Stress bei Haustieren

Eine Frau steht unschlüssig vor der Apotheke. Sie ist mit ihrem Terrier unterwegs, der nervös trippelnd und jaulend neben ihr steht. Sie muss dringend ein Rezept einlösen. Ihren Hund kann sie aber nicht vor der Apotheke anbinden. Er bellt dann so lange, bis sein Frauchen wieder bei ihm ist. Sie winkt die PTA nach draußen. Diese nimmt das Rezept und überlegt, ob sie der Kundin vielleicht etwas Beruhigendes für den Terrier mitgeben kann. Dieser scheint mächtig unter Strom zu stehen.

von Eva Bahn
12.12.2022

Hund und Katze
© Foto: chendongshan / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)
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Symptome

Egal, ob es sich um Menschen, Hunde oder Katzen handelt: Stress ist zunächst einmal eine ganz natürliche Reaktion auf einen unangenehmen Reiz von außerhalb. Im Fallbeispiel machen die Trennung von seinem Frauchen und die anderen Menschen in der Apotheke den Hund nervös. Hält der Stress allerdings an, kann das auch bei Tieren zu gesundheitlichen Beschwerden führen. Bei Hunden sorgt ständiger Stress unter anderem für Probleme mit der Verdauung, Überforderung und Erschöpfung.

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Katzen hingegen merkt man Stress nicht so direkt an wie Hunden. Sie geraten vor allem dann in Dauerstress, wenn sich etwas an ihrer gewohnten Umgebung ändert. Das kann ein neues Familienmitglied, ein Umzug, Änderungen im Tagesablauf oder auch nur ein neues Möbelstück sein.

Wie der Hund wird auch eine Katze ebenfalls durch Lärm, ständige Einsamkeit, Hektik, andere Artgenossen oder eine reale oder als real empfundene Bedrohungslage in Stress versetzt. Sie zeigt ihre Anspannung aber nicht durch Lautäußerungen oder nervösem Herumrennen, sondern ist – für den Besitzer oft aus heiterem Himmel – nicht mehr stubenrein.

Auch kratzt sie an Möbelstücken oder der Tapete, magert ab oder putzt sich hektisch und so ausgiebig, dass sie sich dabei wundleckt. Hier zeigen sich wieder Parallelen zum dauergestressten Hund, der auch häufig Möbel annagt oder sich die Pfoten leckt, bis sie haarlos und entzündet sind.

Ausschlussdagnose

Hinter jedem der genannten Symptome kann auch eine organische Erkrankung stecken. Daher ist es sehr wichtig, die Vierbeiner tierärztlich untersuchen zu lassen. Bei Hund und Katze sind Stresserkrankungen immer Ausschlussdiagnosen.

Tipps aus der Apotheke

Das Wichtigste ist bei gestressten Hunden und Katzen, erst einmal die Ursachen zu ergründen. Ist die Quelle der Probleme ausgemacht, sollten sich Halter und Halterin vorrangig darum kümmern, die Störung zu beseitigen. Die oben genannte Kundin mit ihrem nervösen Terrier könnte zudem eine Hundeschule besuchen.

Dort lernt die Hundebesitzerin, wie sie dem Tier Sicherheit gibt, wenn sie ihn vor einem Geschäft anbinden muss. Oder wie sie ihm Gelassenheit vermittelt, wenn sich ihm viele fremde Menschen unmittelbar nähern.

Katzen hilft es, wenn sie einen Ort in ihrem Zuhause haben, an den sie sich in Ruhe zurückziehen können, um ihre Lage zu überblicken. Und das ist ganz wörtlich gemeint, denn dieser Ort sollte etwas erhöht liegen, damit sich der Stubentiger wohl fühlt.

Pheromone und Aromatherapie

Pheromon-Verdampfer sondern den körpereigenen Duftstoffen (Pheromone) nachempfundene Gerüche ab, die den Tieren ein Gefühl von Entspannung und Wohlbefinden vermitteln können, sobald sie diese über die Nase aufnehmen. Für Hunde gibt es beispielsweise Adaptil® calm, für Katzen den Feliway® Classic Verdampfer für die Steckdose.

Der Geruchssinn wird auch über andere Aromastoffe positiv stimuliert, beispielsweise über die ätherischen Öle der Aromatherapie. Geeignet, um Ängste zu lösen und Stress abzubauen, sind Öle aus:

  • Lavendel (angstlösend)
  • Melisse (beruhigend)
  • Jasmin (bei Trauer)
  • Kamille (bei Verhaltensstörungen)
  • Rose, Ylang-Ylang (nach schlechten Erfahrungen)
  • Vetiver (bei Panikattacken)
  • Weihrauch (bei nervöser Unruhe)
Giftige Öle

Vorsicht bei Katzen. Viele ätherische Öle sind für die Tiere giftig, wenn sie oral aufgenommen werden. Die Öle sollten also sicher verwahrt werden. Und es muss auch sichergestellt sein, dass die Katzen nicht an die Duftlampen oder Duftstäbchen gelangen können!

Sicherer ist die Anwendung über einen Raumbefeuchter oder einen Zimmerbrunnen, dem ein bis drei Tropfen des Öls zugegeben werden. Das genügt völlig, denn die Katzen haben einen bei weitem besseren Geruchssinn als Menschen.

Phytotherapie

Ähnlich wie die genannten Öle der Aromatherapie wirken auch viele bekannte Heilkräuter beruhigend und entspannend. Bei Hunden lassen sich die getrockneten Kräuter gut unters Futter mischen, bei Katzen kann man einen Teeaufguss herstellen und abgekühlt zum Trinken anbieten.

Entspannend und angstlösend wirken vor allem Auszüge aus Baldrian, Passionsblume, Hopfen, Melisse und Lavendel. Pro Portion werden drei Teelöffel einer Mischung der getrockneten Pflanzenteile mit etwa 200 Milliliter heißem Wasser übergossen, abgedeckt und etwa zehn Minuten ziehen gelassen. Für Hunde gilt je nach Körpergewicht eine Dosis von einem halben bis drei Teelöffeln.

Stressiges Silvester

An Silvester geraten viele Katzen und Hunde durch Böller und Feuerwerk unter Stress. Um die Belastung abzumildern, sollte man bereits etwa ein bis zwei Wochen vor Silvester damit beginnen, Aroma- oder Phytotherapeutika bei Haustieren einzusetzen. Das erhöht die Chance auf einen entspannten Silvesterabend.

Hintergrundwissen

Während seelischer oder körperlicher Belastungssituationen setzt der Körper die Hormone Adrenalin und Cortisol frei. Sie sollen ihn auf eine Kampf- oder eine Fluchtreaktion vorbereiten. Um mehr Sauerstoff für die Belastungssituation aufnehmen zu können, weiten sich daraufhin die Bronchien. Das Herz schlägt schneller, die Atmung wird ebenfalls schneller und flacher, und Hunde beginnen, aufgeregt zu hecheln und oft auch zu speicheln. Die Blutgefäße werden enger gestellt, was den Blutdruck ansteigen lässt, und auch die Muskeln werden vermehrt durchblutet und können sogar anfangen zu zittern. Das Tier befindet sich im Alarmzustand und ist jederzeit dazu bereit, entweder anzugreifen oder zu fliehen.

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