Beratungsfall: Fiebrige Erkältung

Frau Berger, das ist dem Team der Deichtor-Apotheke bekannt, verwendet gerne homöopathische und anthroposophische Arzneimittel. Heute steht sie verschnupft vor Herrn Lang: „Mich hat es erwischt, ich habe eine Erkältung mit allem Drum und Dran. Temperatur habe ich gemessen, leichtes Fieber habe ich auch. Nun meine Frage: Da ich mich seit zwei Monaten vegan ernähre, ist es möglich, auch ein veganes Medikament zu bekommen?“. „Gerne“, sagt Herr Lang, ein bekennender Fleischesser, und überlegt gleichzeitig fieberhaft: „Wie genau definiere ich vegan?“.

von Pia Krämer
25.08.2016

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Zwar hält sich hartnäckig die Volksmeinung, dass eine Unterkühlung durch unzureichende Kleidung die Ansteckungsgefahr erhöht. Das ist jedoch nicht nachgewiesen. Vielmehr lösen Viren 90 Prozent der Erkältungen aus, darunter häufig Adeno-, Rhino-, Parainfluenza-, Coxsackie- und RS-Viren. Sie sind das ganze Jahr über aktiv, haben ihre Hauptsaison aber von Oktober bis April.

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Hartnäckig--Der Grund: Im Herbst und Winter überleben die Viren längere Zeit auf Oberflächen wie Einkaufswagengriffen oder Türklinken – auch ohne einen Wirt. Die Übertragung erfolgt daher nicht nur durch Tröpfchen wie beim Niesen und Husten, sondern häufig auch durch Körperkontakt, etwa beim Händeschütteln.

Hinzu kommt das Austrocknen der Schleimhäute durch trockene Heizungsluft.Gelangen Erkältungsviren in die Schleimhaut des Nasen-Rachen-Raums, vermehren sie sich rasant. Das Immunsystem schlägt Alarm: Entzündungsmediatoren wie Zytokine und Bradykinin werden freigesetzt, die lokale Entzündungen provozieren – Halsschmerzen und Schluck­beschwerden sind die Folge.

In entzündetem Gewebe werden Prostaglandine gebildet, die für Schmerzsymptome in Hals, Kopf und Gliedern verantwortlich sind und Fieber auslösen können. Außerdem erweitern sich die Gefäße der Nasenschleimhaut, diese schwillt infolgedessen an.

Fallanalyse

Herr Lang ist unsicher und fühlt sich nicht informiert, was das Thema vegane Ernährung angeht. Das soll aber nicht nach außen dringen – er stellt sich daher aufrecht und mit freundlichem Blickkontakt zur Kundin hin. Automatisch wird eine selbstbewusste, offene Ausstrahlung erzeugt.

Geschickt fragen-- Herr Lang tritt dann die Flucht nach vorne an und äußert seine Gedanken laut: „Veganer essen ja kein Fleisch, ist das richtig? Was ist Ihnen besonders wichtig bei der Auswahl Ihrer Arzneimittel, worauf soll geachtet werden?“.

„Ich verzichte auf jegliche tierische Produkte, also nicht nur auf Fleisch, sondern z.B. auch auf Milch, Eier, Leder oder Wolle“, erklärt Frau Berger. „Bei einem Medikament ist mir deshalb wichtig, dass es ebenfalls keine tierischen Bestandteile enthält. Am liebsten wäre mir etwas, mit dem auch keine Tierversuche durchgeführt worden sind“.

„Es gibt viele wirksame pflanzliche Arzneimittel gegen Erkältungskrankheiten, da suche ich etwas Gutes für Sie heraus“, erwidert Herr Lang. „Da in Deutschland zur Sicherheit der Patienten sehr strenge Zulassungsrichtlinien für Arzneimittel gelten, werden diese häufig im Tierversuch getestet. Ausnahmen gibt es aber bei den Generika. Außerdem können wir sicher ein passendes Präparat einer alternativen Therapierichtung finden. Zuerst schildern Sie mir doch bitte, welche genauen Beschwerden Sie behandeln möchten. Wie lange haben Sie die Erkältung schon? Was ist für mich außer der veganen Lebensweise zu beachten, gibt es zum Beispiel Grunderkrankungen oder Dauermedikamente?“.

