So kommen Drogen in den Knast

(kib) Mauerüberwürfe gehören der Vergangenheit an. Der neueste Trend beim Drogenschmuggel in den Knast sind Papierschnipsel, die mit Neuen Psychoaktiven Substanzen (NPS) beträufelt sind.

von Dr. Elke Oberhofer
22.02.2022

Mann hinter Gittern
© Foto: Rainer Fuhrmann / stock.adobe.com
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In früheren Zeiten musste man sich noch die Mühe machen, den Stoff über die Mauer zu werfen. Heute geht Drogenschmuggel ins Gefängnis deutlich einfacher. Die NPS, also Designerdrogen wie "Legal Highs", "Herbal Highs", "Research Chemicals" oder "Badesalz" machen es möglich, Insassen zu versorgen, ohne dass der Justizbeamte etwas davon merkt.

Durch einen Informanten kam man in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wittlich einer besonders raffinierten Variante des Drogenschmuggels auf die Schliche. Der Reinstoff wird im Internet erworben. Dieser wird dann in Lösung gebracht und kann so auf ein Blatt Papier aufgetragen werden. Großflächig appliziert fällt die quasi unsichtbare Substanz kaum auf.

Aus dem Papier lassen sich kleine Schnipsel reißen, die dann auf kreative Weise am Auge des Gesetzes vorbei transportiert werden können. Dr. Jörn Patzak, Jurist und Leiter der JVA, berichtete von einem Fall, in dem der Häftling das präparierte Papierkügelchen in seinen dichten Locken bei sich trug.

Neulinge als Versuchskaninchen

Bei den synthetisch hergestellten Substanzen besteht laut Patzak immer die Gefahr der Überdosierung. Erfahrene Insassen wenden daher eine perfide Methode an, um die Wirkung zu testen. Sie bieten Neulingen beim Hofgang an, damit präparierte Joints zu rauchen. Patzak: "Wenn der umfällt, weiß man: Das war zu hoch dosiert."

In der JVA Wittlich wird den Neuzugängen daher geraten, im Hof grundsätzlich nichts anzunehmen, um nicht als Versuchskaninchen missbraucht zu werden.

Versteckt im selbstgemalten Bild

Schon vor Längerem durchschaut hat man in der JVA eine andere Methode: So erhielt ein Insasse per Post ein "selbstgemaltes" Bild, das wie ein Kunstwerk vom Sprössling anmutete. Auf der lachenden Sonne war die Droge aufgebracht. Solche Machenschaften könnte man theoretisch zwar unterbinden, indem man – unter Ausnutzung einer Gesetzeslücke – den Gefangenen sämtliche Briefe und Bilder in Kopie aushändigt. Allerdings hätte man dann ein praktisches Problem. Patzak: "300 Briefe am Tag, wer soll das kopieren?"

Gerät erkennt Drogen in Sekundenschnelle

In Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt hat die Staatsanwaltschaft jetzt eine andere Methode ersonnen: ein Gerät, das alle Arten von Substanzen anhand ihrer spezifischen Driftgeschwindigkeit ermittelt. Der Test erfolgt mithilfe eines weißen Probestreifens, der über alle Arten von Trägern gezogen werden kann, z. B. Hände, Tabak, Papier. Der Streifen wird dann vom Gerät abgelesen.

Das Ergebnis erscheint innerhalb von zehn Sekunden. In Wittlich sind die Auffindezahlen dank solcher Methoden in letzter Zeit deutlich hochgegangen: "2014 hatten wir fünf Drogenfunde, jetzt sind wir bei 100", berichtete Patzak. Das Projekt funktioniere so gut, dass sich mittlerweile zwölf Bundesländer beteiligt haben.

basierend auf einem Vortrag von J. Patzak, 6. Gefängnismedizin-Tage, 2. -3. 12. 2021, Frankfurt/online

Quelle: MMW - Fortschritte der Medizin

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