Milch, Quark und Joghurt können MS-Symptome verstärken

Im Rahmen der Forschungsarbeiten injizierten die Wissenschaftler Mäusen verschiedene Proteine aus der Kuhmilch. So wollten sie herausfinden, ob es einen Bestandteil gibt, auf den die Tiere mit Krankheitssymptomen reagieren.
Und sie wurden fündig: Erhielten die Tieren den Kuhmilch-Inhaltsstoff Casein zusammen mit einem Wirkverstärker, entwickelten sie danach neurologische Störungen. Unter dem Elektronenmikroskop zeigte sich, dass bei ihnen die Isolierschicht um die Nervenfasern geschädigt war, das Myelin. Die fettähnliche Substanz verhindert Kurzschlüsse und beschleunigt zusätzlich erheblich die Reiz-Weiterleitung.
Durchlöcherte Myelinschicht
Bei Multipler Sklerose zerstört das körpereigene Immunsystem die Myelin-Ummantelung. Auch in den Mäusen war die isolierende Hülle massiv durchlöchert – offensichtlich ausgelöst durch die Casein-Gabe. „Als Grund vermuteten wir ähnlich wie in MS-Kranken eine fehlgeleitete Immunreaktion“, heißt es von Seiten der Forschenden „Die körpereigene Abwehr attackiert eigentlich das Casein, zerstört dabei aber auch Proteine, die an der Bildung des Myelins beteiligt sind.“ Zu einer solchen Kreuzreaktivität kann es kommen, wenn sich zwei Moleküle zumindest in Teilen sehr ähneln. Das Immunsystem verwechselt sie dann gewissermaßen miteinander.
Casein und MAG: Zwei sehr ähnliche Moleküle
Vor diesem Hintergrund verglichen die Wissenschaftler Casein mit verschiedenen Molekülen, die für die Produktion von Myelin wichtig sind. Dabei stießen sie auf ein Eiweiß namens MAG. Es sieht dem Casein in manchen Bereichen so ähnlich, dass bei den Versuchstieren die Antikörper gegen Casein ebenfalls gegen MAG aktiv waren, heißt es in der Mitteilung der Universität. In den Casein-behandelten Mäusen richtete sich die körpereigene Abwehr also auch gegen MAG, wodurch das Myelin destabilisiert wird.
Übertragbarkeit auf den Menschen
Doch inwieweit lassen sich die Ergebnisse auf Menschen mit MS übertragen? Um diese Frage zu beantworten, gaben die Forschenden Casein-Antikörper von Mäusen zu menschlichem Hirngewebe. Tatsächlich reicherten sie sich dort an den Zellen an, die im Gehirn für die Myelin-Produktion verantwortlich sind.
Nicht alle MS-Patienten reagieren gleich
Der Studie zufolge sprechen die B-Zellen, bestimmte für die Antikörperproduktion zuständige weiße Blutkörperchen, im Blut mancher MS-Kranker besonders stark auf Casein an. Sobald sie Frischmilchprodukte zu sich nehmen, stellt das Immunsystem massenhaft Casein-Antikörper her. Diese schädigen aufgrund der Kreuzreaktivität mit MAG auch die Myelinschicht um die Nervenfasern, mutmaßen die Forscher.
Davon sind allerdings nur MS-Kranke betroffen, die gegen Kuhmilch-Casein allergisch sind. Die Wissenschaftler entwickeln momentan einen Selbsttest, mit dem Betroffene überprüfen können, ob sie entsprechende Antikörper in sich tragen. Zumindest dieser Subgruppe raten die Forscher auf den Konsum von Milch, Joghurt oder Quark zu verzichten.
Quelle: IDW