Serie Rezeptur: Clobetasolpropionat-Creme

Das Glukokortikoid Clobetasolpropionat dient der Therapie von entzündlichen Ekzemen und Psoriasis. Wir stellen die Herstellung einer Creme im vollautomatischen Rührsystem in zwei Schritten mittels Sandwichverfahren vor.

von Stefanie Fastnacht
30.08.2023

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© Foto: Sarah Siegler
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Frau Walker* betritt die Hohenzollern-Apotheke. Sie überreicht PTA Sarah Siegler ein Rezept und erzählt: „Ich war gerade mit meinem Sohn Dominic beim Hautarzt. Wie Sie wissen, leidet er unter Neurodermitis. Normalerweise kann er seine Haut durch das tägliche Auftragen von Hautpflegeprodukten schubfrei halten. Da er im Moment von der Schule sehr gestresst ist, hat er trotz guter Hautpflege einen akuten Schub entwickelt. Unser Hautarzt hat ihm deshalb eine Rezeptur verordnet. Schauen Sie bitte mal.“

Die PTA liest sich die Rezeptur für den 13-Jährigen durch. Sie sieht auf den ersten Blick, dass Sanacutan Basiscreme, die verordnete Grundlage, in der Apotheke nicht vorrätig ist. Deshalb vereinbart sie mit der Kundin einen Abholtermin am nächsten Abend. So bleibt ihr genug Zeit, die Grundlage zu bestellen und die Rezeptur auf Plausibilität zu prüfen.

Die Rezeptur

Clobetasolpropionat 0,05 %
Sanacutan Basiscreme ad 100 g

Dos.:1 x tgl. dünn auf betroffenen Stellen auftragen, max. 3 Wo.

Plausibilitätsprüfung

Nachdem Frau Walker die Apotheke verlassen hat, bestellt die PTA als Erstes die für die Rezeptur notwendige Grundlage Sanacutan Basiscreme. Diese ist zum Glück beim Großhändler der Ertelt-Apotheken vorrätig. Sarah Siegler freut sich, dass es sich bei der Grundlage um ein apothekenpflichtiges Fertigarzneimittel und nicht um ein Kosmetikum handelt. Das erleichtert ihr die Arbeit, denn bei Kosmetika muss vor der Verwendung in der Rezeptur die pharmazeutische Qualität nachgewiesen und eine Identitätsprüfung durchgeführt werden.

Nach dem Bestellen der Grundlage geht Sarah Siegler in die Rezeptur und beginnt mit der Plausibilitätsprüfung. Die relevanten Daten der Ausgangsstoffe trägt sie mithilfe des Heftes „Plausibilitäts-Check Rezeptur“ von Andreas S. Ziegler zusammen. Außerdem zieht sie ein Rezepturblatt des Grundlagenherstellers Pädia GmbH zu Rate, welches ihr eine Kollegin vom Seminar „Fachberater Pädiatrie“ mitgebracht hat. Auf diesem hat die Firma Herstellungsempfehlungen und Stabilitätsdaten zu Rezepturen auf Grundlage von Sanacutan Basiscreme und Basissalbe zusammengefasst.

Unbedenklichkeit

Nach der Literaturrecherche stuft die PTA die beiden Ausgangsstoffe Clobetasolpropionat und Sanacutan Basiscreme als unbedenklich ein.

Clobetasolpropionat-- Das halogenierte, sehr stark wirksame Glukokortikoid der Klasse IV wird dermal in Konzentrationen bis 0,05 Prozent eingesetzt. Lokal angewendet dient es unter anderem zur Behandlung von Psoriasis und akuten beziehungsweise chronischen Ekzemen. Der Wirkstoff ist bei Säuglingen und Kleinkindern kontraindiziert. Auch eignet er sich nicht zur Langzeitbehandlung. Seine Anwendungsdauer ist in der Regel auf zwei bis drei Wochen beschränkt. Bei Psoriasis kann er bis zu vier Wochen eingesetzt werden.

