Mönchspfeffer: Symbol der Keuschheit

Vitex agnus-castus ist als Mönchspfeffer oder Keuschlamm bekannt. Seine pfeffrig schmeckenden Früchte werden als Droge Agni casti fructus bei vielfältigen Frauenleiden verwendet, wie Regeltempoanomalien, prämenstruellen Störungen und Mastodynie.

von Petra Schicketanz
30.05.2025

Blüten von Mönchspfeffer
© Foto: maunzel / Getty Images / iStock
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  • Aus den nach Pfeffer schmeckenden reifen Früchten des Mönchspfeffers (Vitex agnus-castus) wird die Droge Agni casti fructus gewonnen.
  • Zubereitungen aus Mönchspfeffer helfen bei unregelmäßiger und schmerzhafter Periodenblutung, Prämenstruellem Syndrom sowie Spannungsgefühlen und Schmerzen in der Brust.
  • Volksmedizinisch werden Agnus castus-Präparate auch bei Folgen von Gelbkörperinsuffizienz und Östradioldominanz eingesetzt, u. a. bei unerfülltem Kinderwunsch und Wechseljahresbeschwerden.

Bereits in der Antike war der Mönchspfeffer eine Symbolpflanze der Enthaltsamkeit, und der griechische Arzt Dioskurides beschrieb seine Wirkung als Anaphrodisiakum. Die getrockneten Blätter waren bei Priesterinnen und später auch bei NonnenTeil des Lagerstrohs („Liebfrauenbettstrohkräuter“). Gleichzeitig wirkte die blättrige Matratzeneinlage entzündlichen Wunden entgegen. Im Mittelalter nutzten Nonnen wie auch Mönche die Früchte als Pfefferersatz, der ihnen zugleich die Unterdrückung des Geschlechtstriebes erleichtern sollte. In der Antike wurden Mönchspfeffersamen zudem bei Tierbissen, Milzschwellung und Wassersucht verwendet, außerdem bei Verletzungen und Entzündungen. Heute sind es vor allem gynäkologische Störungen, bei denen Agnus-castus-Extrakte zum Einsatz kommen.

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Arzneipflanze des Jahres 2022

Die Stammpflanze Vitex agnus-castus gehört zur Familie der Lippenblütler (Lamiaceae) und wächst als bis zu fünf Meter hoher Strauch oder Baum im Mittelmeerraum an Meeresküsten sowie an Bach- oder Flussufern. Der wissenschaftliche Namenszusatz agnus-castus stammt aus dem Lateinischen für Lamm (agnus) und keusch (castus), was sich in der deutschenBezeichnung Keuschlamm widerspiegelt. Im Jahr 2022 wurde der Mönchspfeffer zur Arzneipflanze des Jahres gekürt. Keuschlammfrüchte (Agni casti fructus) enthalten unter anderem die Iridoidglykoside Aucubin und Agnusid, verschiedene Flavonoide und ätherische Öle, deren Hauptkomponente Bornylacetat ist.

Kommission E

Die Positivmonografie der Kommission E empfiehlt die Anwendung von Fertigpräparaten, die mit einem wässrig-alkoholischen Extrakt aus Keuschlammfrüchten einer Tagesdosis von 30 bis 40 Gramm Droge entsprechen. Anwendungsgebiete sind Regeltempoanomalien (Amenorrhoe, Dysmenorrhoe), Menstruationsstörungen infolge einer Gelbkörperinsuffizienz, Prämenstruelles Syndrom (PMS) sowie Spannungsgefühlen und Schmerzen in der Brust (Mastodynie).

Die Präparate sollten bei ausbleibender oder zu seltener Menstruationsblutung über sechs Wochen eingenommen werden, bei Fertilitätsstörungen mindestens über drei Zyklen. Zusätzlich wird bei unklaren Beschwerden die diagnostische Abklärung durch einen Arzt angeraten. In Schwangerschaft und Stillzeit sind die Produkte kontraindiziert. Eine mögliche Nebenwirkung sind juckende Ausschläge, die auf eine Unverträglichkeit hinweisen.

European Medicines Agency

Die EMA-Monografie Vitex agnus-castus L., fructus aus dem Jahr 2015 beschreibt Mönchspfefferfrüchte als pulverisierte Droge, Tinktur und Trockenextrakt. Als well-established use gilt die orale Anwendung bei PMS, wobei sie aufgrund der unzureichenden Datenlagen nur erwachsenen Frauen ab 18 Jahren empfohlen wird. Dasselbe gilt für Schwangerschaft und Stillzeit. Bei Unverträglichkeit darf die Droge nicht verwendet werden.

Ein Arzt sollte zu Rate gezogen werden bei Frauen mit Östrogen-abhängigem Brustkrebs, Störungen der Hypophysenfunktion oder Prolaktin-freisetzenden Tumoren in der Anamnese; ebenso bei gleichzeitiger Verwendung von Dopaminagonisten, Dopaminantagonisten, Östrogenen und Antiöstrogenen. Ärztlicher oder pharmazeutischer Rat ist ebenfalls nötig, wenn sich die Symptome unter der Behandlung verschlimmern.

