Beratungsfall Ernährung: Wechseljahre

- Leiden Frauen in den Wechseljahren unter den Auswirkungen der Hormonumstellung, sollten sie ihre Ernährung hinterfragen.
- Empfehlenswert ist eine vollwertige, ballaststoffreiche Kost mit einer ausreichenden Flüssigkeitsaufnahme.
- Vollkorn-, Milchprodukte, Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte sollten im Mittelpunkt stehen. Phytohormonreiche Lebensmittel können das Wohlbefinden steigern.
- Arzneitees mit schlaffördernden sowie schweißhemmenden Inhaltsstoffen fördern die nächtliche Ruhe und lindern Hitzewallungen.
- Ausreichende Bewegung und Entspannungsübungen wirken unterstützend.
Eine Frau mittleren Alters kommt in die Apotheke. Nachdem sich PTA Frau Walcher freundlich nach ihrem Anliegen erkundigt hat, berichtet sie, dass sie unter Wechseljahresbeschwerden leidet. Neben Hitzewallungen machen ihr besonders Verdauungsbeschwerden zu schaffen. „Mich plagt vor allem die Verstopfung“, berichtet die Kundin. „Abführmittel helfen zwar, die möchte ich aber nicht auf Dauer nehmen.“ Auch Schlafstörungen treten bei ihr immer häufiger auf. „Meist schlafe ich erst gegen zwei Uhr ein“, klagt die Frau. Müde und gereizt beginnt sie dann ihren Tag. „Haben Sie schon mit Ihrem Frauenarzt gesprochen?“, erkundigt sich die PTA. „Nein“, antwortet die Frau. „Ich möchte zunächst wissen, was ich selbst tun kann.“
Serie Beratungsfall Ernährung
01/2020: Wechseljahre
03/2020: Akne
05/2020: Colitis ulcerosa
07/2020: COPD
09/2020: Hämorrhoiden
11/2020: Neurodermitis
Beratungsgespräch
Frau Walcher weiß, dass die Beschwerden durch die Veränderung des Hormonhaushaltes hervorgerufen werden. Um die Lebensmitte herum lässt die Funktion der Eierstöcke langsam nach. Damit werden weniger Östrogene und Progesteron gebildet. Der Körper versucht, durch eine vermehrte Bildung des follikelstimulierenden Hormons in der Hypophyse, die Funktion der Eierstöcke anzukurbeln. Das gelingt ihm langfristig jedoch nicht. Die Aktivität der Eierstöcke nimmt kontinuierlich ab. Schließlich stellen diese die Produktion weiblicher Sexualhormone ganz ein.
Ein Eisprung findet nicht mehr statt, die Monatsblutung bleibt aus. „Der Wechsel von einer hormonaktiven in eine hormonfreie Zeit bedeutet für den Körper eine enorme Umstellung und beeinflusst viele Organsysteme. Manche Frauen spüren das sehr stark“, erklärt die PTA. „Zum Glück sind die unangenehmen Begleiterscheinungen irgendwann auch wieder vorbei. Über die Ernährung und mit anderen Selbsthilfemaßnahmen können Sie bereits einiges dafür tun, dass Sie sich besser fühlen“, sagt sie und nickt der Kundin aufmunternd zu.
Nachfragen
Um der Kundin passende Empfehlungen geben zu können, stellt Frau Walcher weitere Fragen. Sie möchte wissen, was sie schon gegen ihre Beschwerden getan hat, ob sie Medikamente einnimmt und wenn ja, welche. Darüber hinaus fragt sie nach ihren Ernährungsgewohnheiten. Die PTA erfährt, dass die Kundin außer einem Abführmittel keine Präparate einnimmt. Da sie voll berufstätig ist und abends keine Lust mehr zum Kochen hat, isst sie meist etwas Fertiges aus der Tiefkühltruhe, was sich schnell warm machen lässt. Tagsüber reichen ihr Brötchen und Snacks vom Bäcker. Nur am Wochenende hat sie Zeit, etwas Aufwändiges zu kochen.
Mehr Ballaststoffe
Da die Kundin erwähnt, dass sie unter Obstipation leidet, greift Frau Walcher dieses Thema auf. Sie erklärt, dass die nachlassende Östrogenbildung Darmträgheit fördert. Deshalb rät sie ihr zu einer ballaststoffreichen Kost. Diese erhöht das Stuhlgewicht, regt die Darmtätigkeit an, verkürzt die Verweildauer des Stuhls im Darm und bewirkt eine regelmäßige und leichte Stuhlentleerung. „Die von Ihnen bevorzugten Brötchen, Snacks und Fertiggerichte sind in der Regel ballaststoff- und nährstoffarm. Tauschen Sie diese gegen Vollkornbrot, -brötchen, -nudeln, Naturreis, Salzkartoffeln, Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte aus“, sagt die PTA.
„Damit versorgen Sie Ihren Körper zusätzlich mit Vitaminen und Mineralstoffen.“ „Beginnen Sie aber langsam mit der Umstellung, damit sich Ihr Körper an die faserreiche Kost gewöhnen kann. Sonst kann es sein, dass Sie plötzlich an Blähungen und Bauchschmerzen leiden. Weil vor allem die löslichen Ballaststoffe viel Wasser binden, ist es wichtig, dass Sie ausreichend trinken, mindestens 1,5, besser sogar zwei Liter Wasser, Tee oder Schorlen pro Tag. An Tagen, an denen Sie mit Schweißausbrüchen zu kämpfen haben, durchaus auch noch mehr“, ergänzt die PTA.
