Mit Spinnenseide Infektionen verhindern und Heilungsprozesse fördern

(fast) Forschern der Universität Bayreuth ist es gelungen, nanostrukturierte Materialien für Implantate, Wundverbände, Prothesen, Kontaktlinsen und andere Hilfsmittel des Alltags zu entwickeln, die auf Spinnenseide basieren. Sie verhindern die Ansiedlung von Bakterien und Pilzen und unterstützen die Regeneration von menschlichem Gewebe.

10.09.2020

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen zeigen den Unterschied: Auf Oberflächen von Polycaprolacton, einem in der Medizin häufig angewendeten Kunststoff, bildet sich ein Biofilm (links). Spinnenseide lässt die Entstehung eines Biofilms nicht zu (rechts).
© Foto: Gregor Lang
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Es ist ein weithin unterschätztes Infektionsrisiko: Mikroben setzen sich auf den Oberflächen von Gegenständen fest, die für medizinische Therapien oder für die Lebensqualität im Alltag unentbehrlich sind. Allmählich bilden sie einen dichten, oftmals unsichtbaren Biofilm, der sich auch durch Reinigungsmittel nicht ohne weiteres entfernen lässt und meist sogar resistent gegen Antibiotika und Antimykotika ist. So können Bakterien und Pilze leicht in das angrenzende Gewebe des Organismus eindringen. Dann stören sie nicht nur Heilungsprozesse, sondern können sogar lebensgefährliche Infektionen hervorrufen. 

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Neuartiger Forschungsansatz

Wissenschaftler der Universität Bayreuth haben jetzt eine Lösung für dieses Problem gefunden. Aus biotechnologisch hergestellten Proteinen der Spinnenseide haben sie ein Material entwickelt, das krankheitserregende Mikroben daran hindert, sich an den Oberflächen anzulagern. Sogar multiresistente Streptokokken haben keine Chance, sich auf der Oberfläche des Materials einzunisten. Biofilme auf medizinischen Instrumenten, Sportgeräten, Kontaktlinsen, Prothesen und weiteren Alltagsgegenständen könnten dadurch der Vergangenheit angehören.

Gleichzeitig sind die Materialien so beschaffen, dass sie die Anhaftung und Vermehrung menschlicher Zellen auf ihren Oberflächen fördern. Werden sie beispielsweise für Wundabdeckungen, Hautersatz oder Implantate verwendet, unterstützen sie proaktiv die Regeneration von beschädigtem oder fehlendem Gewebe. Im Unterschied zu anderen Materialien, die bislang zur Wiederherstellung von Gewebe eingesetzt werden, ist das Infektionsrisiko von vornherein gebannt. Mikrobiell resistente Beschichtungen in einer Vielzahl biomedizinischer und technischer Anwendungen rücken damit in greifbare Nähe.

Erfolgreiche Tests 

Die Bayreuther Forscher haben die mikrobenabweisende Funktion bisher an zwei Arten von Spinnenseidenmaterialien erfolgreich getestet: an Folien und Beschichtungen, die nur wenige Nanometer dick sind, und an Hydrogelen mit der Struktur eines dreidimensionalen Netzwerks. Dieses kann als Gerüst für neu wachsendes Gewebe verwendet werden. Die bisherigen Untersuchungen hätten zu einer Erkenntnis geführt, die für künftige Forschungsarbeiten wegweisend sei, sagen die Wissenschaftler. Denn die mikrobenabweisenden Eigenschaften der von ihnen entwickelten Biomaterialien basiere nicht auf zelltötenden Wirkungen. Entscheidend seien vielmehr Strukturen im Nanometerbereich, welche die Spinnenseidenoberflächen mikrobenabweisend machten. Krankheitserregern sei es dadurch unmöglich, sich auf diesen Oberflächen festzusetzen.

Quelle: idw

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