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Keuschlammfrüchte enthalten verschiedene natürliche Wirkstoffe wie Aucubin und Agnusid, außerdem Flavonoide und ätherische Öle.
© Foto: Elen Marlen / Getty Images / iStock

Pharmakologie

Laut der EMA-Monografie zu Mönchpfeffer zeigten klinische Studien dopaminerge Effekte sowie die Hemmung der Prolaktinfreisetzung. Allerdings gilt die Senkung eines erhöhten Prolaktinspiegels durch Agnus-castus-Früchte nicht eindeutig als nachgewiesen. Zum Angriff an Östrogenrezeptoren sowie einer beta-endorphin-ähnlichen Aktivität (möglicherweise über Bindung an Opiatrezeptoren) liegen widersprüchliche Studienergebnisse vor. Im Hinblick auf eine Behandlung von Frauen mit Östrogen-sensitivem Brustkrebs ist ein möglicher Angriff auf Östrogenrezeptoren wichtig.

Eine Wirkung auf die Endorphinrezeptoren könnte am Zyklusende eine Rolle spielen, denn wenn die Blutspiegel an Östrogenen und Progesteron in dieser Phase abfallen, sinkt auch der zentrale Endorphinspiegel. Das kann bei manchen Frauen im Rahmen eines PMS zu einer Schmerzhaftigkeit und Stimmungslabilität führen, die an einen Opiatentzug erinnern.

Prolaktin-- Das Wachstumshormon für die Brustdrüsen kann den Eisprung in der Stillzeit unterdrücken und steigert das Brutpflegeverhalten. Ein zu hoher Prolaktinspiegel gehört zu den häufigsten Ursachen von sekundärer Amenorrhoe (Ausbleiben der Menstruationsblutung über längeren Zeitraum), Oligomenorrhoe (zu seltene Menstruationsblutung) und Polymenorrhoe (zu häufige Monatsblutung).

Dopamin-- Der oft als „Glückshormon“ bezeichnete Neurotransmitter hemmt die Prolaktinfreisetzung. Über dopaminerge Effekte an Rezeptoren im Zentralen Nervensystem werden zudem psychische, motorische und somatische Beschwerden gelindert, die im Rahmen eines PMS auftreten.

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Mönchspfeffer gedeiht bevorzugt in warmen, sonnigen Regionen mit gut durchlässigem Boden. In ihrer natürlichen Umgebung wächst die Pflanze als mehrjähriger Strauch oder kleiner Baum und trägt von Juli bis September ihre charakteristischen violetten Blüten.
© Foto: Anna / stock.adobe.com

Volksmedizin

Neben den beschriebenen Indikationen wird Mönchspfeffer in der Volksmedizin zudem eingesetzt, um einer hormonellen Dysbalance entgegenzuwirken, die durch einen relativen Östradiolüberschuss (Östradioldominanz) gekennzeichnet ist. Dabei ist das Mengenverhältnis von Östradiol zu seinem Gegenspieler Progesteron unausgewogen. Diese Disbalance steht oftmals im Zusammenhang mit der Einnahme hormoneller Kontrazeptiva, der Zeit vor den Wechseljahren und dauerhaftem Stress.

Neben PMS können der Eisprung ausbleiben, sich Ödeme ausbilden (schmerzhafte Brustschwellung) sowie Zyklusanomalien und migräneartige Kopfschmerzen auftreten; ebenso kommt es unter anderem zu Stimmungsschwankungen, Ängsten, Panikattacken, Schwindel, Burnout, Schlafstörungen und Konzentrationsproblemen sowie Übergewicht und Schilddrüsenunterfunktion.

Kinderwunsch-- Die Anwendung von Mönchspfeffer über mindestens drei Monate wird in der Volksmedizin besonders dann als erfolgversprechend angesehen, wenn gleichzeitig der Prolaktinwert erhöht ist. Die zyklusregulierende Wirkung bei unregelmäßiger oder ausbleibender Regelblutung wird auch zur Erfüllung eines Kinderwunsches genutzt, wenn die Unfruchtbarkeit auf eine Gelbkörperinsuffizienz zurückzuführen ist. Der Gelbkörper (Corpus luteum) wird in der zweiten Zyklushälfte gebildet und produziert das schwangerschaftserhaltende Hormon Progesteron, das unter anderem für den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut verantwortlich ist.

Wechseljahre-- Der hormonausgleichende Effekt des Mönchspfeffers kann dazu beitragen, klimakterische Beschwerden zu mildern. Besonders im Präklimakterium hilft er, die Balance zwischen Östrogenen und Progesteron auszugleichen, und wirkt so einer relativen Östrogendominanz entgegen.

Homöopathie-- Aus den reifen Früchten des Mönchspfeffers wird das homöopathische Mittel Agnus castus gewonnen. Dessen Hauptwirkung liegt im Sexualbereich: männliche Impotenz mit kalten, erschlafften Geschlechtsteilen, fehlendem Verlangen und hart geschwollenen Hoden oder weibliche Amenorrhoe, gelblicher Vaginalausfluss und von depressiver Stimmung begleiteter Milchmangel nach der Geburt. Bewährte Indikationen sind Analfissuren, Depressionen, Fluor, Gonorrhoe, Hodenschwellung, Impotenz, Milchmangel, Milzschwellung und Verrenkungen. In Hinblick auf die Libido wirken geringe Dosen fördernd; mit höheren Dosen kann dagegen eine übermäßige Libido gesenkt werden.

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