Weiterhin empfiehlt Frau Walcher, reichlich Naturjoghurt, Kefir, Quark und milchsauer eingelegtes Gemüse, wie Sauerkraut, zu essen, weil die enthaltenen Milchsäurebakterien die Darmtätigkeit unterstützen.
„Hilft dies alles nicht, können Sie zusätzlich täglich ein bis drei Esslöffel Leinsamen, Weizenkleie oder Flohsamen in Müsli oder Saft eingerührt zu sich nehmen“, ergänzt die PTA. „Hier ist es ebenfalls besonders wichtig, viel zu trinken. Nur dann können die Inhaltsstoffe im Darm gut quellen und ihre verdauungsfördernde Wirkung entfalten. Andernfalls besteht ein Risiko, dass die Quellstoffe im Darminneren verkleistern und es im schlimmsten Fall zu einem Darmverschluss kommt.
Salbei gegen Hitzewallungen
Um Schweißausbrüche zu lindern, empfiehlt die PTA Tee aus Salbeiblättern (Salvia officinalis L.). Die enthaltenen Inhaltsstoffe hemmen einer 2019 in der Fachzeitschrift BMC Complementary and Alternative Medicine veröffentlichten Studie zufolge den nervalen Signaltransfer, der für die Thermoregulation zuständig ist. Es wird weniger Schweiß produziert. Die Kundin sollte zudem auf Kaffee und alkoholische Getränke verzichten. Denn diese regen die Schweißbildung an. Das gilt auch für scharf gewürzte Speisen, beispielsweise mit Chili. Denn der Scharfmacher enthält Capsaicin, ein Alkaloid mit wärmeerzeugender Wirkung.
Phytohormone
Frau Walcher erzählt der Kundin, dass Asiatinnen kaum unter Wechseljahresbeschwerden leiden. Vermutet wird, dass dies unter anderem auf den hohen Gehalt an pflanzlichen Hormonen in den traditionell gegessenen Sojaprodukten zurückgeht. Sie ahmen die Wirkung der weiblichen Hormone nach. „Setzen Sie öfter Tofu oder Sojadrinks auf Ihren Speiseplan. Auch andere Hülsenfrüchte, Sprossen und Saaten enthalten Phytohormone und sollten reichlich verzehrt werden.“ Sie sind zudem reich an hochwertigem Eiweiß, das zum Erhalt der Muskelmasse in den Wechseljahren beiträgt.
Schlafstörungen bekämpfen
Da die Kundin unter Einschlafstörungen leidet, rät die PTA ihr, nicht zu spät zu essen. „Ihre letzte Mahlzeit sollte mindestens vier Stunden vor dem Zubettgehen liegen.“ Fettreiche voluminöse Speisen, die schwer im Magen liegen, sollte sie besser mittags zu sich nehmen. Für den Abend empfiehlt sie leicht verdauliche Gemüse- und Fleischgerichte. Kaffee, Schwarz- und Grüntee, Colagetränke und andere koffeinhaltige Getränke sowie Sekt können wegen ihrer aufputschenden Wirkung das Einschlafen behindern und Hitzewallungen begünstigen. „Bevorzugen Sie schlaffördernde Arzneitees“, empfiehlt die PTA und verweist auf Tees mit Lavendelblüten, Melissenblättern und Baldrianwurzel. „Meine Freundin hat mir geraten, jeden Abend warmes Bier zu trinken, um besser einzuschlafen“, sagt die Kundin. Frau Walcher rät davon ab: „Der Hopfen fördert zwar das Einschlafen, größere Mengen Alkohol stören jedoch das Durchschlafen.“ Hinzu kommt die Gefahr der Sucht. Besser ist warme Milch mit Honig. Denn Milch enthält Tryptophan, das zum schlaffördernden Neurotransmitter Serotonin umgewandelt wird.
Ergänzende Tipps
„Vielen Dank für die Tipps“, sagt die Frau und verspricht, sie zu berücksichtigen. „Gerne“, entgegnet Frau Walcher und gibt ihr abschließend noch weitere mit auf den Weg.
Knochengesundheit-- In und nach den Wechseljahren fehlt die knochenschützende Wirkung der Östrogene. Um einen Knochenabbau nicht zu begünstigen, empfiehlt die PTA, ausreichend Calcium mit Milch, Joghurt, Quark und Käse aufzunehmen. Gleichzeitig liefert das Eiweiß für den Muskelerhalt. Auch calciumreiches Mineralwasser trägt zu einer guten Versorgung mit dem Mineralstoff bei. Bedeutsam für die Calciumaufnahme ist eine gute Vitamin-D-Versorgung. „Greifen Sie ruhig zu bei Hering oder Lachs“, rät die PTA, „Diese liefern Vitamin D. Und bewegen Sie sich draußen in der Sonne, um Ihre körpereigene Vitamin-D-Produktion anzukurbeln.“
Bewegung und Entspannung-- Die PTA empfiehlt Ausdauersport wie Schwimmen, Walken und Joggen und Entspannungsübungen. „Damit aktivieren Sie Ihre Darmtätigkeit, stärken Muskeln und Knochen und bauen Stress ab.“
Beate Ebbers ist Diplom Oecotrophologin. Im „Beratungsfall Ernährung“ gibt sie Tipps, mit denen Sie Ihre Beratung ergänzen können.