Unerforschter Blutsauger im Anflug

(kib) Nicht nur Zecken machen Waldspaziergängern zu schaffen. Früher als sonst ist die blutsaugende Hirschlausfliege unterwegs. Gefährlichkeit und Verbreitung des Parasiten sind kaum erforscht.

09.08.2018

Hirschlausfliege
© Foto: Hecker / Sauer / blickwinkel / dpa
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Sie ist rund fünf Millimeter klein, dunkel – und ziemlich lästig: Auf den ersten Blick erinnert die Hirschlausfliege an eine Zecke mit Flügeln. Als kleine Blutsauger befallen die Hirschlausfliegen in erster Linie die Säugetiere des Waldes. Wie ihr Name vermuten lässt, gehören dazu Hirsche, Rehe und junge Wildschweine, erklärt Lutz-Florian Otto vom Kompetenzzentrum Wald und Forstwirtschaft in Pirna (Sachsen). Aber auch Pferde, Hunde oder Menschen werden angeflogen und können gebissen werden.

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"Das Auftreten der Hirschlausfliege ist nicht meldepflichtig. Wir haben keinerlei zentrale Informationen, ob die Population steigt", erklärt Otto. Immer wieder gebe es einmal Zunahmen bestimmter Insekten, die vielleicht von der Klimaerwärmung profitierten, systematische Untersuchungen fehlten aber.

Die Hauptsaison der Hirschlausfliege steht eigentlich noch bevor, sagt Ronald Schmäschke von der Veterinärmedizinischen Fakultät Leipzig. "Im Spätsommer und Herbst ist sie am häufigsten anzutreffen." Eventuell könnte die Witterung verantwortlich dafür sein, dass sich die Verbreitung zeitlich vorverlagert hat. Der Mitarbeiter vom Institut für Parasitologie erklärt: Die Hirschlausfliege ist in der Bevölkerung noch recht unbekannt. "Wir bekamen schon mehrere Einsendungen von Leuten, mit der Bitte, ob wir die Tiere für sie bestimmen könnten."

Da sie vorrangig Wild befällt, kommt sie auch dort am häufigsten vor, wo dieses lebt – nicht nur in Sachsen. "In manchen Gebieten scheint es richtige Plagen zu geben. Sie fliegen beim Menschen besonders den Nackenbereich an", erklärt Schmäschke. Haben sie ihren Wirt erreicht, brechen ihre Flügel ab.

Inwieweit die Tiere für den Menschen gefährlich sein können, daran forscht in Deutschland Volkhard Kempf vom Universitätsklinikum in Frankfurt/Main. Der Professor für Medizinische Mikrobiologie erklärt: Die Tiere tragen oft ein bestimmtes Bakterium – den Erreger Bartonella schoenbuchensis.

Dessen Entdeckung liegt noch keine 20 Jahre zurück. Sein Frankfurter Konsiliarlabor für Bartonella-Infektionen habe eigene Untersuchungen an Hirschlausfliegen durchgeführt, sagt Kempf. Die wurden in der Zeit von Mai bis Dezember 2017 in Hessen und Baden-Württemberg gesammelt, eine derartige Studie wurde erstmalig in Deutschland gemacht.

Bei ungefähr 90 Prozent konnten die Wissenschaftler Bartonellen nachweisen. Noch nicht sicher sei, ob Bakterien auf den Menschen übertragen werden. Kempf: "Die Datenlage ist sehr dünn." Es gebe wenige Fallberichte, die auf unspezifische Beschwerden und Hautentzündungen bei gebissenen Menschen hinweisen.

Dass es zu schweren Entzündungen des Herzens kommen könne, wie in der Öffentlichkeit manchmal dargestellt, sei noch Spekulation, ergänzt Kempf. "Dazu haben wir überhaupt keine sicheren Hinweise.

Quelle: dpa / Ärzte Zeitung

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