Homöopathie: Russland lehnt "Pseudowissenschaft" ab

(kib) Die Russische Akademie der Wissenschaften hat die Homöopathie offiziell als Pseudowissenschaft eingestuft. Für die Wirksamkeit der alternativen Heilmethode gebe es keine wissenschaftlich haltbaren Belege. Die Forderung nach einem Homöopathie-Verbot in Russland löst starke Kritik aus sowohl in Russland selbst als auch hierzulande.

09.02.2017

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© Foto: Björn Wylezich / Fotolia
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Am Montag hatte eine Kommission zur „Bekämpfung von Pseudowissenschaften“ an der Russischen Akademie der Wissenschaften (RAW) gefordert, die Homöopathie aus staatlichen Kliniken zu entfernen und aus allen klinischen Leitlinien zu streichen. Es fehle an einer glaubwürdigen "theoretischen Begründung der unterstellten Wirkmechanismen" der Homöopathie, so die Kommission. Eine eigene Studie führte sie allerdings nicht durch, heißt es in der Mitteilung des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte.

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Gennadi Onischtschenko war oberster Amtsarzt Russlands und bis Ende 2013 Leiter der „Föderalen russischen Behörde für den Schutz von Konsumentenrechten und das menschliche Wohlergehen“. Er warnt laut „Deutsche Welle“ davor, „gegen die Homöopathie mit dem Schwerte zu fuchteln.“ Es gebe in der Medizin vieles, was „nicht erklärbar“ sei. Auch innerhalb der RAW gibt es Kritik am geforderten Homöopathie-Verbot. Wadim Zilow – ein Neurophysiologe von der Moskauer Universität und Mitglied der RAW – sprach sich für eine „Existenzberechtigung“ der Homöopathie aus.

Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) kritisiert, dass die Patienten bei Diskussionen über die Homöopathie nicht zu Wort kommen und weitgehend außer Acht gelassen werden. „Studien aus der Versorgungsforschung zur Homöopathie unter Praxis-Bedingungen zeigen klinisch relevante Verbesserungen von Symptomen, vergleichbar mit denen konventioneller Therapien. Jedoch wird von weniger Nebenwirkungen berichtet“, erklärt Cornelia Bajic, 1. Vorsitzende des DZVhÄ.

Die Versorgungsforschung untersucht konkret, welchen Nutzen Patienten von medizinischen Intervention unter realen Bedingungen im alltäglichen Medizinbetrieb haben. „Die Wirksamkeit der Homöopathie ist gut belegt“, so Bajic weiter, „auch wenn der genaue Wirkmechanismus homöopathischer Arzneien bisher wissenschaftlich nicht aufgeklärt ist, weitere Forschung ist wichtig und nötig.“

Laut Ärzten und Wissenschaftlern der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Homöopathie (WissHom) liegen eine Vielzahl von positiven randomisierten kontrollierten Studien vor, die eine Wirksamkeit der Homöopathie gegenüber Placebo zeigten: „Auch wenn nur die methodisch hochwertigen placebokontrollierten Studien zur individualisierten Homöopathie herausgegriffen werden, zeigt sich ein positives Ergebnis“, heißt es im Forschungsbericht der WissHom mit dem Titel „Der aktuelle Stand der Forschung zur Homöopathie“, der Mitte 2016 veröffentlicht wurde.

Er fasst die Ergebnisse aus rund 300 klinischen Studien, 1800 Experimenten aus der Grundlagenforschung sowie aller bisher durchgeführten Metaanalysen zur Homöopathie zusammen. Das Fazit: „Eine zusammenfassende Betrachtung der klinischen Forschungsdaten belegt hinreichend einen therapeutischen Nutzen der homöopathischen Behandlung (effectiveness). Die Ergebnisse zahlreicher placebokontrollierter Studien sowie Experimente aus der Grundlagenforschung sprechen darüber hinaus für eine spezifische Wirkung (efficacy) potenzierter Arzneimittel.“

Das russische Gesundheitsministerium, das nach dem Vorstoß der RAW eine Nutzenbewertung der Homöopathie angekündigt hat, sollte diese Studien und den WissHom Forschungsbericht berücksichtigen. „Die Homöopathie zu verbieten, weil ihr Wirkmechanismus unbekannt ist, würde wissenschaftlich zu kurz greifen. Und es wäre ein herber Schlag gegen die Therapiefreiheit in Russland“, erklärt Bajic.

Quelle: DZVhÄ

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