Evidenzbasierte Pharmazie: Fall-Kontroll-Studien

Retrospektiv beobachtend
Bei der Planung einer Fall-Kontroll-Studie werden zunächst die Fälle definiert, anschließend geeignete Kontrollen gewählt. Bei guten Studien ähneln sich die Merkmale der Fall- und Kon- trollgruppe, zum Beispiel in Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Begleiterkrankungen. Die Zuordnung von Kontrollen wird Matching genannt. Unterschieden wird hierbei zwischen Gruppen-Matching (gleich große Fall- und Kontrollgruppen, bis max. dem Vier-Fachen als Kontrolle) und individuellem Matching, bei dem jedem Fall genau eine Kontrolle zugeordnet wird.
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Sie gelten als Goldstandard in der evidenzbasierten Pharmazie und Medizin, wenn es um den Nachweis einer Ursache-Wirkungsbeziehung geht: randomisierte kontrollierte Studien (RCT). Lesen Sie, warum.
Um einen Zusammenhang herstellen zu können, muss bei Fall-Kontroll-Studien die Vergangenheit rekonstruiert werden. Anschließend werden die Ergebnisse der Fall- mit denen der Kontrollgruppe verglichen. Im Idealfall zeigt sich für den Fall ein bestimmtes Merkmal, das nur in dieser Gruppe vorkommt. In diesem Zusammenhang ist die Odds Ratio eine wichtige Maßzahl.
Odds Ratio
Mit Hilfe der Odds Ratio, auch Chancenverhältnis genannt, lassen sich Aussagen darüber treffen, wie wahrscheinlich ein vermuteter Risikofaktor (z. B. fettreiche Ernährung) mit einer bestimmten Erkrankung (z. B. Herzinfarkt) zusammenhängt. Ein Wert größer 1 heißt, die Chancen (odds) in der Fallgruppe sind größer als in der Kontrollgruppe. Ein Wert kleiner 1 bedeutet das Gegenteil. Liegt die Odds Ratio bei 1, ist die Chance, aufgrund des Risikofaktors zu erkranken, in beiden Gruppen gleich groß.
Quelle: u. a. J. Günther, B. Schindler, K. Suter-Zimmermann, M. Briel, I. Hinneburg: Evidenzbasierte Pharmazie, Deutscher Apotheker Verlag 2018.
Info Plus
Fall-Kontroll-Studien sind relativ schnell und kostengünstig durchzuführen und werden oft für epidemiologische Fragestellungen verwendet. Sie eignen sich vor allem für die Untersuchung seltener Erkrankungen / unerwünschter Arzneimittelwirkungen oder Erkrankungen mit sehr langer Exposition gegenüber bestimmten Risikofaktoren. Fall-Kontroll-Studien bergen allerdings das Risiko für systematische Fehler.
Denn es ist mitunter schwer, die Vergangenheit nicht aus Sicht der gegenwärtigen Umstände der „Fälle“ zu interpretieren. Eine weitere potenzielle Fehlerquelle ist eine schlecht gewählte Kontrollgruppe, also ein unpassendes Matching. Das kann Ergebnisse verzerren (Bias) und zu falschen Rückschlüssen führen.