Allergische Rhinitis: Es liegt was in der Luft

- Heuschnupfen ist die häufigste Ursache für eine allergische Rhinitis, außerdem relevant sind Hausstaubmilben, Schimmelpilz- und Tierhaarallergien.
- Die allergische Rhinitis wird häufig von einer allergischen Konjunktivitis begleitet, in der Gesamtheit Rhinokonjunktivitis genannt.
- Die häufigste und fatalste Spätfolge der allergischen Rhinitis ist das allergische Asthma bronchiale.
- Unter den Antihistaminika gibt es ein neues OTC-Präparat in Tablettenform, das den Wirkstoff Bilastin enthält.
- Lutschtabletten mit Beta-Lactoglobulin basieren auf dem „Kuhstall-Effekt“.
Hauptauslöser der allergischen Rhinitis sind flugfähige Allergene. Die bekanntesten sind neben Pollen, Kot von Hausstaubmilben und Sporen von Schimmelpilzen auch Tierhaare, an denen proteinhaltige Bestandteile (z. B. von Urin oder Speichel) haften. Die Allergene lösen entzündliche Reaktionen der Nasenschleimhaut aus. Typische Symptome sind Juckreiz, Niesen, Fließschnupfen und eine behinderte Nasenatmung. Tritt die allergische Entzündung an der Bindehaut der Augen (Konjunktivitis) auf, kommt es dort zu Juckreiz, Kribbeln, Rötung, Schwellung sowie zu Tränenfluss. Sind Nase und Augen zugleich betroffen, was häufig der Fall ist, spricht die Medizin von einer Rhinokonjunktivitis. Auch das Allgemeinbefinden leidet mit. Die allergischen Symptome mindern tagsüber die Belastbarkeit und rauben nachts den Schlaf, was die Widerstandsfähigkeit am Tage zusätzlich einschränkt. Gefürchtet ist der „Etagenwechsel“, bei dem die allergischen Entzündungen von den oberen auf die unteren Atemwege übergehen und zu einem Asthma bronchiale führen. Die wichtigste Prophylaxe des Etagenwechsels ist die adäquate Therapie der allergischen Rhinitis, insbesondere bei Kindern.
Entzündungsmediator Histamin
Die allergische Rhinitis und Konjunktivitis basieren üblicherweise auf einer Allergie vom Typ 1, auch klassische Allergie oder Allergie vom Soforttyp genannt. Soforttyp deshalb, weil die Symptome binnen Sekunden bis Minuten nach Allergenkontakt auftreten. Zuvor muss jedoch eine Sensibilisierung erfolgt sein: ein symptomloser Erstkontakt mit dem betreffenden Allergen. Hierbei werden vermehrt IgE-Antikörper gebildet, die sich an die Außenmembranen der Mastzellen heften. Bei wiederholtem Kontakt mit dem Allergen dockt dieses an die membranständigen IgE-Antikörper an. In der Folge zerfallen die Mastzellen (Degranulation) und setzen große Mengen Histamin und weitere Entzündungsmediatoren frei. Diese wandern in das umliegende Gewebe und führen dort zu allergietypischen Symptomen. In diese Pathomechanismen greifen Antiallergika ein, von denen eine große Palette rezeptfrei ist und nachfolgend beschrieben wird.
Antihistaminika
Die dem Histamin strukturell verwandten Antiallergika besetzen die Histamin-Rezeptoren in den Geweben. In der Folge wird das dortige Andocken des Histamins behindert, allergische Symptome werden gelindert oder sogar verhindert. Seit Jahresbeginn sind die bisher verschreibungspflichtigen Bilastin-Tabletten (Wirkstärke: 20 mg) eine rezeptfreie Therapieoption bei allergischer Rhinokonjunktivitis (ab 12 J.). Weitere orale Antihistaminika sind Cetirizin, Levocetirizin, Loratadin und Desloratadin, die – wie auch Bilastin – jeweils einmal täglich eingenommen werden. Alle vier Wirkstoffe sind zur Therapie der allergischen Rhinitis zugelassen, Cetirizin und Levocetirizin zusätzlich zu der der allergischen Konjunktivitis. Zudem sind lokal und binnen weniger Minuten wirksame Antihistaminika am Markt: Azelastin sowie Levocabastin (jeweils Nasensprays, Augentropfen) sowie Ketotifen (Augentropfen).