Produktbeispiele*: Vegane Erkältungsmittel

Wirkort Präparat Hauptwirkstoff
allgemein Contramutan® Tropfen Urtinkturen von Echinacea, Aconitum nap., Atropa bel., Eupatorium perf.
Infludo® Aconitum nap. D3, Bryonia D2, Eucalyptus D2, Eupatorium perf. D2, Phosphorus D4, Sabadilla D3
Metavirulent® Acidum sarc. D15, Aconitum nap.D4, Ferrum phos. D8, Gelsemium semp. D4, Luffa op. D12, Veratrum alb. D4, Gentiana lut. Urtkt.
Nase Olynth® Ectomed hypertones Meerwasser, Ectoin
Wick Vapospray Hypert. hypertones Meerwasser
Hals Meditonsin® Tropfen Aconitinum D5, Atropinum sulf. D5, Hydrargyrum cyan. D8
Tonsipret® Tropfen Capsicum anuum D4, Guaiacum D4, Phytolacca americ. D1
Bronchien Soledum® BalsamTropfen Cineol
Umckaloabo® Tropfen Pelargonium sidoides Wurzelextrakt

*ohne Anspruch auf Vollständigkeit (Stand Lauer-Taxe 24.08.16)

 

Therapiemöglichkeiten

Zur Behandlung der Erkältungssymptome stehen zum einen schmerzlindernde und fiebersenkende Erkältungsklassiker wie ASS, Paracetamol, Ibuprofen zur Verfügung. Hier können anhand von Inhaltsstoff-Listen laktose- und gelatinefreie Varianten ausgewählt werden. Hilfsstoffe pflanzlichen Ursprungs sind z. B. Saccharose, Cellulose, Agar-Agar.

Vor allem zur Linderung der Erkältungsbegleitsymptome Schnupfen – und oft im weiteren Verlauf auch Husten – gibt es zum anderen einige gut dokumentierte pflanzliche und auch für Veganer passende Arzneimittel. Geeignet sind z. B. Produkte mit Extrakten aus Thymian, Efeu, Primel, Eibisch, Holunder, Kaplandpelargonie oder ätherischen Ölen wie Minz- und Eucalyptusöl. Auch hier können laktose- und gelatinefreie Zubereitungen ausgewählt werden. Ebenfalls hilfreich bei Erkältungsinfekten (vor allem im Anfangsstadium): Extrakte aus Wasserdost, Sonnenhut, Lebensbaum, Färberhülse, Kapuzinerkressenkraut. Bei verstopfter Nase können zudem sanfte Nasensprays mit hyertonen Salzlösungen anstelle von chemischen Inhaltsstoffen genutzt werden.

Augen auf-- Auch viele homöopathische Globuli und Schüßler-Salze enthalten inzwischen Saccharose (Rohrzucker) als Trägerstoff anstelle von Laktose. Jedoch ist zu beachten, dass auch der potenzierte Wirkstoff eines Homöopathikums tierischen Ursprungs sein kann. Ein Beispiel ist das bei stechenden Halsschmerzen angewendete Mittel Apis mellifica, das aus Honigbienen hergestellt wird.

Was lässt sich sonst noch tun?

Ein paar Tipps zur Vorbeugung runden das Beratungsgespräch ab: „Gönnen Sie Ihrem Körper Ruhe – Abwarten und Tee trinken hilft tatsächlich, schneller wieder fit zu werden. Außerdem können Sie mehrmals täglich, eventuell ergänzt mit Solesalzen oder einem ätherischen Öl-Zusatz, inhalieren“. Und zum Ansteckungsrisiko: Hände sind Überträger Nummer 1! Generell ratsam: häufiges Händewaschen, in die Armbeuge niesen, Taschentücher nur einmal benutzen. Und hygienischer als das höfliche Händeschütteln zur Begrüßung ist der unter Jugendlichen beliebte Faustgruß; sogar ein Wangenküsschen überträgt weniger Krankheitserreger als der Handkontakt.

TIPP!

Kalt erwischt bei einem Beratungsthema? Das Erden und Straffen des Körpers durch beid beinigen Bodenkontakt und Anheben des Brustbeins schaffen eine souveräne, selbstbewusste Körperhaltung, die Sympathie und Gesprächsbereitschaft ausstrahlt. Wichtig ist, diese Haltung bewusst einzunehmen. Denn unbewusst kommen auch Körpersignale der Unsicherheit beim Gegenüber an und erschweren die Beratung.

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