebühren anfallen. Dies können je nach Medium GEZ-Gebühren (www.rund funkbeitrag.de), GVL-Gebühren (www.gvl.de) oder GEMA-Gebühren (www.gema.de) sein.

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