Taurin: (K)ein Biomarker fürs Altern

Die Forscherinnen und Forscher werteten Daten von Längs- und Querschnittuntersuchungen gesunder Probandinnen und Probanden, Mäusen und Affen aus. Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse widersprechen denen einer zwei Jahre alten Studie, die gezeigt hat, dass die Menge an Taurin im Blut im Alter bei Tieren und Menschen abnimmt.
Taurinkonzentration im Blut gemessen
Die Forschenden berücksichtigten Studien, in denen zu einem bestimmten Zeitpunkt die Taurinkonzentration im Blut gemessen und dann einer Altersgruppe zugeordnet worden war. Zudem bezogen sie Studien in ihre Auswertung ein, bei denen im Laufe der Zeit bei einzelnen Individuen mehrmals gemessen wurde.
Insgesamt verwendeten sie Daten aus drei humanen Kohorten mit insgesamt 973 Teilnehmenden sowie Daten von Blutproben von Rhesusaffen und Mäusen beiderlei Geschlechts, berichtet das Science Media Center Deutschland (SMC) über die aktuelle Studie.
Taurin nimmt nicht ab
Dabei stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fest, dass das im Blut zirkulierende Taurin mit dem Alter bei gesunden Individuen nicht abnimmt, sondern sogar steigt oder unverändert bleibt. Zudem gab es keinen klaren Zusammenhang zwischen Taurin und funktionellen Gesundheitsindikatoren wie Muskelkraft und Körpergewicht.
Außerdem korrelierten andere Faktoren, wie die Ernährung, das Geschlecht und die Tierart, stärker mit einem bestimmten Taurinspiegel als das Alter. Diese Erkenntnisse widersprechen der bisherigen Hypothese, dass die Taurinkonzentration im Alter abnehme und Alterungsprozesse begünstige.
Keine eindeutige Antwort
Kristina Norman, Professorin am Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke, erklärt: „Ein Biomarker für Alter/Alterung sollte primär von der biologischen Alterung abhängen und nicht von altersassoziierten Erkrankungen. Diese treten zwar gehäuft im Alter auf, aber eben nicht zwingend.“ Biomarker seien häufig vom Verlust beziehungsweise der Abnahme physiologischer Funktionen abhängig.
„Die neue Studie widerspricht der Hypothese, dass sich Taurin als Altersbiomarker eignet: Es gab keine signifikante Veränderung der Taurin-Blutplasmakonzentration im zeitlichen Verlauf. Es zeigten sich auch große Unterschiede zwischen einzelnen Personen aus den Kohorten, was die Eignung als Biomarker einschränkt.“
Demgegenüber lässt sich die Frage nach dem Nutzen von Taurin als Biomarker laut Professor Hanno Ulmer von der Medizinischen Universität Innsbruck nach wie vor nicht eindeutig beantworten.
Und auch Professor Hennig Wackerhage von der Technischen Universität München äußert sich in der SMC-Mitteilung entsprechend. Ihm zufolge zeigen die aktuellen Daten überzeugend, dass niedrige Blut-Taurinkonzentrationen kein generelles Phänomen des Alterns sind. Sie zeigen auch, dass die Blut-Taurinkonzentration beim Menschen stark variiert.“
Es bleibe jedoch die Frage, ob niedrige Blut-Taurinkonzentrationen beim Menschen Krankheiten begünstigen oder das Altern beschleunigen und ob umgekehrt Taurin-Supplementation das Altern verzögern und das Krankheitsrisiko reduzieren könnten.
Quelle: Science Media Center Deutschland