Deshalb streikt die Viktoria Apotheke heute

(kib) Am 20. Oktober entscheidet der Bundestag über das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz. Wird es beschlossen, bedeutet das auch finanzielle Einbußen für die Apotheken. Dagegen protestiert das Apothekenpersonal im Saarland, darunter die Beschäftigten der Viktoria Apotheke in Saarbrücken, und in drei weiteren Bundesländern. DAS PTA MAGAZIN hat bei der Viktoria Apotheke nachgefragt, warum sie den Streik unterstützt.

19.10.2022

Rotes „Apotheken-A“
© Foto: Valentin Baciu / Getty Images / iStock
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Als erstes hatte der Saarländische Apothekerverein seine Mitglieder zum Streik am 19. Oktober aufgerufen. Diesem Aufruf angeschlossen haben sich inzwischen drei weitere Bundesländer: Schleswig-Holstein, Hamburg und Brandenburg. Hier werden die Apotheken ebenfalls am Mittwoch ab mittags die Tore schließen, um gegen die Sparpläne des Bundesgesundheitsministers zu protestieren.

Aktueller Podcast

Deshalb streikt die Viktoria Apotheke in Saarbrücken
DAS PTA MAGAZIN hat bei Lena Kelly, leitende Apothekerin der Viktoria Apotheke in Saarbrücken, nachgefragt, warum ihre Apotheke den Streik unterstützt.
Warum machen Sie mit?

Um auf die aktuellen Probleme der Apotheken aufmerksam zu machen. Diese sind:

  • keine Anpassung des Apothekenzuschlag an Inflation seit fast zehn Jahren,
  • immer mehr Bürokratie (Genehmigungen, Antragsverfahren, Plausibilitätsprüfungen, …),
  • viele unbezahlte Tätigkeiten (Vorhalten von Labor/Rezeptur, Fertigarzneimittelprüfung, Prüfung von Ausgangsstoffen, …),
  • viele unwirtschaftliche Leistungen (Herstellung von Rezepturen, Durchführung des Notdienstes, Anmessen von Kompressionsstrümpfen, …),
  • unbezahlter Mehraufwand für Lieferengpässe entstanden durch verschärfte Rabattregelungen sowie
  • Retaxierungen aufgrund von Formfehlern bis auf Null.

Außerdem haben die Gehaltsanpassungen für Apothekenmitarbeiter an Mindestlohn Steigerungen der Lohnkosten bis zu 20 Prozent zur Folge. Gehälter in Apotheken liegen trotzdem im Schnitt unter den Verdienstmöglichkeiten anderer Branchen und führen zur Abwanderung in andere Bereiche und Nachwuchsmangel.

Was sind aktuell die größten Probleme bei Ihnen in der Apotheke?

  • Krankheiten und Personalmangel treffen auf erhöhtes Kundenaufkommen und Verwaltungsaufwand
  • Arbeiten mit Maske
  • Angst vor Ansteckung
  • immer wieder pandemiebedingte Sonderaktionen wie Maskenausgabe, Impfzertifikate, Covid-Tests die neben den normalen Arbeitstätigkeiten erbracht werden müssen

Was sagt die Kundschaft zum Streik?

Im Vorfeld waren die meisten Kunden sehr verständnisvoll. Wir haben seit letzter Woche auf den Streik aufmerksam gemacht, Alternativen für diesen Tag aufgezeigt und werden auch am Streiktag vor der Apotheke das Gespräch mit allen Interessierten suchen.
Wir wollen unserer Kundschaft mit dieser Aktion nicht schaden, sondern auf die aktuellen Probleme aufmerksam machen.

Eindrücke vom Streik in der Viktoria Apotheke Saarbrücken

Hintergrund

Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz will die Bundesregierung unter anderem die Finanzen der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) im kommenden Jahr stabilisieren. Vorgesehen ist, dass Apotheken der GKV für zwei Jahre für jedes rezeptpflichtige Arzneimittel einen erhöhten Abschlag einräumen – statt bisher 1,77 Euro dann 2,00 Euro (brutto).

Das entspricht einer Belastung der bundesweit 18000 Apotheken in Höhe von 120 Millionen Euro (netto) pro Jahr, wie es in der Mitteilung des Saarländischen Apothekervereins heißt. Eine Durchschnittsapotheke verliere dadurch etwa 6500 Euro an Gewinn.

Quelle: Viktoria Apotheke Saarbrücken, Saarländischer Apothekerverein, ABDA

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