Schilddrüsenerkrankungen: Es trifft nicht nur Menschen

(kib) Die diesjährige Schilddrüsenwoche findet deutschlandweit vom 08. bis 12. Mai statt. Ein Anlass, auch mal einen Blick auf unsere liebsten Haustiere zu werfen. Denn Hund und Katze sind in mancher Beziehung nicht viel anders als der Mensch.

08.05.2023

Hund und Katze
© Foto: Rita Kochmarjova / Stock.adobe.com
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Auch bei Hunden und Katzen gehören Funktionsstörungen der Schilddrüse zu den häufigsten endokrinologischen Erkrankungen. Die Hyperthyreose der Katze wurde erstmals 1979 entdeckt, der erste Fall in Europa wurde 1981 registriert, heißt es in einem gemeinsamen Artikel von Dr. Urte Inkmann, Veterinärmedizinerin und Leiterin des Tierheims Hamburg und Professor Onno E. Janßen, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie, Endokrinologikum Hamburg, auf infoline-schilddrüse.de.

Bessere Diagnostik und längeres Leben

Seitdem ist die Inzidenz stark angestiegen, was nicht allein an einer verbesserten Diagnostik liegt. Katzen werden heutzutage deutlich älter, was auf den enormen Wissenszuwachs über Katzenkrankheiten, eine moderne Tiermedizin und deutlich verbesserte Lebensumstände in der Katzenhaltung zurückzuführen ist.

Seitdem die Schilddrüsenhormone aber im Rahmen geriatrischer Screening-Untersuchungen bestimmt werden und das zu den Routineuntersuchungen bei der Abklärung von Krankheiten der geriatrischen Katze gehört, wird die Diagnose heute deutlich früher gestellt. Das Vollbild einer abgemagerten, struppigen und agitierten Katze sieht man daher immer seltener.

Häufig ältere Katzen betroffen

Ganz überwiegend liegt bei der felinen Hyperthyreose (FHT) eine meist beidseitige benigne Hyperplasie mit Autonomie vor, so Inkmann und Janßen in dem gemeinsamen Artikel. In seltenen Fällen kann auch ein Schilddrüsenkarzinom die Ursache sein. Eine Autoimmunerkrankung wie Morbus Basedow kennt man bei Katzen nicht.

Überwiegend sind ältere Katzen betroffen, nur fünf Prozent der erkrankten Tiere sind zum Zeitpunkt der Diagnose jünger als zehn Jahre alt. Da bisher kein maßgeblicher Risikofaktor identifiziert werden konnte, sind auch keine Präventionsmaßnahmen bekannt. Diskutiert werden genetische Ursachen sowie Umwelt- und Ernährungsfaktoren.

Typische Symptome

Zu den klassischen Symptomen der Hyperthyreose der Katze gehören:

  • Gewichtsverlust
  • Polyphagie
  • Polyurie
  • verstärkter Durst
  • vermehrtes Miauen
  • Agitation, vermehrte Aktivität
  • Tachypnoe, Tachykardie
  • Erbrechen und Durchfall
  • struppiges Fell
  • später Apathie, Inappetenz, Lethargie

Medikamentöse Therapie ist ein Muss

Bei Hyperthyreose muss in jedem Fall behandelt werden, das gilt auch für Katzen mit chronischer Nierenerkrankung, so Inkmann und Janßen. Ziel ist eine Euthyreose unter Vermeidung von Hypothyreose und bei möglichst wenig Nebenwirkungen. Infrage kommt eine lebenslange Therapie mit Thiamazol und Carbimazol, wobei Thiamazol auch als Salbe zum Auftragen auf die Ohrmuschel zur Verfügung steht.

Thiamazol steht als Tablette und als Saft zur zweimaligen Gabe pro Tag zur Verfügung, diese orale Medikamentengabe kann, so die beiden Autoren, bei Katzen eine große Herausforderung sein. Alternativ kann bei Wohnungskatzen auch eine konsequente jodarme Ernährung (z. B. spezielles Futter y/d von Hills) zum Ziel führen.

Auch definitive Verfahren wie eine Operation oder Radiojodtherapie sind möglich, werden aber eher selten vorgenommen und sind am ehesten was für relativ junge, ansonsten gesunde Katzen.

Hunde mit Schilddrüsenunterfunktion müssen lebenslang L-Thyroxin substituieren

Bei Hunden Hashimoto-ähnliches Bild

Hunde leiden eher an einer Unterfunktion der Schilddrüse, die hier die am häufigsten diagnostizierte Endokrinopathie ist. Zugrunde liegt meist eine lymphozytäre Thyreoiditis, die weitestgehend der Hashimoto-Thyreoiditis beim Menschen entspricht, erläutern die Autoren.

Meist dauert es Monate bis Jahre, bis die Schilddrüse durch die immunvermittelte Entzündung zu mehr als 75 Prozent zerstört ist und klinische Symptome auftreten. Eine weitere Ursache der Hypothyreose ist die idiopathische Atrophie der Schilddrüse, bei der keine Autoantikörper nachweisbar sind.

Unspezifische Symptome

Das klinische Bild ist vielfältig und eher unspezifisch. Apathie, Bewegungsunlust, Gewichtszunahme und Haut- und Fellveränderungen sowie Alopezien oder Seborrhö können dazu gehören. Auch neurologische Symptome wie neuromuskuläre Schwäche und Monoparesen oder epileptiforme Anfälle, Reizbarkeit und Aggressivität sind möglich.

Bei mehr als der Hälfte aller Hund mit Hypothyreose findet sich auch eine milde bis mittelgradige Anämie und bei mehr als 80 Prozent eine Hypercholesterinämie. Alles zusammengenommen führt dann zur Verdachtsdiagnose, die spezielle Hormonuntersuchungen erforderlich machen.

Am häufigsten wird einfach T4 bestimmt, das bei über 95 Prozent der hypothyreoten Hunde tatsächlich stark erniedrigt ist. Problematisch ist aber, geben Inkmann und Janßen zu bedenken, dass auch bei praktisch jeder anderen Erkrankung ein erniedrigtes T4 vorliegen kann und es viele Faktoren gibt, die den Wert verfälschen. Sie raten daher, dass T4 als Routineparameter bei älteren Hunden ohne klinischen Verdacht nicht bestimmt werden sollte.

TSH kann zwar auch bestimmt werden, die Sensitivität ist aber, anders als beim Menschen, extrem schlecht. In unklaren Fällen kann auch ein TSH-Stimulationstest erfolgen.

Eine relativ einfache zusätzliche Untersuchung ist auch beim Hund die Schilddrüsensonografie.

Behandelt wird mit einer lebenslangen Substitution mit L-Thyroxin. Aufgrund der deutlich kürzeren Plasmahalbwertszeit von L-Thyroxin beim Hund benötigen die hypothyreoten Vierbeiner etwa zehnmal höhere Dosen als Menschen.

 

Quelle: Ärzte Zeitung

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