Lebensmittelpräferenzen und Suchtverhalten

(kib) Kinder, die viel zucker- und fettreiche Lebensmittel zu sich nehmen, haben im Vergleich zu Kindern, die sich fett- und zuckerarm ernähren, ein deutlich erhöhtes Risiko, als Jugendliche regelmäßig Alkohol zu konsumieren. Das ist das Ergebnis einer Studie, an der zehn europäische Institutionen unter Federführung des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie - BIPS beteiligt waren.

26.11.2018

Zwei Mädchen mit Bierflaschen
© Foto: patrickjohn71 / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodellen)
Anzeige

Aus zahlreichen Studien ist bekannt, dass der Konsum von Zucker und Fett zu Sucht- oder suchtähnlichem Verhalten führen kann. Anders als bei vielen Drogen ist es bei fett- und zuckerhaltigen Lebensmitteln keine einzelne suchtfördernde Substanz, die Suchtverhalten auslöst. Jedoch kann offenbar schon die bloße Präferenz dafür zu Suchtverhalten – also zu Überkonsum, Kontrollverlust und gierigem Verlangen (Craving) führen.

Aktueller Podcast

Ein europäisches Studienteam wollte nun wissen, ob es einen direkten Zusammenhang zwischen der Lebensmittelpräferenz in der Kindheit und dem späteren Konsum der am meisten verbreiteten Droge Alkohol gibt. Sprich: Greifen Kinder, die viel Zucker und Fett zu sich nehmen, als Heranwachsende auch häufiger zur Flasche?

Die Antwort auf diese Frage lieferten Daten, die im Rahmen der europäischen IDEFICS/I.Family Kohortenstudie erhoben wurden. Bei der vom BIPS geleiteten IDEFICS-Studie wurden mehr als 16000 Kinder im Alter von zwei bis neun Jahren in acht europäischen Ländern (Belgien, Deutschland, Estland, Italien, Spanien, Schweden, Ungarn und Zypern) untersucht, um den Einfluss von Ernährung und Lebensstil auf ihre Gesundheit zu erforschen. Im Rahmen der ebenfalls BIPS-geführten Folgestudie I.Family wurde ein großer Teil der Kinder – nun zwischen sieben und 17 Jahre alt – zu einem späteren Zeitpunkt erneut untersucht. Darüber hinaus wurden auch Familienmitglieder befragt.

Das Ergebnis: Wer als Kind viel zucker- und fettreiche Lebensmittel konsumiert hat, trinkt später als Jugendlicher deutlich häufiger regelmäßig Alkohol als die Vergleichsgruppe. Dieses Muster fand sich bei beiden Geschlechtern und in allen untersuchten Ländern.

Zwar haben die familiären Lebensumstände der Kinder – also etwa Einkommen und Bildungsstand der Eltern – Einfluss auf die Qualität der Ernährung, den positiven Zusammenhang zwischen ungesunder Ernährung und späterem Alkoholkonsum konnten sie allerdings nicht erklären. Die Gründe dafür müssen daher andere sein.

Bei Versuchstieren konnte in der Vergangenheit nachgewiesen werden, dass sich zum Beispiel das Verlangen nach Fett und Alkohol gegenseitig verstärkt. Möglicherweise wird also durch eine fett- und zuckerreiche Ernährung im Kindesalter ein grundsätzliches Verlangen nach Sucht erzeugenden Stoffen „erlernt“, das sich in späteren Jahren etwa in erhöhtem Alkoholkonsum manifestiert. Ein dem zugrundeliegender neurologischer Mechanismus konnte mit den verfügbaren Daten jedoch nicht identifiziert werden.

Die Studienergebnisse machen allerdings deutlich, wie stark ungesunde Ernährungsgewohnheiten im Kindesalter das Leben und dabei vor allem die Gesundheit im Erwachsenalter negativ beeinflussen können.

Es ist daher aus Sicht der Studienautoren enorm wichtig, mithilfe von politischen Maßnahmen das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Auswirkungen ungesunder Ernährung zu schärfen und Produktion und Vertrieb ungesunder Lebensmittel stärker zu regulieren – etwa mit einer Zuckersteuer.

Die Erkenntnisse der Studie zeigen zudem, wie wichtig es ist, die Probanden über längere Zeiträume wissenschaftliche zu begleiten. Nur so lassen sich die langfristigen Folgen verschiedener Lebensstile identifizieren. Deshalb plant das Forschungsteam für das Jahr 2019 eine erneute Befragung der dann zwölf bis 22 Jahre alten Studienteilnehmenden.

Quelle: IDW

Kommentar schreiben

Die Meinung und Diskussion unserer Nutzer ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie im Sinne einer angenehmen Kommunikation auf unsere Netiquette. Vielen Dank!

Pflichtfeld *