Syphilis: Zurück in Europa

Die Diagnose Syphilis bedeutete früher jahrelanges Siechtum, verbunden mit stigmatisierenden Ausschlägen und starken Schmerzen. Dank Antibiotika ist die Krankheit heute bei frühzeitiger Entdeckung heilbar.

von Kirsten Bechtold
30.07.2025

Syphilis Erreger
© Foto: [M] Dagmara_K / stock.adobe.com
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Die Geschlechtskrankheit Syphilis wird durch eine Infektion mit dem gramnegativen, spiralig gewundenen Bakterium Treponema (T.) pallidum (subspecies pallidum) hervorgerufen. Sie gehört zu den sexuell übertragbaren Krankheiten.

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Aktuellen Daten des European Centre for Disease Prevention and Control zufolge nehmen die gemeldeten Fallzahlen zu, vor allem in der Gruppe junger Männer zwischen 25 und 34 Jahren, die Sex mit Männern haben. Insgesamt gab es im Jahr 2023 mehr als 40.000 Fälle, ein Anstieg um 13 Prozent gegenüber 2022 und eine Verdoppelung der 2014 gemeldeten Fälle.

Kolumbus‘ Mitbringsel

Christoph Kolumbus, der im Herbst 1492 mit drei Schiffen in See gestochen war, um einen Weg nach Indien zu finden, hatte bei seiner Rückkehr ein ganz besonderes „Geschenk“ an Bord: die Syphilis, auch Lues, harter Schanker oder Franzosenkrankheit genannt. Während eines mehrere Wochen dauernden Aufenthalts auf dem heutigen Haiti steckten sich die spanischen Seeleute beim Intimverkehr mit einheimischen Frauen mit der bis dahin in Europa unbekannten Geschlechtskrankheit an.

Daheim breitete sie sich von den Bordellen ausgehend quer durch alle Gesellschaftsschichten über den „alten Kontinent“ aus. Prominente Syphilisopfer waren zum Beispiel der „an seine Matratzengruft“ gefesselte Dichter Heinrich Heine oder der Philosoph Friedrich Nietzsche.

Syphilis ist bei frühzeitiger Entdeckung dank Antibiotika heilbar.
 

Handfläche mit Ausschlag

Charakteristisch für das Sekundärstadium der Syphilis sind fleckige, masernähnliche, nicht juckende Ausschläge an den Handflächen.
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Mehrere Stadien

Die AWMF-Leitlinien definieren Syphilis als eine nahezu ausschließlich sexuell übertragene, in mehreren klinischen Stadien verlaufende, chronische Infektion. Der Erreger T. pallidum dringt dabei durch winzige Läsionen der Haut und Schleimhaut in den Körper ein.

Laut Robert Koch-Institut führt Geschlechtsverkehr mit einem infizierten Partner zum Beispiel in etwa 30 Prozent der sexuellen Kontakte zu einer Infektion. Die Übertragung durch kontaminierte Nadeln oder andere kontaminierte Gegenstände ist hingegen selten.

Infizierte Mütter können die Erkrankung ab der zwölften Schwangerschaftswoche an ihr ungeborenes Kind weitergeben. Das begünstigt Fehlgeburten oder führt zum Krankheitsbild der angeborenen Syphilis (Syphilis connata).

Primärstadium-- Während des Primärstadiums entsteht an der Eintrittsstelle der Erreger, meist im Genitalbereich, ein dunkelroter Fleck oder ein Knötchen, aus dem sich ein flaches, nicht schmerzendes Geschwür mit gelblichem Grund entwickelt. Diesem folgen Schwellungen der benachbarten Lymphknoten. In diesem Stadium sind Patienten hochinfektiös.

Sekundärstadium-- Nach dem Abheilen – etwa neun bis zwölf Wochen später – beginnen sich die Bakterien im Sekundärstadium über das Blut auszubreiten. Patienten sind immer noch infektiös, wenn auch nicht mehr so stark wie während des Primärstadiums. Typisch sind allgemeine Lymphknotenschwellungen und unspezifische Symptome wie Fieber, Müdigkeit, Kopf- oder Gelenkschmerzen. Auf der Haut von Brust, Bauch, Rücken – und ganz charakteristisch an den Handflächen sowie Fußsohlen – entstehen masernähnliche, nicht juckende fleckige Ausschläge, die sich nach einigen Tagen in Knötchen umwandeln.

Die Mandeln (Tonsillen) schwellen entzündlich an, und die Haare können mottenfraßähnlich ausfallen (Alopecia syphilitica). Ohne Behandlung können die Symptome der Sekundärsyphilis etwa ein Jahr lang immer wieder aufflammen. Dann folgt eine Latenzphase, die manchmal erst bis zu zehn Jahre nach der Erstinfektion in das Tertiärstadium übergeht.

Tertiärstadium-- Im Tertiärstadium stehen vor allem Beeinträchtigungen des zentralen Nervensystems im Vordergrund. Ausgelöst durch eine Entzündung der Hinterhörner des Rückenmarks sind etwa die Bewegungskoordination sowie die Blasen- und Darmreflexe gestört. Der Befall des Großhirns führt zu psychischen Störungen, Krämpfen, Koma und Demenz (progressive Paralyse). In dieser Phase können die Patienten trotz der schweren Symptome andere nicht mehr anstecken.

Noch was ...
  • Der direkte oder indirekte Nachweis von Treponema pallidum muss dem Robert Koch-Institut nach Paragraf 7 Abs. 3 IfSG gemeldet werden.
  • Eine Syphilis kommt häufig nicht allein. Sie kann der Ansteckung mit HIV den Weg ebnen und umgekehrt.
  • Die primäre Prävention gründet sich auf Empfehlungen zur Expositionsprophylaxe, speziell zur Verringerung von sexuellem Risikoverhalten.

Therapeutisches und Präventives

Die Therapie der ersten Wahl ist in allen Stadien bis heute die Behandlung mit Penicillin (Benzathin-Benzylpenicillin, Penicillin G bei neurologischen Symptomen), eine Resistenz von T. pallidum ist dem Robert Koch-Institut bisher nicht bekannt.

Das korrekte Anwenden von Kondomen bietet zwar einen guten Schutz, verhindert aber nicht, dass die Bakterien zum Beispiel über Geschwüre im Mund durch Küssen weitergereicht werden. Daher ist es wichtig, die Bevölkerung über die Syphilis-Symptome aufzuklären, um möglichst früh eine Therapie einleiten zu können. Besondere Desinfektions- oder Isolierungsmaßnahmen sind bei üblichen sozialen Kontakten nicht nötig.

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