Biohacking: Selbstoptimiert

Wie so oft schwappte der Trend aus den USA zu uns herüber. Dort erlangte Biohacking erstmals 2005 größere Bekanntheit. Der Begriff setzt sich aus „Bio“ für das Leben und „Hacking“ für Entschlüsselung und Kontrolle zusammen. Wer dem Trend folgt, möchte ein besseres Lebensgefühl, mehr Leistungsstärke, Gesundheit und maximale Zufriedenheit erreichen.
Lifestylekonzept
Wer unter dem Stichwort „Biohacks“ im Internet sucht, dem werden sehr viele verschiedene Hacks angezeigt. Meist wird empfohlen, diese flexibel und individuell einzusetzen. Dabei ist zu beachten, dass es sich eher um ein Lifestylekonzept als um eine wissenschaftlich fundierte Methode handelt. Zwar sind viele Hacks sinnvolle Empfehlungen. Doch ein ständiges Streben nach Selbstoptimierung kann auch krank machen und in einer Sucht nach Perfektionismus enden, warnt zum Beispiel die gesetzliche Krankenversicherung AOK. Moderat praktiziert, könne Biohacking allerdings dabei helfen, Burn-out, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Adipositas und weiteren Folgen einer ungesunden Lebensweise mit zu viel Stress entgegenzuwirken.
Wer beschließt, Biohacking einmal auszuprobieren, startet sinnvollerweise mit einem Gesundheitscheck beim Arzt.
Drei Säulen
Das Konzept Biohacking umfasst drei Säulen: Ernährung, Körper und Geist. Im Kern geht es darum, zur ursprünglichen, natürlichen Lebensweise zurückzukehren sowie ein Bewusstsein für den eigenen Körper und die eigenen Bedürfnisse zu entwickeln.
Ernährung
Bei der Ernährung wird konsequent darauf geachtet, dass die Versorgung mit allen wichtigen Mikro- und Makronährstoffen optimal ist. Dabei wird auch zu Nahrungsergänzungsmitteln gegriffen. Diese sollen die grundsätzlich gesunde Ernährung allerdings nicht ersetzen. Die Basis bildet eine ketogene Ernährungsweise. Darunter zu verstehen ist eine Low-Carb-Kost (z. B. Paleo-Diät), die darauf abzielt, den Stoffwechselzustand der Ketose zu erreichen, damit der Körper Fett anstelle von Kohlenhydraten zur Energiegewinnung nutzt. Der Fokus der Ernährung liegt auf Gemüse und Obst, hochwertigem Fleisch und Fisch. Gemieden werden neben Kohlenhydraten ungesunde und potenziell schädliche Lebensmittel. Hierzu zählt der Verzicht auf Alkohol, Zucker sowie künstliche Zusatzstoffe und stark verarbeitete Lebensmittel.
Biohacking-Pionier Dave Asprey hat mit der „Bulletproof“ Diät ein eigenes ketogenes Konzept entwickelt. Es setzt unter anderem auf Fette wie Weidebutter, MCT-Öl oder Kokosöl und Fleischsorten von Tieren aus Weidehaltung und folgt dem Grundsatz „Qualität statt Quantität“. Einmal pro Woche sollen es nicht mehr als 15 Gramm Eiweiß sein.
(Intervall-)Fasten-- Die ketogene Ernährungsweise wird in Verbindung mit Intervallfasten propagiert, also zum Beispiel 18 Stunden fasten, in den restlichen sechs Stunden des Tages erfolgt die Nahrungsaufnahme (18/6-Methode).
Hintergrund: Beim Fasten werden autophagische Prozesse aktiviert. Bei diesem körpereigenen Selbstreinigungsmechanismus werden beschädigte oder falsch gefaltete Proteine in den Zellen zu neuen Proteinen, Fetten oder Nukleinsäuren recycelt. Warum das wichtig ist, beschreibt die Professorin Katja Simon, Leiterin der AG „Zellbiologie der Immunität“ am Max Delbrück Center wie folgt: „Wenn Autophagie ausbleibt, altern Zellen schnell, weil sie kranke Mitochondrien und andere störende Organellen anhäufen.“ Werden autophagische Prozesse also durchs Fasten oder eine dauerhafte Kalorienreduktion angekurbelt, könne das zum Beispiel das Altern von Immun- und Nervenzellen verlangsamen.
Das sollen Biohacks bewirken

Beim Biohacking wird ganzheitlich gedacht. Ziel ist es, bis ins hohe Alter leistungsstark und gesund zu bleiben.
© Foto: DAS PTA MAGAZIN
Körper
Der Körper wird durch Herz-Kreislauf-Training, Kraftsport, hochintensives Intervalltraining und ausreichende Regenerationsphasen optimiert. Biohacker setzen zudem auf viel Bewegung im Alltag und legen Wert auf erholsamen Schlaf, gegebenenfalls mit einer Schlafmaske.
Darüber hinaus versuchen sie, ihren Alltag an den zirkadianen Rhythmus anzupassen, beispielsweise mittels Lichttherapielampen oder indem sie abends „blaues Licht“ von elektronischen Geräten meiden, indem sie spezielle Blaufilterbrillen aufsetzen. Ebenfalls beliebt: Eisbäder und Infrarotkabinen.
Geist
Mit Blick auf einen gesunden Geist verfolgen die Selbstoptimierer das Ziel, ein positives Selbstbild und eine positive Lebenseinstellung zu entwickeln. Das kann zum Beispiel mit dem Hack „richtige Wortwahl“ erreicht werden: Wer das Wort „aber“ durch „und“ ersetzt und das Wort „müssen“ durch „dürfen“, kommt positiver ins Handeln und stellt die Möglichkeiten in den Vordergrund und nicht die Einschränkungen, so die Begründung dafür.
Die mentale Gesundheit stärken Achtsamkeits- und Entspannungsübungen, Meditation und Atemübungen. Biohacker praktizieren oft ein bewusstes Wahrnehmen positiver Erlebnisse und Dankbarkeit und etablieren morgendliche und abendliche Routinen wie eine kalte Dusche am Morgen, eine kurze Meditationseinheit vor dem Einschlafen oder das Führen eines Dankbarkeitstagebuchs.
Auch Digital Detox, also der Verzicht auf digitale Geräte für einen bestimmten Zeitraum, ist ein Hack, der gegen Müdigkeit und depressive Verstimmungen helfen soll.
Hilfsmittel
Technische Gadgets wie Wearables und Aktivitätstracker für den Schlaf sind Standard für viele überzeugte Biohacker. Manche setzen zusätzlich auf eher pseudowissenschaftliche Methoden wie Magnetfeldtherapien zur Muskelstimulation, spezielle Kleidung, die vor Elek-trosmog schützen soll, oder Kompressionsstiefel, die das Hormon Oxytocin, umgangssprachlich als Kuschelhormon bekannt, freisetzen sollen.
Wussten Sie, dass ...
- der US-Amerikaner Dave Asprey Vorreiter der Biohacking-Bewegung ist und sich zum Ziel gesetzt hat, durch Selbstoptimierung 180 Jahre alt zu werden?
- Asprey das Altern mit einem Tod durch tausend Nadelstiche vergleicht, die er mithilfe von Biohacks reparieren oder gar nicht erst entstehen lassen will?
- der Amerikaner die „Bulletproof Coffees“ erfunden hat, eine Art „Keto-Kaffee“ aus frischem Filterkaffee, ungesalzener Weidebutter und Kokosöl oder MCT-Öl?
- der „Bulletproof Coffee“ etwa 400 Kilokalorien enthält und das Frühstück ersetzen soll?