Mastzellstabilisatoren
Der bekannteste Vertreter ist die Cromoglicinsäure. Sie stabilisiert die Membran der Mastzelle, wodurch sie deren Zerfall beim Andocken des Allergens an die membranständigen IgE-Antikörper behindert. Die Histamin-Freisetzung wird reduziert, ebenso die allergischen Symptome. Nachteilig ist, dass es einer ein- bis zweiwöchigen Anwendung bedarf, bis sich die allmählich aufbauende Wirksamkeit voll entfaltet. Daher ist Cromoglicinsäure nur für zeitlich vorhersehbare Beschwerden (z. B. am Ziel einer bevorstehenden Reise) empfehlenswert, für eine sehr lang anhaltende Pollenallergie oder der ganzjährig (perennial) auftretenden Allergie gegenüber dem Kot von Hausstaubmilben. Cromoglicinsäure ist in Form von Nasensprays, Augentropfen und Inhalationslösungen erhältlich.
Nasale Glukokortikoide
Rezeptfrei sind Nasensprays mit Beclometason, Mometason und Fluticason. Ihr Wirkeintritt erfolgt je nach Substanz nach drei bis 36 Stunden, die volle Wirkung erst nach einigen Tagen der täglichen Anwendung. Zum Überbrücken der Wirklatenz kann der zusätzliche Gebrauch eines (nasalen) Antihistaminikums sinnvoll sein.
Beta-Lactoglobulin
Seit einiger Zeit ist Beta-Lactoglobulin, gewonnen aus Molke von Bio-Kuhmilch, in Form einer Lutschtablette erhältlich. Diese enthält zusätzlich Eisen, Zink und Vitamin A. Das Lebensmittel für besondere diätetische Zwecke (ergänzende bilanzierte Diät) kann Rhinitis-Symptome bei einer Pollen-, Hausstaubmilben- oder Tierhaarallergie mindern, was anhand klinischer Studien belegt ist.
Erwachsene nehmen täglich zwei Lutschtabletten und Kinder ab drei Jahren täglich eine für mindestens drei Monate. Die Kombination mit anderen Antiallergika ist möglich. Entwickelt wurde die Lutschtablette, auch „Kuhstall-Pille“ genannt, auf der Basis folgender Erkenntnisse: Auf dem Land aufwachsende Kinder entwickeln seltener Allergien als in der Stadt lebende. Erklärbar ist dies mit der „Hygiene-Hypothese“, wonach der frühkindliche Kontakt des Immunsystems mit Schmutz, Erregern und anderen Fremdstoffen das Allergierisiko senkt. Auch ist bewiesen, dass Kinder, die auf einem Bauernhof mit traditioneller Viehhaltung groß werden, ein besonders niedriges Risiko haben, an Heuschnupfen, Asthma und anderen Allergien zu erkranken.
Letztendlich ist es einem Wiener Forschungsteam gelungen, diesen Effekt zu erklären. Beta-Lactoglobulin kommt im Staub und in der unmittelbaren Umgebungsluft von traditionellen Kuhställen vor sowie in dort gewonnener Rohmilch. Das Besondere an Beta-Lactoglobulin ist seine spezielle Proteinstruktur. Mit deren Hilfe kann es Mikronährstoffe wie Eisen, Zink und Vitamin A zu den Immunzellen transportieren und in diese einschleusen. Diese Wirkweise ist bedeutsam, weil Allergiker einen für ihre Beschwerden mitverantwortlichen Mangel an diesen Nährstoffen haben.
Allergenkarenz
Das Ausmaß allergischer Symptome ist von der Allergenkonzentration in der Umgebung abhängig. Daher ist das Meiden des betreffenden Allergens oder zumindest die Reduktion seiner Menge die wirksamste Therapieoption. Pollen- allergikern, die in den kommenden Monaten ganz besonders leidgeplagt sein werden, können folgende Tipps helfen: Während des „individuellen Pollenflugs“ sollte der Aufenthalt in der Natur so kurz wie möglich sein, beispielsweise durch Verzicht auf Sport im Freien.
Betroffene sollten wissen, dass der Pollenflug auf dem Land morgens am stärksten ist und in der Stadt eher nachmittags bis abends. Bei starkem Pollenflug sind Fenster und Türen geschlossen zu halten. Sinnvoll ist zudem das Duschen und Haarewaschen vor dem Zubettgehen, was die Pollenmenge am Körper deutlich reduziert und einen ungestörten Schlaf ermöglicht. Vor diesem Hintergrund sollte auch die Straßenkleidung außerhalb des Schlafzimmers ausgezogen und abgelegt werden. In Autos haben sich spezielle Pollenfilter bewährt. Tageszeitlich aktuelle Informationen zum Pollenflug liefern unter anderem das Internet und spezielle Apps.