Serie Rezeptur: Simvastatin

- Simvastatin ist ein HMG-CoA-Reduktasehemmer.
- Eingearbeitet in halbfeste Grundlagen dient der Cholesterinsenker zur Behandlung von mit Verhornungsstörungen einhergehenden Hauterkrankungen wie der disseminierten superfiziellen aktinischen Porokeratose (DSAP).
- Im DAC/NRF-Rezepturenfinder sind nicht standardisierte, halbfeste Zubereitungen mit verschiedenen Grundlagen aufgelistet.
- Statt Rezeptursubstanz werden Simvastatin-Fertigarzneimitteltabletten eingesetzt.
- Simvastatin ist hydrolyse- und oxidationsempfindlich sowie photoinstabil und kann sich in halbfesten Grundlagen gelb verfärben.
Simvastatin ist ein Prodrug. Im Körper wird es in seine aktive Form umgewandelt und hemmt die HMG-CoA-Reduktase, ein Schlüsselenzym der Cholesterinsynthese. In Form von Tabletten dient der Wirkstoff der Behandlung erhöhter Cholesterin- und Triglyceridwerte sowie zur Vorbeugung von Arteriosklerose. Eingearbeitet in halbfeste Grundlagen wird Simvastatin unter anderem zur Therapie der seltenen Hauterkrankung disseminierte superfizielle aktinische Porokeratose (DSAP) eingesetzt.
Serie Rezeptur
03/2025 Ambroxol
04/2025 Azithromycin
05/2025 Simvastatin
06/2025 Cannabis-Extrakt
07/2025 Sorbitol
08/2025 Insulin
09/2025 Imiquimod
10/2025 Propranolol
11/2025 Estradiol, Progesteron
12/2025 Clotrimazol
Exkurs DSAP
Die Krankheit beginnt meistens im dritten bis vierten Lebensjahrzehnt und geht mit einer Verhornungsstörung der Oberhaut (Epidermis) einher. Vor allem hellhäutige Frauen leiden unter rauen, runden, rosa-braunen Plaques oder Knötchen mit scharf begrenzten, verhornten Rändern, die bei etwa einem Drittel auch jucken. Sie bilden sich auf Sonnenlicht ausgesetzten Hautarealen wie Unterarmen und Unterschenkeln. In seltenen Fällen können sie zu einem Plattenepithelkarzinom entarten (weißer Hautkrebs).
Eine Standardbehandlung gibt es nicht. Bewährt haben sich Topika mit Imiquimod, 5-Fluorouracil und Vitamin-D-Analoga (Tacalcitol, Calcipotriol). Einen neuen Ansatz stellt die topische Therapie mit einer Kombination aus einem Statin (Simvastatin, Lovastatin) und Cholesterin dar. Wissenschaftler vermuten, dass DSAP durch Störungen der Cholesterin- biosynthese, genauer durch Mutation in Genen des Mevalonatweges, verursacht wird.
Dies führt wahrscheinlich zu einer Anhäufung abnormaler Cholesterinvorläufer in der Haut und zu einer lokalen Überreaktion des Immunsystems. Gleichzeitig mangelt es der Haut an Cholesterin, einem wichtigen Bestandteil der Hautbarriere. Auf die Haut aufgetragene Statine sollen, ebenso wie oral angewendete, die HMG-CoA-Reduktase und damit die gestörte Cholesterinsynthese hemmen. Gleichzeitig wird durch Cholesterinzusätze in den Topika der Mangel des Barrierelipids von außen ausgeglichen.
Die Rezeptur
Cholesterin 2 %
Simvastatin 2 %
Konserviertes Wasser
Unguentum Cordes aa ad 100 g
Dosierung: 2 x tgl. auftragen
Problemanalyse und Lösungen
Ärzte können gegen DSAP halbfeste Zubereitungen mit einer Kombination aus Simvastatin oder Lovastatin und Cholesterin verordnen. Da kein entsprechendes Fertigarzneimittel auf dem Markt ist, müssen die Zubereitungen individuell hergestellt werden. Was dabei zu beachten ist, zeigen wir beispielhaft mit der Kombination Simvastatin und Cholesterin.
Standardisierte Rezepturen
Problem-- Wie erwähnt, gibt es kein zugelassenes Fertigarzneimittel mit Simvastatin und Cholesterin gegen DSAP. Daher besteht Bedarf für Individualrezepturen. Standardisierte Rezepturvorschriften gibt es bislang nicht.
