BGH: Rx-Preisbindung gilt nicht für Online-Apotheken

Eine im EU-Ausland ansässige Versandapotheke durfte Kundschaft in Deutschland vor mehr als zehn Jahren Bonusprämien auf rezeptpflichtige Medikamente gewähren. Die bis Ende 2020 in Deutschland geltenden Regeln zur Arzneimittelpreisbindung seien für Versandapotheken mit Sitz in anderen EU-Ländern nicht anzuwenden, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag, 17. Juli entschieden.

17.07.2025

Laptop, Person mit Tabletten in der Hand
© Foto: chinnarach / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)
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Das Unternehmen DocMorris, dessen inzwischen integrierte Tochter Tanimis Pharma in dem Fall betroffen war, kündigte an, aufgrund des Urteils seiner Kundschaft ab sofort wieder einen finanziellen Bonus zu gewähren.

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Gerichte bisher auf Seite des Bayerischen Apothekerverbands

Die Versandapotheke Tanimis Pharma mit Sitz in den Niederlanden hatte 2012 Kundinnen und Kunden laut Bericht der Deutschen Presseagentur beim Einlösen eines Rezepts einen Bonus von drei Euro pro Medikament bei höchstens neun Euro pro Rezept versprochen. Prämien habe es auch für Menschen gegeben, die per Formular oder Telefonat an einem Arzneimittelcheck teilnahmen.

Der Bayerische Apothekerverband sah darin einen Verstoß gegen Wettbewerbsrecht und die Arzneimittelpreisbindung und klagte. In den Vorinstanzen in München hatte er damit noch Erfolg gehabt.

BGH setzte Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs an

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied 2016 in einem wegweisenden Urteil, dass die Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes (AMG) nicht für Apotheken mit Sitz in anderen EU-Mitgliedsstaaten gelten. Denn das würde den freien Warenverkehr einschränken und damit gegen EU-Recht verstoßen. Zwar könne eine Beschränkung des freien Warenverkehrs grundsätzlich mit dem Schutz der Gesundheit und des Lebens gerechtfertigt werden. Doch die Preisbindung sei für diesen Zweck nicht geeignet.

In Karlsruhe hatte DocMorris Erfolg: Gemäß EuGH müssten „harte Fakten“ für eine Rechtfertigung der Preisbindung vorliegen, urteilte der erste Zivilsenat. Der Kläger habe es aber nicht vermocht, Daten oder andere Mittel zum Beweis seiner Behauptung vorzutragen, dass ohne die Arzneimittelpreisbindung die Aufrechterhaltung einer sicheren und flächendeckenden Arzneimittelversorgung und deshalb die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet sei, erläuterte der Vorsitzende Richter Thomas Koch.

Das Urteil bezieht sich allerdings explizit nur auf frühere Regelungen nach dem AMG in der bis zum 14. Dezember 2020 geltenden Fassung.

„Arzneimittel sind keine schlichte Handelsware."

Die Abda bedauerte das Urteil. „Vorbehaltlich der Prüfung der schriftlichen Entscheidungsgründe gehen wir aber davon aus, dass es bei der durch das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz eingeführten sozialrechtlichen Preisbindung bleibt“, teilte Abda-Präsident Thomas Preis mit. „Im Fünften Sozialgesetzbuch ist die Preisbindung gesetzlich festgelegt.“ Sollte die Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in Zweifel gezogen werden, wäre die Politik gefordert, schnellstmöglich Lösungen mit uns zu erarbeiten.

„Arzneimittel sind keine schlichte Handelsware, sie sind höchst beratungsbedürftige Produkte mit umfangreichen Risikoprofilen - Rabatte und Boni gehören nicht in die Arzneimittel- und Gesundheitsversorgung“, sagte Preis laut Mitteilung.

Quelle: dpa / Abda

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