Hautmikrobiom als natürlicher Sonnenschutz

Obwohl die Haut oft als passive Hülle wahrgenommen wird, ist sie alles andere als leblos. Sie agiert nicht nur als Barriere zur Umwelt, produziert Botenstoffe und dient als äußerster aktiver Vorposten des komplexen Immunsystems.
Sie beherbergt auch eine Vielzahl an Mikroorganismen – Bakterien, Viren und Pilze –, die als Hautmikrobiom bezeichnet werden. Diese für das bloße Auge unsichtbaren Lebewesen sind keineswegs nur „stille Mitbewohner“: Viele von ihnen erfüllen wichtige Funktionen für die Hautgesundheit.
Abwehr von UV-Strahlung
Ob und wie das Hautmikrobiom dazu beiträgt, die schädlichen Wirkungen von UV-Strahlung – insbesondere UV-B-Strahlung – abzuwehren, wollten die österreichischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler herausfinden.
Und es ist ihnen gelungen: Mithilfe moderner Methoden wie der Mikrobiom-Sequenzierung, immunologischer Tests, Zellkulturen und biologischer Modelle konnten sie nachweisen, dass bestimmte Hautbakterien die Immunantwort nach UV-Bestrahlung beeinflussen.
Im Zentrum steht dabei eine Substanz namens Urocaninsäure. Diese kommt natürlicherweise in der Hornschicht der Haut vorwiegend in ihrer trans-Form vor. Nach UV-Bestrahlung wandelt sich diese trans-Form in die cis-Form um, die eine immunsuppressive – also das Immunsystem hemmende – Wirkung entfaltet.
Diese Hemmung kann problematisch sein, da ein geschwächtes Immunsystem geschädigte Hautzellen weniger effektiv erkennt und beseitigt, was das Risiko für Hautkrebs erhöhen kann.
Bisher unbekannter Schutzmechanismus
Genau hier kommt das Mikrobiom ins Spiel berichten die Forschenden: Bestimmte Bakterien auf der Hautoberfläche produzieren das Enzym Isomerase, das die cis-Urocaninsäure wieder in ihre unschädliche trans-Form umwandeln kann.
Andere Bakterien produzieren das Enzym Urocanase, welches cis-Urocaninsäure verstoffwechselt, und verwenden die dabei entstehenden Stickstoff- und Sauerstoffmoleküle für das eigene Wachstum.
Auf diese Weise entziehen diese Bakterien der Haut cis-Urocaninsäure und tragen indirekt dazu bei, die natürliche Immunabwehr der Haut aufrechtzuerhalten – ein bisher nicht bekannter Schutzmechanismus.
Kein Ersatz für Sonnencreme
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weisen darauf hin, dass diese Entdeckung keinesfalls die klassischen Schutzmaßnahmen wie das Eincremen mit Sonnencreme mit UV-Filtern ersetzt. Doch die nun gezeigten Mechanismen eröffnen aus ihrer Sicht neue Perspektiven für die dermatologische Forschung. Künftige Sonnenschutzprodukte könnten zum Beispiel das Mikrobiom der Haut gezielt berücksichtigen.
Auch topische Behandlungen, die den mikrobiellen Stoffwechsel modulieren, seien künftig denkbar, um die UV-induzierte Immunsuppression zu minimieren, aufrechtzuerhalten oder zu verstärken, wenn dies klinisch vorteilhaft ist, wie zum Beispiel bei der Phototherapie.
Quelle: Medizinische Universität Graz