Interpharm 2025: Mehr als Fortbildung

Die Kindergesundheit war eines der Schwerpunktthemen auf der diesjährigen Interpharm. Dr. Meike Criswell, Geschäftsfeldleiterin Phytopharmaka / Homöopathika / Anthroposophika beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) wies in ihrem Vortrag auf dringend zu lösende Probleme bei der Versorgung von pädiatrischen Patienten hin. So müsse verhindert werden, dass Hersteller die Produktion von Kinderarzneimitteln ins Ausland verlagern, weil sie in Deutschland zu unrentabel ist. Wo das bereits geschehen ist, sollten Anreize geschaffen werden, wieder in Europa zu produzieren.
Dr. Julia Haering-Zahn stellte die evidenzbasierte Datenbank kinderformularium.de vor, die für die Apotheke von großem Nutzen sein kann. Denn dort findet man unter anderem Informationen zu Dosierungen von Wirkstoffen für das Kindesalter. Auf „Red flags“ in der Pädiatrie ging der Kinder- und Jugendarzt Dr. Nibas Naami in seinem Vortrag ein. Darunter sind Symptome zu verstehen, bei denen Kinder ohne Zeitverzug einem Pädiater vorgestellt werden müssen, da ansonsten schwerwiegende gesundheitliche Folgen auftreten können. Als eines der „rotesten Tücher“ in der Kinderheilkunde nannte Naami das Nüchternerbrechen, also ein Erbrechen am Morgen ohne vorherige Nahrungsaufnahme.
Dies könnte auf ein Medulloblastom hinweisen, ein sehr häufiger Tumor bei Kindern. Auch die Kussmaul’sche Atmung, benannt nach dem Arzt Adolf Kussmaul, ist ein ernstes Warnzeichen. Diese sehr tiefe und geräuschvolle Atmung tritt bei einer metabolischen Azidose auf, etwa wenn bei einem Menschen mit Diabetes der Stoffwechsel entgleist.

Die Interpharm 2025 im Haus der Wirtschaft in Stuttgart bot im Juni pharmazeutische Fortbildung auf höchstem Niveau. Die Livefortbildung richtete sich an das gesamte Apothekenteam, im Internet und vor Ort.
© Foto: Alex Schelbert / Deutscher Apotheker Verlag
Die Haut im Fokus
Auch das wichtige Thema Hautgesundheit wurde auf der Interpharm von verschiedenen Seiten beleuchtet. So berichtete die Kosmetikwissenschaftlerin Dr. Meike Streker, dass das Älterwerden und die damit verbundene Faltenbildung bei vielen Menschen nicht mehr nur negativ gesehen werden. Deshalb sei auch der Begriff Anti-Aging nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen werden häufiger Marketingbegriffe wie Well-Aging oder Slow-Aging verwendet. Zu vielen Wirkstoffen in Apotheken-Kosmetika gibt es Wirksamkeitsbelege aus Studien.
Der Arzt Dr. Mario Wirth sagte, dass viele Menschen heute nicht mehr bereit sind, sich aufwändigen Schönheits-OPs zu unterziehen, bei denen sie tagelang ausfallen. Stattdessen liegen minimalinvasive Eingriffe wie das Fadenlifting und Behandlungen mit Botulinumtoxin A, Hyaluronsäure-Fillern oder den neueren Biostimulatoren wie Poly-L-Milchsäure im Trend. Eine besondere Herausforderung im Bereich Hautgesundheit sind chronische Wunden, die bei vielen Grundkrankheiten wie Diabetes mellitus auftreten.
Sowohl der Apotheker Christian Fiedler als auch der Pflegefachwirt Maik Stendera ermutigten in ihren Vorträgen dazu, sich auf dem Gebiet der Wundversorgung weiterzubilden. Wundexpertin Nataša Dzinic berichtete, dass bei der Versorgung chro- nischer Wunden auch eine gute Kommunikation zwischen Patienten, Angehörigen und Pflegekräften sowie die Dokumentation eine wichtige Rolle spielen. Um die Rezepturhaltbarkeit ging es im Vortrag von Dr. Kirsten Seidel.
Bekanntlich lässt sich bei Rezepturen ein mikrobielles Wachstum durch eine Lagerung im Kühlschrank verlangsamen. Vorsicht ist aber geboten, wenn in diesem Temperaturbereich eine Rekristallisation von Wirkstoffen auftreten kann. Werden dagegen konservierte Rezepturen mit chemisch stabilen Substanzen abgegeben, können Patienten diese bei Raumtemperatur aufbewahren.

Die Interpharm 2025 bot Apothekern, PTA und weiteren Fachkräften aus der Pharmazie ein vielfältiges Programm. Mit Fachvorträgen, Seminaren und einer begleitenden Ausstellung steht der Austausch zu pharmazeutischen Themen im Mittelpunkt
© Foto: Alex Schelbert / Deutscher Apotheker Verlag
Das Auge im Blick
Reizungen und Entzündungen am Auge zählen ebenfalls zu den häufigen Beratungsthemen in der Apotheke. Häufig unterschätzt wird die Lidrandpflege. Sie kann bei Symptomen des Trockenen Auges unterstützend wirken, aber auch bei Entzündungen. Feucht-warme Kompressen und Lidrandmassage helfen, das Sekret der Meibom-Drüsen besser abfließen zu lassen, sagte der Augenarzt Prof. Dr. med. Wolfgang Behrens-Baumann.
Während eine milde Bindehautentzündung (Konjunktivitis) noch unter die Selbstmedikation, beispielsweise mit antiseptischen Augentropfen fällt, trifft das auf Infektionen anderer Augenhäute wie der Uvea nicht mehr zu, sagte Augenarzt Dr. Marius Metz. Wichtig sei hier vor allem die Anamnese. Wenn Menschen beispielsweise im Garten arbeiten und dabei organisches Material ins Auge gelangt, kommt es nicht selten zu einer Pilzinfektion.
Dagegen ist bei Kontaktlinsenträgern das Risiko bakterieller Infektionen erhöht, beispielsweise wenn die empfohlene Tragedauer überschritten oder die Desinfektion und Pflege der Linsen nicht ernst genug genommen werden.

Kinderarzt Dr. Nibras Naami von @handfussmund signierte seine Bücher „Sag ma Aaah“ und „Kompass Kindermedizin“, die er mit Florian Babor geschrieben hat.
© Foto: Alex Schelbert / Deutscher Apotheker Verlag
Die Vielfalt der Arzneiformen
An schnell freisetzenden Arzneiformen wird intensiv geforscht, berichtete Juniorprofessor Dr. Philipp Uhl. Zukünftig könnte es Oralia wie Tabletten oder Schmelzfilme aus dem Drucker geben. Thema des Vortrags von Prof. Dr. Rolf Daniels waren dagegen die verzögert freisetzenden Kontrazeptiva. Hier hat die Entwicklung zu immer anwenderfreundlicheren Präparaten geführt.
So müssen die Vertreter der neuen Vaginalring-Generation nicht mehr im Kühlschrank gelagert werden. Menschen mit Autoimmunkrankheiten, die ein Biologikum als Pen oder Spritze erhalten, sind bei der Anwendung oft überfordert und dankbar für Anwendungshinweise. Apothekerin Dr. Verena Stahl gab zahlreiche Tipps, wie sie in der Apotheke unterstützt werden können.