Serie Fresh-up: Prednison

Frau Rauschke ist die Aufregung deutlich anzusehen, als sie den Buggy mit ihrem einjährigen Sohn in die Apotheke schiebt. „Mein Simon hatte heute Nacht einen Pseudokruppanfall. Ich kann Ihnen sagen, so etwas möchte keine Mutter miterleben. Ich hatte solche Angst um meinen Kleinen.“ Mitfühlend lächelt die PTA und sieht sich das Rezept an, das die Mutter vom Kinderarzt mitgebracht hat. „Rectodelt 100“, liest sie und holt entsprechend der Verordnung ein Päckchen mit zwei Suppositorien.
Hintergrund
Von 100 Kindern erleben zehn bis 15 Prozent innerhalb der ersten fünf Lebensjahre einen Anfall von Pseudokrupp. Dabei handelt es sich um eine Entzündung des Kehlkopfes unterhalb der Stimmritze (Laryngitis subglottica), ausgelöst durch unspezifische Erkältungsviren. Es können aber auch Bakterien, Allergene, Luftverschmutzung und Zigarettenrauch beteiligt sein. Infolge der Entzündung schwillt die Schleimhaut im Bereich von Stimmritze und Luftröhre stark an, weshalb der Luftdurchfluss drastisch reduziert ist. Das führt zu hörbaren Atemgeräuschen: Beim Einatmen klingt das als inspiratorischer Stridor bezeichnete Geräusch pfeifend oder sägend. Hinzu kommen Heiserkeit und ein trockener „bellender“ Husten.
Ab Schweregrad II treten diese Symptome auch in Ruhe auf, begleitet von einer mehr oder weniger starken Atemnot. Bei Schweregrad III ist das Kind blass, bei jedem Atemzug zieht sich der Thorax deutlich ein, und der Puls rast mit einer Frequenz von mehr als 160 Schlägen pro Minute. Bei Schweregrad IV ist die Atemnot schließlich so stark, dass Erstickungsgefahr besteht. Die Haut des Kindes ist aufgrund des Sauerstoffmangels bläulich verfärbt (Zyanose), der Puls stark verlangsamt (bradykard) und das Bewusstsein eingetrübt (Somnolenz).
Nebenwirkungen
„Der Wirkstoff in diesen Zäpfchen heißt Prednison“, klärt die PTA Frau Rauschke auf. „Ist das nicht sowas Ähnliches wie Cortison?“, fragt die Kundin skeptisch. „Ja, Prednison ist wie Cortison ein Glukokortikoid. Pseudokruppanfälle treten meist nachts auf, wenn der körpereigene Cortisonspiegel abgesunken ist und die Entzündungssymptome deshalb zunehmen.“
Die PTA erklärt, dass der Wirkstoff die Verengung der Bronchien vermindert und Blutgefäße abdichtet. „Wenn sich auf diese Weise kein Wasser mehr in der Schleimhaut einlagern kann, geht automatisch auch die entzündliche Schleimhautschwellung und damit die Atemnot zurück. Gleichzeitig wird das Immunsystem gedämpft, denn dessen Arbeit löst ja erst die Schwellung aus. Außerdem wird weniger Schleim produziert.“
„Führt das alles nicht auch zu Nebenwirkungen?“, fragt Frau Rauschke besorgt nach.
„Beim Pseudokruppanfall nutzen Sie gerade einen Teil der Effekte, die im Normalzustand als Nebenwirkungen gelten würden. Aber machen Sie sich bewusst, dass es sich um ein Notfallmedikament handelt. Langfristig darf das Mittel nicht in höheren Dosen angewendet werden, denn da besteht tatsächlich die Gefahr für die typischen Nebenwirkungen von Glukokortikoiden, wie unter anderem Wachstumsverzögerung bei Kindern und eine verminderte Knochendichte. Solange keine Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff besteht, müssen Sie bei der akuten Anwendung mit keinen Nebenwirkungen rechnen.“
Serie Fresh-up
01/2023 Febuxostat
02/2023 Zolpidem
03/2023 Candesartan
04/2023 Insulin glulisin
05/2023 Sertralin
06/2023 Fosfomycin
07/2023 Pyrantel
08/2023 Amlodipin
09/2023 Midazolam
10/2023 Oxybutynin
11/2023 Prednison
12/2023 Amoxicillin/Clavulansäure
Extra
„Wie gebe ich denn die Zäpfchen?“, will Frau Rauschke wissen. „Führen Sie ein Zäpfchen mit der stumpfen Seite voran tief in den Darm ein und drücken Sie anschließend die Pobacken des Kindes für eine Weile zusammen, damit das Zäpfchen nicht wieder herausrutscht. Nach 20 bis 45 Minuten sollte die Wirkung einsetzen. Sollte diese nicht ausreichen, können Sie frühestens nach einer Stunde ein weiteres Zäpfchen geben. Mehr als zwei Zäpfchen dürfen Sie jedoch nicht verabreichen.“
Zum Schluss erklärt die PTA noch, wie die Kundin ihrem Kind darüber hinaus helfen kann. „Vor allem: Bleiben Sie ruhig, denn das überträgt sich auf Ihr Kind und verlangsamt die erhöhte Herzfrequenz. Dadurch wird Simon auch leichter atmen können. Verschaffen Sie ihm eine entspannende Ablenkung, um ihn zu beruhigen.“
Die PTA zählt weiter auf:
- Bringen Sie das Kind in eine aufrechte Position oder tragen Sie es herum, damit fällt ihm das Atmen leichter.
- Geben Sie ihm etwas Kaltes zu trinken.
- Ziehen Sie das Kind warm an, und gehen Sie mit ihm an die frische Luft, denn kalte Luft wirkt lindernd.
- Wenn das nicht möglich ist, können Sie es zur Not für eine Weile vor den offenen Kühlschrank setzen.
- Meiden Sie Luftverschmutzung und Zigarettenrauch.
- Sorgen Sie für einen gut gelüfteten, kühlen Schlafplatz.