Insulin kann die innere Uhr im Fettgewebe direkt beeinflussen

(kib) Essen zur falschen Tageszeit stört den zirkadianen Rhythmus und steigert das Risiko für Übergewicht und Typ-2-Diabetes. Dem Grund einen Schritt weit auf die Spur gekommen sind Forschende des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke und der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

17.08.2021

Blutzuckermessung mit Pen
© Foto: Daisy Daisy / stock.adobe.com
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Neue Studien zeigen, dass die Essenszeiten und die Nahrungskomposition den zirkadianen Rhythmus verschiedener Gewebe verändern können. Metabolisch aktive, insulinsensitive Gewebe, wie Leber und Fettgewebe, sind davon besonders betroffen. Zudem steigern Essenszeiten, die nicht im Einklang mit der inneren Uhr stehen, das Risiko für Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen wie Metabolisches Syndrom und Typ-2-Diabetes. Über die zugrundeliegenden Mechanismen ist bislang jedoch wenig bekannt.

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Für die aktuelle Studie untersuchte das Forschungsteam daher, welchen Einfluss der erhöhte Insulinspiegel nach einer Mahlzeit auf den zirkadianen Rhythmus des Fettgewebes hat und welche molekularen Mechanismen dabei eine Rolle spielen.

Dafür analysierten die Wissenschaftler Fettgewebsproben von 17 adipösen, nicht-diabetischen Männern, die vor und vier Stunden nach dem hyperinsulinämischen-euglykämischen Clamp entnommen worden sind. „Diese Methode wird in der Regel zur Bestimmung der Insulinsensitivität genutzt. Aber auch für unsere Fragestellung war sie ideal, weil wir so die reinen Effekte von Insulin auf das Fettgewebe des Menschen in vivo untersuchen konnten“, erklären die Forscher in einer Mitteilung.

Sie isolierten das genetische Material aus den Fettgewebsproben und bestimmten die Aktivität verschiedener Gene. Im Vergleich zur Kontrollgruppe, die statt Insulin eine Kochsalzlösung erhalten hatte, zeigte sich eine deutlich veränderte Expression der Clock-Gene, was auf eine insulinabhängige Regulation der inneren Uhr schließen lässt.

Zur Aufklärung der molekularen Mechanismen, die für diese Regulation verantwortlich sind, nutzten die Forschenden menschliche und tierische Fettzellen, die in Kultur genetisch transformiert wurden oder aus einem genetisch modifizierten Mausmodell isoliert wurden.

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In diese Zellen wurde ein Luciferase-Gen eingesetzt und an einen Abschnitt des Per2-Gens gekoppelt. Per2 ist eines der Schlüsselgene des molekularen Uhrwerks. Dank der Luciferase erzeugen die Zellen Licht in Abhängigkeit von der Per2-Aktivität, was den Wissenschaftlern ermöglichte, die zirkadianen Rhythmen von Per2 in Echtzeit über mehrere Tage zu beobachten. „Wir stellten fest, dass Insulin eine schnelle und vorübergehende Aktivitätssteigerung von Per2 bewirkt und somit den gesamten Clock-Rhythmus verändert“, heißt es in der Meldung.

In molekularbiologischen Versuchen identifizierten die Forschenden dann diejenigen Abschnitte des Per2-Gens, welche für den Insulineffekt entscheidend sind. Sie kürzten Stück für Stück den Promotor – jenen DNA-Abschnitt, der die Expression eines Gens steuert – und stellten fest, dass der Bereich zwischen 64 und 43 Basenpaaren eine wesentliche Rolle spielt.

„Unsere Ergebnisse zeigen erstmals, auf welche Weise ungünstige Essenszeiten unsere zirkadianen Rhythmen stören und negative Stoffwechselveränderungen hervorrufen können“, fassen die Forscher zusammen. „Das kann auch erklären, warum sich nächtliches Essen besonders ungünstig auf den Stoffwechsel auswirkt.“ Die Forschenden gehen davon aus, dass die Mechanismen, die zur essensbedingten Umstellung der inneren Uhr führen, noch komplexer sind und weitere Hormone und Metabolite daran beteiligt sind. Das gilt es in künftigen Studien zu überprüfen.

Quelle: Deutsches Institut für Ernährungsforschung

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