Haarefärben schädigt Netzhaut

Die Patientin erklärte den Ärztinnen und Ärzten, dass sie nur noch verschwommen sehen könne. Die Sehstörung sei einige Tage nach dem Haarefärben aufgetreten, berichtet die Ärzte Zeitung unter Berufung auf das Fallbeispiel.
Das augenärztliche Team stellte zunächst eine deutliche Sehschärfeminderung auf dem rechten Auge fest (20/40). Bei der Untersuchung des Augenhintergrunds zeigten sich in beiden Augen Netzhautablösungen, die vor allem den hinteren Pol betrafen. Bei der optischen Kohärenztomografie fiel eine diffuse Verdickung der neurosensorischen Netzhaut auf. Die Pigmentschicht der Netzhaut war von der Ablösung jedoch nicht betroffen.
Andere Erkrankungen schlossen die Medizinerinnen und Mediziner nach weiteren Untersuchungen aus.
Aromatische Amine als Auslöser
Dem Bericht zufolge gab die zeitliche Nähe der aufgetretenen Symptome zum Haarfärben den entscheidenden Hinweis. Die Fachleute diagnostizierten eine sehr seltene Erkrankung mit dem Akronym RAHDAA (retinopathy associated with the use of hair dye aromatic amines), also eine durch aromatische Amine hervorgerufene Retinopathie.
Diese Amine können laut Nicolas Chirpaz, Augenarzt an den Hospices Civils de Lyon, eine langfristige Dysfunktion der Zellen des retinalen Pigmentepithels bewirken. Konkret handle es sich um p-Phenylendiamine, welche die MAPK(mitogen-activated proteinkinase)-Signalkaskade blockieren. Auf diese Inhaltsstoffe von Haarfärbemitteln werden zum Beispiel auch viele allergische Reaktionen beim Friseur zurückgeführt.
Der Patientin wurde geraten, das Haarfärbemittel nicht mehr zu verwenden. Vier Monate später hatte sich die Sehschärfe normalisiert, die Netzhautablösungen waren verschwunden.
Nach vier Jahren wurde die Patientin noch einmal untersucht. Inzwischen hatte sie sich die Haare noch mehrmals gefärbt, nun allerdings mit einem Färbemittel, das keine aromatischen Amine enthielt. Die Sehstörungen waren nicht mehr aufgetreten, die Retina erschien jedoch immer noch verdickt.
Quelle: Ärzte Zeitung