Lösungsansatz-- Das DAC/NRF listet in seinen Rezepturhinweisen zwei Rezepturen mit Simvastatin-Fertigarzneimittel- Tabletten auf. Unter Berücksichtigung der angegebenen Kommentare können beide Varianten hergestellt werden. Die eine Variante arbeitet mit Basiscreme DAC, Propylenglykol und Cholesterin (im DAC/NRF syn: Cholesterol), die andere basiert auf Unguentum Cordes, Konserviertem Wasser und Cholesterin und wurde von der Universitätsklinik Freiburg entwickelt und geprüft. Simvastatin kann außerdem als feinkristalline Rezeptursubstanz direkt über die Firma Fagron bezogen werden. Eine überprüfte Vorschrift dafür gibt es derzeit ebenfalls nicht.
Suspensionszubereitung
Problem-- Simvastatin ist leicht löslich in Ethanol 96 Prozent (V/V), aber praktisch unlöslich in Wasser. In halbfesten Zubereitungen liegt es suspendiert vor.
Lösung-- Für die Herstellung werden Fertigarzneimittel-Tabletten eingesetzt. Wichtig ist, diese je nach Rezeptur vorab in Wasser beziehungsweise Konserviertem Wasser zu suspendieren. Da sie sich nur langsam lösen, ist es ratsam, den Ansatz mit Parafilm abzudecken und mindestens vier Stunden – besser über Nacht – stehen zu lassen. Die so erhaltene Tablettensuspension kann anschließend weiterverarbeitet werden. Bei der Variante mit Unguentum Cordes ist dies im elektrischen Rührsystem oder manuell in der Glasfantaschale möglich. Für die manuelle Verarbeitung wird die Tablettensuspension auf dem Wasserbad erwärmt (40° C) und in die mit Cholesterol aufgeschmolzene Unguentum Cordes eingearbeitet, kaltgerührt und verdunstetes Konserviertes Wasser ergänzt (vorab Tara notieren!). Ist als Grundlage Basiscreme DAC verordnet, werden Cholesterin und Propylenglykol mit der Tablettensuspension gemischt, und das Ganze wird ohne Erwärmen in die Basiscreme DAC eingearbeitet. Dieser Schritt ist auch im automatischen Rührsystem denkbar. Sind bei der Inprozess- kontrolle noch sichtbare Teilchen vorhanden, sollte mit der Salbenmühle nachgearbeitet werden.
Stabilität
Problem-- Simvastatin ist in wasserhaltigen Zubereitungen hydrolyse- und oxidationsempfindlich sowie photoinstabil. Bei pH-Wert 7 ist es am stabilsten.
Lösung-- Zügiges Arbeiten, möglichst im geschlossenen System, ist vorteilhafter als langes Rühren in der Fantaschale. Laut DAC/NRF beträgt die Haltbarkeit der Rezeptur maximal drei Monate. Innerhalb dieser Zeit kann sich die Formulierung leicht gelblich verfärben, was aber die Wirksamkeit nicht beeinträchtigt. Um Reklamationen vorzubeugen, sollten die Patienten darüber informiert werden.
Video: Simvastatin in der Rezeptur
Praxisbeispiel
Anna-Maria Michel* betritt die Hohenzollern-Apotheke mit einem Rezept. Die 50-Jährige zeigt PTA Sarah Siegler ihre mit rot-braunen Plaques übersäten Unterarme. Ihr Hautarzt hat eine DSAP diagnostiziert und eine Creme verordnet. Diese besteht aus Simvastatin, Cholesterin, Konserviertem Wasser und Unguentum Cordes. Da Sarah Siegler die Rezeptur noch nie hergestellt hat und recherchieren muss, vereinbart sie mit Frau Michel die Herstellung bis zum nächsten Abend.
Plausibilitätsprüfung
Dafür loggt sich Sarah Siegler online in den DAC/NRF-Rezepturenfinder ein, wo sie die verordnete Rezeptur entdeckt. Als Ausgangssubstanz dienen Simvastatin-Tabletten in der Wirkstärke 80 Milligramm. Die fertige Creme ist durch das Konservierte Wasser vor mikrobiologischem Befall geschützt. Allerdings sind sowohl Simvastatin als auch Cholesterin chemisch nicht länger als drei Monate stabil.