Sanacutan Basiscreme-- Das apothekenpflichtige Fertigarzneimittel ist frei von Parfüm, Farbstoffen und Wollwachs. Die Öl-in-Wasser-Emulsion mit einem Wassergehalt von 52,1 Prozent wird zur Therapie von ekzematösen Hautentzündungen eingesetzt. Darüber hinaus eignet sie sich zur Basistherapie von Neurodermitis sowie zur Pflege der empfindlichen Baby- und Kinderhaut. Mit einem Glycerinanteil von 20 Prozent und dem hohen Wassergehalt wirkt die Formulierung sehr gut befeuchtend. Im Unterschied zum Feuchthaltestoff Harnstoff brennt Glycerin nicht nach dem Auftragen auf die Haut.

Ins Labor geschaut: Clobetasolpropionat-Creme

Kompatibilität und Stabilität

Als Nächstes nimmt die PTA die Bestandteile der Grundlage genauer unter die Lupe. Diese besteht neben Glycerin aus den nicht ionischen Emulgatoren Cetylstearylalkohol und Macrogol-20-cetylstearylether. Außerdem sind weiße Vaseline, dickflüssiges Paraffin, Natriumdihydrogenphosphat-Dihydrat und Phosphorsäure enthalten. Wie auf dem Rezepturblatt der Herstellerfirma angegeben, stuft sie die Cremegrundlage als kompatibel mit Clobetasolpropionat ein.

Der rezeptierbare pH-Bereich von Clobetasolpropionat liegt zwischen 2,0 und 9,0, liest Sarah Siegler. Dem Informationsblatt des Grundlagenherstellers entnimmt sie den rezeptierbaren pH-Bereich der Cremegrundlage. Er liegt zwischen 4,5 und 6,0. Sie freut sich, dass die pH-Bereiche von Wirkstoff und Grundlage zusammenpassen, denn Clobetasolpropionat ist ein Ester. Der Wirkstoff neigt im stark Basischen zur Hydrolyse und verliert dann seine Wirksamkeit. Die PTA stuft diese Gefahr aber als niedrig ein. Zudem stellt sie fest, dass die Grundlage mit der Mischung Sorbinsäure/Kaliumsorbat vorkonserviert ist. Das sauer reagierende Konservierungsmittel hält den pH-Wert der Rezeptur ausreichend niedrig. Zur Absicherung sollte abschließend der pH-Wert der Rezeptur bestimmt werden.

Haltbarkeit/Konservierung

Da die Grundlage bereits mit Sorbinsäure/Kaliumsorbat vorkonserviert ist, müssen keine weiteren Konservierungsstoffe eingearbeitet werden. Die Konservierungsstoffe weist die PTA separat auf dem Etikett aus.

Herstellungsanweisung

Zum Schluss überlegt Sarah Siegler, wie sie die Creme herstellen soll – manuell oder im elektrischen Rührsystem. Hierbei orientiert sie sich ebenfalls an den Empfehlungen auf dem Rezepturblatt. Dort wird die Herstellung im vollautomatischen Rührsystem in zwei Schritten mittels Sandwichverfahren empfohlen: etwas Grundlage vorlegen und die Oberfläche glattstreichen. Da der Wirkstoffanteil von Clobetasolpropionat kleiner als ein Prozent ist, notiert die PTA, den Wirkstoff kreisförmig und mit etwas Abstand in die Kruke einzubringen. So lassen sich Wirkstoffverluste durch Anheftungen an der Werkzeugwelle und der Mischscheibe vermeiden.

Dann wird der Wirkstoff mit weiterer Grundlage abgedeckt und der Ansatz drei Minuten bei 1.500 Umdrehungen pro Minute (UpM) gerührt. Anschließend kommt die restliche Menge an Grundlage dazu, und der Ansatz wird erneut gerührt (6 Min., 1.500 UpM). Die PTA hält zudem fest, dass für Clobetasolpropionat ein Einwaagekorrekturfaktor (EWK) zu berücksichtigen sowie mikrofein gepulverte Rezeptursubstanz zu verwenden ist. Wie vom Hersteller empfohlen, legt sie die Aufbrauchfrist der Rezeptur bei Raumtemperatur auf drei Monate fest.

Fazit

Mit den vorbereiteten Unt erlagen wendet sich Sarah Siegler an ihre Chefin, Apothekerin Dr. Christine Ertelt. Die beiden besprechen sich und stufen die Verordnung als plausibel ein. Nachdem alle notwendigen Dokumente unterschrieben sind, beginnt die PTA mit der Herstellung der Rezeptur für Dominic Walker.

