Serie Fresh-up: Levodopa

Morbus Parkinson ist eine der am häufigsten auftretenden degenerativen Nervenerkrankungen mit zahlreichen motorischen Symptomen. Levodopa kann als Prodrug die Bluthirnschranke passieren und wird im Gehirn zum benötigten Botenstoff Dopamin umgebaut.

von Petra Schicketanz
27.06.2025

Hand mit Wasserglas in Bewegung
© Foto: Alessandro Grandini / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)
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Serie Fresh-up

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05/2025 Doxycyclin
06/2025 Hydroxychloroquin
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08/2025 Glyceroltrinitrat
09/2025 Infliximab
10/2025 Ciclosporin
11/2025 Donepezil
12/2025 Tirzepatid

Jakob Wentzel gehört zu den langjährigen Stammkunden der Apotheke. Heute kommt er in Begleitung seiner Nichte, die sich seit einiger Zeit um den 73-Jährigen kümmert, denn Herr Wentzel leidet am idiopathischen Parkinson-Syndrom (IPS). Er grüßt kurz, dann schlurft er vornübergebeugt mit kleinen Schritten in Richtung Sitzecke, plumpst mit einer steifen Bewegung auf einen Stuhl und vertieft sich mit zittrigen Händen in die ausliegende Apothekenzeitschrift.

Die PTA muss bei seinem Anblick an ein Schaubild aus ihrem Lehrbuch denken, auf dem die typischen Parkinsonsymptome dargestellt waren: das Mimik-arme Maskengesicht, das Tremor genannte Muskelzittern und die wächserne Muskelstarre (Rigor), eine instabile Haltung sowie die verlangsamten Bewegungen (Brady- oder Hypokinese) bis zur Bewegungslosigkeit (Akinese).

Bei der idiopathischen Parkinsonerkrankung sterben die Dopamin-produzierenden Zellen im motorischen Zentrum des Gehirns (Substantia nigra) aus unbekannten Gründen ab. Den Prozess kann man bislang noch nicht aufhalten. Stattdessen lassen sich aktuell nur die Symptome lindern.

Das Kernproblem bei Morbus Parkinson ist der Dopaminmangel.
 

Illustration: Nervenzellen stellen Dopamin her.

Die Zerstörung der Dopamin-produzierenden Nervenzellen in der Substantia nigra führt zu den charakteristischen Bewegungssymptomen der Parkinsonkrankheit.
© Foto: Mohammed Haneefa Nizamudeen / Getty Images / iStock

Hintergrund

Die PTA öffnet das E-Rezept und erklärt der wartenden Nichte: „Ihr Onkel bekommt nun Levodopa in Kombination mit Benserazid.“
„Von L-Dopa habe ich schon gehört“, nickt diese, „das ist doch eine Vorstufe von Dopamin, das bei Parkinsonpatienten im Gehirn fehlt. Aber was macht der zweite Wirkstoff?“
„Ganz richtig“, bestätigt die PTA. „Kernproblem bei Parkinson ist ein Dopaminmangel. Doch da Dopamin als Arzneimittel nicht die Bluthirnschranke passieren kann, muss dessen Vorstufe als Prodrug gegeben werden, um überhaupt ins Gehirn zu gelangen und sich dort in die aktive Form zu wandeln. Der Zusatz Benserazid wandert nicht ins Gehirn. Er hemmt im restlichen Körper die L-Dopa-Decarboxylase. Das ist das Enzym, das L-Dopa abbaut. Ohne diesen Zusatz würde der Großteil des als Arzneimittel verabreichten L-Dopas unwirksam werden, bevor er das Gehirn erreicht.“

„Könnte man stattdessen nicht einfach mehr L-Dopa geben?“, fragt die interessierte Nichte.
„Das wäre nicht sinnvoll, denn L-Dopa wirkt auch außerhalb des Gehirns und führt dort zu unerwünschten Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Schwindel beim Aufstehen oder Herzrhythmusstörungen. Die möchte man natürlich so gering wie möglich halten.“

Hinweis

„Warum hat mein Onkel dieses Prodrug nicht gleich bekommen?“
„Bei Patienten unter 70 Jahren, die noch eine längere Lebenserwartung haben, versucht man zu Beginn der Therapie erstmal die Wirkung des Dopamins durch Wirkstoffe aus der Gruppe der Dopaminagonisten zu imitieren, denn die Therapiedauer mit L-Dopa ist zeitlich begrenzt. Nach mehreren Jahren kann unter L-Dopa eine Wirkungsfluktuation eintreten.

Dabei kommt es zu On-off-Symptomatik genannten Problemen. Dabei wechseln sich Phasen ab, in denen das Medikament wirksam ist, mit Phasen einer verminderten bis fehlenden Wirksamkeit. Diesen Zustand möchte man mit einer spät einsetzenden L-Dopa-Therapie so lange wie möglich hinauszögern.“

Frau unterstützt älteren Mann beim Gehen. Das Gesicht des Mannes ist glänzend und maskenhaft.

Ein sehr typisches Parkinsonsymptom ist ein maskenhaftes, glänzendes Gesicht, das auch Salbengesicht genannt wird.
© Foto: Pixel-Shot/ stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodellen)

Extra

„Die Dosierung richtet sich nach der Schwere der Symptomatik und der Verträglichkeit“, ergänzt die PTA. „Damit möglichst wenig Nebenwirkungen auftreten, erfolgt sie langsam einschleichend und unter Vermeidung hoher Einzeldosen. Der Arzt kann Ihrem Onkel zum Einstieg 100 bis 200 Milligramm Levodopa mit entsprechend 28,5 bis 57,0 Milligramm Benserazidhydrochlorid verordnen und diese jeden 3. bis 7. Tag um jeweils 50 bis 100 Milligramm Levodopa mit 14,25 bis 28,5 Milligramm Benserazidhydrochlorid steigern.

Genaues entnehmen Sie bitte dem Medikationsplan, den Ihnen der Arzt ausgehändigt hat. Da Nahrungseiweiß die Aufnahme von L-Dopa stört, geben Sie Ihrem Onkel das Medikament 30 bis 60 Minuten vor oder nach einer Mahlzeit. Treten zu Beginn der Therapie Magen-Darm-Beschwerden auf, können Sie ihm das Mittel auch mit Zwieback oder ähnlich proteinarmen Nahrungsmitteln geben, das lindert die Beschwerden.

Bitte informieren Sie über auftretende Nebenwirkungen den Arzt und setzen Sie das Mittel auch später auf gar keinen Fall eigenmächtig schlagartig ab, da das nach längerer Therapiedauer zum malignen Dopa-Entzugssyndrom führen kann, einer schweren gesundheitlichen Krise.“

Da Herr Wentzel Stammkunde ist, kontrolliert die PTA abschließend die Neuverordnung auf Interaktionen mit der vorhandenen Medikation. Mit Levodopa bestehen unter anderem Wechselwirkungsmöglichkeiten mit Anticholinergika, Antihypertensiva, Antipsychotika, MAO-Hemmern, Sympathomimetika, sowie Eisen, Opioiden und Metoclopramid.

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