Herstellungsanweisung
Hier legt Sarah Siegler fest, 25 Tabletten Simvastatin mit je 80 Milligramm (= 2 g) von Hexal in einer Glasfantaschale mit Konserviertem Wasser zu übergießen und zerfallen zu lassen. Die entstandene Tablettensuspension muss homogen sein, Verdunstungsverluste sind auszugleichen. Die PTA notiert, dass die Tabletten leicht grün sind und auch die fertige Creme grünlich aussehen wird, worauf Frau Michel bei der Abgabe hinzuweisen ist.
Ferner hält sie fest, Cholesterin im Überschuss abzuwiegen, zu verreiben und daraus die erforderliche Menge auf der Analysenwaage abzuwiegen. Aus Zeitgründen und zum Schutz des licht- und oxidationsempfindlichen Simvastatins entscheidet sie sich für die Herstellung im elektrischen Rührsystem (Topitec Touch) mit folgenden Rührparametern: Programm „eigene Eingaben“ und Mischparameter „Stufe 1, 30 Sekunden, 500 UpM“, „Stufe 2, 6 Minuten, 1.500 UpM“. Als Abgabegefäß wählt sie eine lichtschützende Tube mit Innenschutzlackierung, in die die fertige Zubereitung direkt aus dem Rezepturgefäß umzufüllen ist.
Herstellung
Sarah Siegler stuft die Rezeptur als plausibel ein und lässt sich die Herstellungsanweisung von ihrer Chefin unterschreiben. Dann geht sie ins Labor, zieht Schutzkleidung an, reinigt und desinfiziert Arbeitsfläche und Arbeitsutensilien mit Isopropanol 70 Prozent (V/V) und stellt alle Materialien bereit.
Suspendieren
Als Erstes überführt die PTA 25 Simvastatin Hexal Tabletten à 80 Milligramm in eine Glasfantaschale. Sie übergießt sie mit der erforderlichen Menge an Konserviertem Wasser, deckt die Fantaschale mit Parafilm ab und weicht die Tabletten einige Stunden ein. Danach verrührt sie den Ansatz zu einer homogenen Suspension.
Verreiben
Nun wiegt Sarah Siegler Cholesterin im Überschuss ab und verreibt es fein. Die benötigte Menge von zwei Gramm wiegt sie unter Berücksichtigung des Einwaagekorrekturfaktors auf einem Wägeschälchen ab.
Rühren
Als Nächstes legt sie die gesamte Menge an Unguentum Cordes in einem Rezepturgefäß vor. Darüber gibt sie das pulverisierte Cholesterin und wiegt zur Inprozesskontrolle das Wägeschälchen zurück. Anschließend gießt sie die Suspension aus Simvastatin-Tabletten und Konserviertem Wasser in das Rezepturgefäß und rührt mit dem Topitec 30 Sekunden bei 500 UpM und dann noch einmal sechs Minuten bei 1.500 UpM. Zum Abschluss entnimmt sie eine kleine Menge der fertigen Creme mit einem desinfizierten Spatel und streicht sie auf einer Glasplatte aus. Die Creme ist homogen und frei von sichtbaren Pulverpartikeln.
Abgeben
Als Frau Michel am nächsten Abend in die Apotheke kommt, erklärt ihr Sarah Siegler Anwendung und Dosierung. Sie macht die Kundin darauf aufmerksam, dass die Creme leicht grün aussieht. Die Farbe kann während der Anwendung in ein leichtes Gelb umschlagen, was der Wirkung aber keinen Abbruch tut. Sie empfiehlt Frau Michel noch, nicht von Kleidung bedeckte Haut mit einem Sonnenprodukt mit sehr hohem Lichtschutzfaktor (50+) zu schützen.
*Name von der Redaktion geändert. Die im Beitrag genannten Produkte werden, sofern es Alternativen gibt, beispielhaft genannt.
Dr. Stefan Bär unterstützt die Redaktion bei der Serie fachlich. Die Rezeptur ist sein Spezialgebiet. Er setzt sich dafür unter anderem als Mitglied der Fachgruppe „Magistrale Rezeptur“ der GD Gesellschaft für Dermopharmazie und als Betreuer zweier Rezepturhilfehotlines ein.