Herstellung

Sie legt ihre Schutzausrüstung an, bestehend aus Einmalkittel, FFP2-Maske, Schutzbrille und Einmalhandschuhen. Dann reinigt und desinfiziert sie die Arbeitsfläche und die bereitgelegten Arbeitsutensilien vorschriftsmäßig mit Isopropanol 70 Prozent (V/V).

Einwiegen

Als Erstes tariert sie auf der Analysenwaage ein Wägeschälchen aus und wiegt Clobetasolpropionat unter Einbeziehung des EWK ab. Danach wiegt sie 15 Gramm Grundlage in eine Spenderdose ein, streicht die Oberfläche glatt und streut das Glukokortikoid kreisförmig auf. Zur Inprozesskontrolle wiegt sie das Wägeschälchen zurück und dokumentiert den Wert im Herstellungsprotokoll. Solche Rückwägungen sind gerade bei kleinen Wirkstoffmengen zu empfehlen. So wird überprüft, ob der Wirkstoff quantitativ von der Wägeunterlage in die Rezeptur überführt wurde. Danach gibt die PTA noch einmal 15 Gramm Grundlage über den Wirkstoff, sodass dieser wie bei einem Sandwich zwischen zwei Schichten Grundlage eingebettet ist.

Rühren

Im nächsten Schritt bringt Sarah Siegler den Hubboden möglichst tief in die Spenderkruke ein und rührt den Ansatz drei Minuten bei 1.500 UpM. Danach wiegt sie den Rest an Grundlage in die Kruke ein und rührt erneut, und zwar für weitere sechs Minuten bei 1.500 UpM.

Endkontrolle und Abfüllung

Nach Beendigung des Rührprogramms entnimmt Sarah Siegler mit einem desinfizierten Spatel eine kleine Menge der fertigen Creme und streicht sie zur Endkontrolle auf einer Glasplatte aus. Sie freut sich, dass die Creme frei von Agglomeraten ist, und hält das im Herstellungsprotokoll fest. Wie in Paragraf 14 Apothekenbetriebsordnung (ApoBetrO) vorgegeben, stellt sie das Etikett aus. Darauf weist sie auch die komplette Zusammensetzung der Grundlage aus. Mit diesem Service will die PTA dazu beitragen, möglichen allergischen Reaktionen vorzubeugen. Zum Schutz vor Verschmutzung überklebt sie das Etikett mit einer durchsichtigen Folie.

Abgabe

Frau Walker kommt zum vereinbarten Zeitpunkt zur Abholung in die Apotheke. Ihr Sohn Dominic ist nicht dabei, da er noch in der Schule ist. Sarah Siegler erklärt Frau Walker die genaue Anwendung der Creme und die Handhabung der Drehdosierkruke: „Wenn Dominic das rote Röhrchen in der Krukenöffnung sieht, ist die Creme fast aufgebraucht.“ Frau Walker bedankt sich: „Danke für Ihren Hinweis. Das richte ich Dominic aus. Er hat aber ohnehin in drei Wochen einen Anschlusstermin. Sein Arzt will dann noch einmal seine Haut inspizieren.“ „Das trifft sich gut, Frau Walker. Ich wollte Ihnen gerade noch mit auf den Weg geben, dass die Rezeptur normalerweise nicht länger als drei Wochen am Stück verwendet werden sollte. Aber wenn Dominic sowieso einen Kontrolltermin hat, dann kann er ja die weitere Therapie mit seinem Hautarzt besprechen.“ Frau Walker bedankt sich für die gute Beratung und verlässt zufrieden die Hohenzollern-Apotheke.

*Name von der Redaktion geändert. Die im Beitrag genannten Produkte werden,sofern es Alternativen gibt, beispielhaft genannt.

Dr. Stefan Bär unterstützt die Redaktion bei der Serie fachlich. Die Rezeptur ist sein Spezialgebiet. Er setzt sich dafür unter anderem als Mitglied der Fachgruppe „Magistrale Rezeptur“ der GD Gesellschaft für Dermopharmazie und als Betreuer zweier Rezepturhilfehotlines ein.

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