Experte befürwortet höhere Arzneimittel-Zuzahlungen

(cnie) Die Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) steigen. Die Einnahmen hinken hinterher. Jetzt schlägt ein Gesundheitsökonom vor, gesetzlich Krankenversicherte stärker bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zur Kasse zu bitten. Bis auf 20 Euro soll die Zuzahlung steigen.

29.08.2025

Zwanzig-Euro-Schein in der Hand
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Der Wissenschaftler Professor Wolfgang Greiner hat in den Zeitungen der Funke Mediengruppe vorgeschlagen, die Selbstbeteiligung der gesetzlich Krankenversicherten an die Inflationsentwicklung der vergangenen Jahre anzupassen.

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Derzeit zahlen Kassenpatientinnen und -patienten bei verschreibungspflichtigen Medikamenten in der Regel fünf bis zehn Euro aus eigener Tasche dazu. Eine inflationsbereinigte Erhöhung würde die Zuzahlung auf mindestens zehn Euro pro Medikament bis maximal zwanzig Euro verdoppeln, erklärt der Professor der Universität Bielefeld.

Würde die GKV durch solch eine Verdopplung der Zuzahlung auch doppelt so viel Geld einnehmen?

Der Gesundheitsökonom bezweifelt das. Auf Anfrage von DAS PTA MAGAZIN erläutert Greiner: „In Deutschland gilt eine sehr weit reichende Sozialklausel, sodass Chroniker mit niedrigem Einkommen von einer Erhöhung der Zuzahlungen faktisch gar nicht betroffen wären. Das macht aber auch die Berechnung nicht einfach, denn natürlich würde die Anzahl der Personen, die unter die Sozialklausel fallen, bei einer solchen Anhebung steigen. Zudem führen Erhöhungen von Zuzahlungen zu weniger Inanspruchnahme, aber auch dieser Effekt ist schwer zu prognostizieren."

Sein Fazit: „Eine Verdopplung der Zuzahlungen würde also nicht zu einer Verdopplung der Einnahmen führen. Zusammen mit den anderen Zuzahlungen, zum Beispiel für Heil- und Hilfsmittel, wenn diese mit angehoben werden würden, sollte aber schon eine Summe in erheblicher Höhe zusammenkommen."

Prof. Wolfgang Greiner


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Eine Verdopplung der Zuzahlungen würde nicht zu einer Verdopplung der Einnahmen führen.Prof. Dr. Wolfgang Greiner, Universität Bielefeld

Aktuelle Zuzahlung: Zehn Prozent

Gesetzlich Versicherte müssen aktuell Zuzahlungen in Höhe von zehn Prozent des Abgabepreises leisten, mindestens fünf Euro und höchstens zehn Euro. Mehr als die tatsächlichen Kosten sind jedoch nicht zu zahlen. Kostet ein Medikament zum Beispiel 4,75 Euro, zahlen Versicherte auch nur 4,75 Euro. Die Höhe der Zuzahlung ist seit 20 Jahren stabil.

Achtung: Verordnet die Ärztin oder der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis über dem Festbetrag liegt, so müssen Versicherte zusätzlich zur Zuzahlung den restlichen Betrag als Aufzahlung übernehmen.

Warum gibt es die Rezeptgebühr?

Der Volksmund spricht von einer Rezeptgebühr, aber genauer gesagt handelt es sich um eine gesetzliche Zuzahlung für Arzneimittel, die zu Lasten der GKV verordnet wird.

Die Zuzahlung ist vom Gesetzgeber im Sozialrecht festgeschrieben – und das Geld fließt nicht an die Apotheke, sondern wird von ihr nur eingesammelt und an die Krankenkasse weitergeleitet. Einerseits gibt es diese Zuzahlungen der Versicherten, um die Krankenkassen finanziell zu entlasten. 2024 hat die GKV durch Zuzahlungen etwa 2,5 Milliarden Euro eingenommen.

Andererseits können die Versicherten in Arztpraxis und Apotheke bewusst nach preiswerten Alternativmedikamenten fragen, um sich selbst und der Kasse Geld zu sparen.

Apothekenhonorar neu denken

Die Ausgaben steigen, die Einnahmen hinken hinterher. Das trifft nicht nur auf die Krankenkassen, sondern auch auf die Apotheken zu. Der Bielefelder Professor meint dazu gegenüber DAS PTA MAGAZIN: „Ich finde komplett fixe Honorare für Apotheken nicht mehr zeitgemäß. Man könnte das System so umbauen, dass in bestimmten Grenzen die Apotheken selbst die Vertriebsaufschläge festlegen."

Greiners Vorschlag: Apotheken in strukturschwachen ländlichen Regionen könnten höhere Preise erheben als Apotheken im Stadtzentrum, wo der Wettbewerb größer ist. Ähnlich sei es bereits bei den Preisen für OTC-Medikamente.

„So hätten für die Versorgung in der Fläche wichtige Standorte bessere Chancen, die Kosten zu decken, und die Konsumenten könnten gegebenenfalls von günstigeren Preisen andernorts profitieren", erklärt er.

Quelle: dpa / Abda / BMG / GKV

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