Antidepressiva: Sinnvoll bei Rückenschmerzen?

(eo/kib) Eine Therapie mit Antidepressiva scheint Patienten mit chronischen Rückenschmerzen nur wenig zu bringen. Darauf deutet eine Überblicksstudie hin.

15.02.2021

Mann mit nacktem Oberkörper hält sich den unteren Rücken
© Foto: Andrey Popov / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)
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Das britische National Institute for Health and Care Excellence sieht in Amitryptilin oder Duloxetin die bevorzugte Therapieoption bei verschiedenen Formen neuropathischer Schmerzen, inklusive Rückenschmerzen mit radikulärer Symptomatik.

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Und auch orthopädisch-rheumatologische Fachgesellschaften wie Osteoarthritis Research International und das American College of Rheumatology setzen bei bestimmten Indikationen auf Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI), speziell bei Arthrosepatienten, die gleichzeitig an generalisierten Schmerzen und/oder Depressionen leiden.

Ob Schmerzpatienten damit wirklich geholfen ist, konnte bislang nicht bewiesen werden. Die Autoren einer aktuellen Metaanalyse kommen zumindest beim chronischen Rückenschmerz zu einem gegenteiligen Schluss: Ein klinisch relevanter Nutzen von Antidepressiva sei bei dieser Indikation trotz teilweise signifikanter Effekte „nicht wahrscheinlich“. Für die Wirksamkeit bei Arthrose- und Ischiasschmerzen sei die Datenlage zu unsicher, um daraus eine Therapieempfehlung ableiten zu können.

Die Auswertung umfasst 33 randomisierte kontrollierte Studien, an denen insgesamt 5318 Patienten teilgenommen haben. 19 Studien hatten sich mit der Wirksamkeit von Antidepressiva bei chronischen Rückenschmerzen befasst, sechs mit Ischiasbeschwerden und acht mit Arthroseschmerzen im Knie.

Als pragmatisches Kriterium für klinische Relevanz hatten die Wissenschaftler eine Besserung um mindestens zehn Punkte auf einer 100-Punkte-Skala angesetzt. Schmerzen und funktionelle Einschränkungen wurden dabei zusammengefasst bewertet.

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In der Zusammenschau der Daten kamen die Forscher zu folgenden Ergebnissen: Bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen kann die Einnahme von SNRI über einen Zeitraum von bis zu drei Monaten zwar Schmerzen und Behinderung leicht bessern, dieser Effekt ist aber klinisch wahrscheinlich irrelevant (mittlere Evidenz).

Trizyklische Antidepressiva (TCA) haben offenbar keinerlei Auswirkungen auf Rückenschmerzen und dadurch bedingte funktionelle Einschränkungen (niedrige Evidenz).

Chronische Ischiasschmerzen können durch TCA und SNRI möglicherweise gelindert werden (geringe Evidenz). Die Forscher betonen, dass sämtliche Studien zum Ischias durch geringe Teilnehmerzahlen und ein hohes Verzerrungsrisiko limitiert waren.

Arthroseschmerzen im Knie konnten durch Einnahme von SNRI mittelfristig gebessert werden; den Forschern zufolge ist ein klinisch bedeutsamer Effekt „nicht auszuschließen“ (mittlere Evidenz).

Für andere Substanzklassen wie SSRI (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer), NDRI (Norepinephrin- und Dopamin- Reuptake-Inhibitoren) und tetrazyklische Antidepressiva war die Evidenz insgesamt gering bis sehr gering. Nach Ansicht der Forscher legen die Daten nahe, dass keine dieser Substanzen bei Rückenschmerzen effektiv ist. Für diese Indikation sollten sie demnach nicht verschrieben werden.

Bei den SNRI weisen die Forscher auf das gegenüber Placebo höhere Risiko unerwünschter Wirkungen hin. Insgesamt sei aber aufgrund der begrenzten Zahl der Studien und der unsicheren Datenlage keine zuverlässige Risikoabschätzung möglich.

Quelle: Ärzte Zeitung

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