Potenzial zum Glücklichsein

(gc/kib) „Positive Psychologie“-Wissenschaftler Professor Tobias Esch geht der Frage nach, wie sich Glück und Zufriedenheit im Lebensverlauf entwickeln. Seine Erkenntnis: Es gibt eine U-Kurve des Glücks.

05.09.2019

Kleeblatt
© Foto: Sonja Calovini / stock.adobe.com
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Glück ist auch eine Frage des Trainings. Wie man Zufriedenheit, Gesundheit und Optimismus fördern kann, erforscht der Wittener Professor für Gesundheitsversorgung und Gesundheitsförderung, Tobias Esch, seit knapp 30 Jahren.

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Um der „positiven Psychologie“ besser auf die Spur zu kommen, durchforstete er knapp 2000 Studien, die in sein Buch über die „Neurobiologie des Glücks“ einflossen. In der im Februar neu eröffneten „Universitätsambulanz für Integrative Gesundheitsversorgung und Naturheilkunde“ der Uni Witten-Herdecke  testet er die Konzepte praktisch aus.

Leider seien etwa 50 Prozent der Lebenszufriedenheit von den Genen bestimmt, berichtet Esch: „Dahinter stehen neurobiologische Belohnungsprozesse und die Frage, wie Dopamin, Serotonin und andere Neurotransmitter auf- und abgebaut werden.“ Zehn Prozent hingen an individuellen Umständen. Aber etwa 40 Prozent lassen sich beeinflussen, sodass auch die von der Natur Benachteiligten ihre Chancen auf Glück und Zufriedenheit verbessern können.

Das kann gelingen, wenn der Blick auf die eigenen Ressourcen und auf positive Erlebnisse gelenkt wird. So gehe man oft mit negativen Gedanken über Dinge durch den Alltag, die man nicht mehr ändern könne oder die noch gar nicht eingetreten seien. Dagegen könnten positive Gedanken heilend wirken.

Das gelte auch für ganz alltägliche stressende Ereignisse wie ein Stau auf dem Weg zu einem wichtigen Termin, wo man sich bewusst aus der Abwärtsspirale von negativen Gedanken und Symptomen herausholen könne. Schmerzpatienten müssten deutlich weniger Medikamente einnehmen, wenn sie meditieren oder Übungen zur Achtsamkeit und zur Stressbewältigung machen.

Esch empfiehlt, ungesunde Denkmuster zu ändern, sich regelmäßig zu entspannen und sich Zeit für sich zu nehmen. „Wenn wir dann noch genug schlafen, Freundschaften pflegen und die Freude im Alltag kultivieren, tun wir sehr viel für unsere Selbstheilungskompetenz“, so Esch. Richtig gut für Gesundheit und Zufriedenheit sind übrigens auch Musik, Tanz und Gartenarbeit.

Im vergangenen Herbst hat er gemeinsam mit dem Kabarettisten und Mediziner Dr. Eckard von Hirschhausen, ein neues Buch vorgelegt: „Die bessere Hälfte“, lautet der Titel. Darin zeigen die Autoren, dass man sich mit gutem Grund aufs Älterwerden freuen kann.

Nach der stressigen Phase in der Mitte des Lebens wachse die Lebenszufriedenheit etwa ab dem Alter von 60 Jahren wieder. Das bestätigt sich in einem aktuellen Forschungsprojekt mit mehr als 3000 Studienteilnehmern, in dem Eschs Team der Frage nachgeht, wie sich Glück und Zufriedenheit im Lebensverlauf entwickeln.

Esch spricht von der „U-Kurve des Glücks“. Sie reicht von den Glücksmomenten der Jugend bis zur stilleren Zufriedenheit im Alter. Aber dazwischen – im Alter zwischen 30 und 59 Jahren – stecken die Menschen oft in einer Phase des Stresses, nicht wenige sogar in einem „Tal der Tränen“.

 „Es klingt zwar paradox, aber einer der sichersten Vorhersagefaktoren für mehr Zufriedenheit ist zunehmendes Alter“, sagt Esch. Die meisten älteren Menschen bleiben sogar dann zufrieden, wenn sie gebrechlicher werden und medizinisch gesehen nicht gesund sind. Esch: „Die Zufriedenheit emanzipiert sich gewissermaßen von der Gesundheit.“

Quelle: Ärzte Zeitung

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