Mit Diabetesmedikament Parkinson ausbremsen

(kib) Ein Wirkstoff zur Diabetesbehandlung könnte möglicherweise helfen, das Fortschreiten der Parkinson-Erkrankung zu bremsen. Hoffnung darauf machen Ergebnisse einer im April veröffentlichten klinischen Studie.

23.04.2024

Kopf eines Mannes mit drei markierten Punkten und einem Neuronenetzwerk im Hintergrund
© Foto: Iryna / Generated with AI / Stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)
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Trotz großer Fortschritte in der Forschung lässt sich die Parkinson-Erkrankung bisher nur symptomatisch behandeln, heißt es in einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG). Rund 400.000 Menschen sind hierzulande von der zweithäufigsten neurodegenerativen Erkrankung nach Alzheimer betroffen. 

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Fortschreiten verlangsamen 

Nun zeigt eine klinische Studie, dass die Substanz Lixisenatid das Fortschreiten der Symptome in einem geringen, aber statistisch signifikanten Umfang verlangsamt. „Die Ergebnisse sind sehr interessant. Wenn sich Parkinson mit dieser Klasse von Medikamenten bremsen ließe, wäre das ein Riesenerfolg“, meint Prof. Joseph Claßen, erster Vorsitzender der DPG.

„Allerdings müssen erst noch Langzeitstudien durchgeführt werden, auch mit besser verträglichen, verwandten Wirkstoffen, um die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit an mehr Patientinnen und Patienten nachzuweisen“, so der Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitätsklinikum Leipzig.

Anzeichen für Wirksamkeit

Die aktuelle Studie sei die erste multizentrische klinische Studie, die Anzeichen für eine Wirksamkeit liefert, heißt es in der Mitteilung. Untersucht wurden 156 Personen mit leichten bis mittelschweren Parkinson-Symptomen, die alle bereits das Standard-Parkinson-Medikament Levodopa oder andere Arzneimittel einnahmen.

Die eine Hälfte von ihnen erhielt ein Jahr lang den Wirkstoff Lixisenatid, die andere ein Placebo. Nach zwölf Monaten zeigten die Teilnehmenden der Placebo-Kontrollgruppe wie erwartet eine Verschlechterung ihrer Symptome. Auf einer Skala zur Bewertung des Schweregrads der Parkinson-Krankheit, mit der gemessen wird, wie gut die Betroffenen Aufgaben wie Sprechen, Essen und Gehen ausführen können, war ihr Wert um drei Punkte gestiegen.

Bei denjenigen, die das Medikament einnahmen, änderte sich die Punktzahl auf dieser Skala nicht. Noch sei unklar, wie sich der positive Effekt des Diabetes-Medikaments bei Parkinson erklären lasse, heißt es von Seiten der DPG.

Relevante Nebenwirkungen

Die Behandlung führte zu Nebenwirkungen: Übelkeit trat bei fast der Hälfte und Erbrechen bei 13 Prozent der Personen auf, die das Medikament einnahmen. Neuere Medikamente derselben Substanzklasse könnten weniger und mildere Nebenwirkungen haben oder in niedrigeren Dosen wirken.

Parkinson und Diabetes

Schon seit Längerem deuten verschiedene Studien an, dass Diabetes Typ 2 und manche neurodegenerative Krankheiten ähnliche Signalwege aufweisen. Offenbar können nicht nur Leber- und Muskelzellen, sondern auch Neuronen schlecht auf Insulin reagieren, welches beispielsweise an Gedächtnisprozessen beteiligt ist.

Eine 2017 veröffentlichte Studie aus London deutet darauf hin, dass der Wirkstoff Exenatid, ein weiteres Diabetes-Medikament, das in Deutschland seit 2007 auf dem Markt ist, auch den Krankheitsfortschritt bei Parkinson mindestens verlangsamt, wenn auch nur in geringem Umfang.

In zwei Anfang 2023 veröffentlichten Studien machten Forschende aus Florida und Taiwan die Beobachtung, dass die Einnahme des Wirkstoffs Metformin bei manchen Diabetikerinnen und Diabetikern offenbar eine schützende Wirkung hinsichtlich der Entwicklung einer Demenz hat.

In den nächsten Monaten werden Ergebnisse einer großen klinischen Studie erwartet, in der die Auswirkungen einer zweijährigen Behandlung mit Exenatid bei Menschen mit Parkinson untersucht werden.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen

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