Körperpflegeprodukte verändern menschliches Oxidationsfeld

Aufbauend auf einer Studie aus dem Jahr 2022, untersuchte das Team des Max-Planck-Instituts das vom Menschen erzeugte Oxidationsfeld noch einmal genauer. Die Forschenden interessierte vor allem, ob sich das menschliche Oxidationsfeld in Innenräumen durch das Auftragen von Körperpflegeprodukten verändert.
Was ist ein Oxidationsfeld?
Menschen erzeugen kontinuierlich um sich herum OH-Radikale (Hydroxyl-Radikale) in der Luft. OH-Radikale sind jedoch sehr reaktiv und oxidieren andere in der Luft befindliche Chemikalien innerhalb von Sekunden.
Die schnelle Produktion und der schnelle Verlust von OH finden einen Gleichgewichtspunkt und erzeugen eine Region mit höherem OH-Gehalt in unmittelbarer Körpernähe, die man als „Oxidationsfeld“ bezeichnet.
Chemischer Cocktail
In Innenräumen sind Menschen von einem unsichtbaren Cocktail chemischer Verbindungen umgeben: Wände, Böden und Möbel gasen aus, beim Kochen oder Putzen entweichen Stoffe in die Luft und je nach Umgebung gelangen auch Schadstoffe von außen nach innen.
Ozon aus der Außenluft kann mit Chemikalien in Innenräumen reagieren und so ein komplexes chemisches Gemisch im Wohnraum erzeugen. Da wir bis zu 90 Prozent unserer Zeit in Innenräumen verbringen, sind wir diesen chemischen Verbindungen über lange Zeiten ausgesetzt.
„Da das Oxidationsfeld auf die Luft in unserem Atembereich und nahe der Haut einwirkt, beeinflusst es auch die Luft, die wir einatmen und beeinträchtigt unter Umständen sogar unsere Gesundheit. Daher ist es von Bedeutung herauszufinden, welche Wirkung Körperpflegeprodukte darauf haben,“ erklärt Gruppenleiter Jonathan Williams den Hintergrund der neuen Studie.
Cremes und Düfte verändern chemische Prozesse
Die experimentellen Arbeiten des Max-Planck-Teams ergänzten Modellberechnungen von Forschenden an der University of California sowie an der Pennsylvania State University.
Die Ergebnisse der früheren Studie zeigen: Ohne Körperpflegeprodukte reagiert Ozon mit den Ölen und Fetten auf unserer Haut, besonders mit der ungesättigten Fettsäure Squalen, die etwa zehn Prozent des Talgs ausmacht. Das natürliche Antioxidans schützt unsere Haut und hält sie geschmeidig.
Hierbei wird eine Vielzahl chemischer Stoffe freigesetzt, die Doppelbindungen enthalten und dadurch in der Luft mit Ozon weiter reagieren, wodurch erhebliche Mengen von OH-Radikalen entstehen.
In der Folgestudie untersuchte das Wissenschaftsteam zunächst, wie sich das Auftragen von Bodylotion auf die chemischen Vorgänge rings um die Testpersonen auswirkte. Anschließend testeten sie, wie sich durch das Bestäuben der Haut mit Parfüm die chemische Komposition der Innenraumluft veränderte.
In beiden Fällen stellten sie fest, dass die OH-Konzentration rund um die Testpersonen verglichen mit der Situation ohne Parfüm oder Creme abnahm.
Im Fall von Parfüm erklären die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Rückgang von Hydroxylradikalen mit Ethanol, dem Hauptbestandteil von Parfüm. Dieses reagiert mit OH und braucht es auf, da Ethanol während der Reaktion mit Ozon kein weiteres OH produziert.
„Für die Bodylotion können wir den Rückgang von OH-Radikalen auf zwei Wegen erklären: Einerseits reagiert der Cremebestandteil Phenoxyethanol, das als Konservierungsmittel in Kosmetika eingesetzt wird, zwar mit OH, produziert aber bei der Reaktion mit Ozon keine neuen OH-Radikale. Das ist vergleichbar mit dem Ethanol in Parfüm. Die zweite Erklärung ist, dass die Bodylotion die Reaktion von Ozon mit dem Squalen auf unserer Haut verhindert, und so wie eine physikalische Barriere wirkt“, legt Atmosphärenchemiker Williams dar.
Im direkten Vergleich beeinflussen Düfte die OH-Reaktivität und ihre Konzentration über einen kürzeren Zeitraum. Bodylotion hatte einen anhaltenderen Effekt.
Was bedeuten die Ergebnisse?
„Wenn wir ein Sofa neu kaufen, wird es vor dem Verkauf auf Schadstoffe geprüft. Doch während wir auf dem Sofa sitzen, verändern wir durch unser Oxidationsfeld die Ausdünstungen des Sofas. Dadurch entstehen neue chemische Verbindungen in unmittelbarer Nähe unserer Atemwege, deren Eigenschaften bisher weitestgehend unbekannt und unerforscht sind. Interessanterweise wissen wir nun zudem, dass sowohl Bodylotion als auch Parfüms diesen Effekt abdämpfen“, fasst Williams zusammen.
Quelle: Max-Planck-Institut für Chemie