Tamoxifen: Versorgungsengpässe vorprogrammiert

(kib) Seit Jahresbeginn kommt es zu Lieferengpässen bei dem in der Therapie von hormonrezeptorpositiven Brustkrebserkrankungen eingesetzten Wirkstoff Tamoxifen, vor allem bei Tabletten mit 20 Milligramm. Was steckt dahinter? Wie lange dauern die Engpässe voraussichtlich an?

10.02.2022

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© Foto: topae / stock.adobe.com
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Wie es in einer Mitteilung von Pro Generika heißt, sei bereits ein Großteil der Hersteller, die das Arzneimittel anbieten, nicht oder nur noch teilweise lieferfähig. Engpässe bei der Versorgung mit Tamoxifen sind daher aus Sicht der Generika-Hersteller nicht auszuschließen.

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Derzeit prüfen die Hersteller, ob sie kurzfristig ihre Produktionspläne ändern können. Das aber setzt voraus, dass die notwendigen Rohstoffe vorhanden sind und ist laut Pro Generika voraussichtlich nur möglich, wenn dafür die Produktion anderer Arzneimittel verschoben wird.

Engpässe sind grundsätzliches Problem

Einige Zulieferer haben die Produktion eingestellt, weil diese für sie nicht mehr wirtschaftlich war. Die Suche nach Alternativen kann wegen hoher regulatorischer Anforderungen jedoch Monate bis Jahre dauern, teilen die Generikaunternehmen mit.

Ein zusätzliches Problem: Wegen des jahrelangen Kostendrucks beteiligen sich insgesamt immer weniger Zulieferer an der Produktion von Tamoxifen-Präparaten. Das Angebot an möglichen Zulieferern ist also von vornherein nur sehr gering.

Aktuelle Informationen

Pro Generika hat einen Fragen-und-Antworten-Katalog zum Engpass bei Tamoxifen-Präparaten erstellt. Dieser soll beständig aktualisiert werden, sobald es neue Erkenntnisse gibt.

Über die Lieferengpass-Datenbank des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte können Sie sich jederzeit einen aktuellen Überblick verschaffen.

Das BfArM informiert zudem über Maßnahmen zur Abmilderung des Lieferengpasses für Tamoxifen-haltige Arzneimittel. U. a. sollen Ärzte in den nächsten Monaten erst dann Folgerezepte ausstellen, wenn eine weitere Verordnung erforderlich ist. Das pharmazeutische Personal wird gebeten, betroffene Patientinnen zu informieren.

aktualisiert: 15.2.2022

Für Bork Bretthauer, Geschäftsführer von Pro Generika, illustriert der Fall Tamoxifen deutlich das strukturelle Problem bei unserer Grundversorgung. „So liegt der Preis, den die Arzneimittelhersteller von den Krankenkassen für eine 100er-Packung Tamoxifen erhalten, bei 8,80 Euro. Zu diesem Preis ist eine wirtschaftliche Produktion ohne Verluste kaum mehr möglich und eine resiliente Lieferkette schon gar nicht“, sagt er in der Mitteilung.

Weiter heißt es: „Unternehmen, Verbände, Ministerien und Behörden arbeiten eng und pragmatisch zusammen. Gelingt eine kurzfristige Produktion, könnten Tamoxifen-Präparate in einigen Wochen wieder verfügbar sein."

Alternativen zu Tamoxifen

Tamoxifen ist ein fester Bestandteil in der Therapie des Brustkrebs und kann nicht so einfach ausgetauscht werden, vor allem nicht bei Patientinnen vor der Menopause. Für den Fall der Fälle haben alle betroffenen wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften eine gemeinsame Stellungnahme und Empfehlungen erarbeitet. Unter anderem heißt es darin:

  • Die empfohlene Dosierung von 20 mg/Tag beim Mammakarzinom kann auch durch Verwendung von 10 mg-Tabletten erreicht werden.
  • In einigen Indikationen kann Tamoxifen temporär durch andere Formen der endokrinen Therapie ersetzt werden, wenn keine Kontraindikationen vorliegen.
  • Der Ersatz von Tamoxifen durch andere Formen der endokrinen Therapie ist mit einer höheren Nebenwirkungsrate belastet.

Quelle: Pro Generika / BfArM / DGHO

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