
Zertifizierte Fortbildung: Arzneimittel in Schwangerschaft und Stillzeit

- Schwangerschaft und Stillzeit sind eine vulnerable Phase für Mutter und Kind, weshalb Medikamente nur äußerst zurückhaltend eingesetzt werden sollten.
- Die Fachinformation erlaubt keine zuverlässige Abschätzung des Arzneimittelrisikos, ist für PTA jedoch rechtlich bindend.
- In der Praxis hat es sich bewährt, eine Liste mit einigen wenigen Präparaten zusammenzustellen, in deren Beratung man sattelfest ist.
Schwangerschaft und Stillzeit sind für Mutter und Kind eine hochsensible Phase. Die Gefahr, dass Fremdstoffe – und dazu gehören auch Arznei- und Hilfsstoffe – die Plazentaschranke überwinden und/oder in die Muttermilch übertreten, ist bestätigt und darf nicht unterschätzt werden.
Lernziele
Nach Lektüre dieser Lerneinheit wissen Sie, ...
- welche Anforderungen Arzneimittel für den Einsatz in Schwangerschaft und Stillzeit erfüllen sollen.
- was Sie Schwangeren und Stillenden mit Fieber, Schmerzen oder Atemwegsinfektionen empfehlen können.
- was in Schwangerschaft und Stillzeit bei Verdauungsbeschwerden unternommen werden kann.
- wie Schwangere und Stillende Allergien und Juckreiz in den Griff bekommen.
- wieso bakterielle und pilzbedingte Infektionen in der Schwangerschaft einer ärztlichen Abklärung bedürfen.
Der restriktive Gebrauch von Arzneimitteln ist aus medizinischer Sicht also nachvollziehbar, speziell im ersten Trimenon, in dem sich sämtliche Organe entwickeln. In der Apothekenpraxis steht man jedoch vor mehreren Problemen:
- Schwangere und stillende Frauen sind gegenüber Krankheiten nicht immun und wünschen sich eine wirksame und vor allem sichere Behandlung.
- Bestimmte Erkrankungen der Mutter wie Diabetes, Epilepsie, schwere Depressionen sind unbedingt therapiebedürftig.
- Der Nutzen eines Arzneimittels kann das potenzielle Risiko überwiegen.
- Frauen wissen nicht immer sofort, dass sie schwanger sind. Unter Umständen werden Arzneimittel zu spät abgesetzt.
Es ist demnach nicht der komplette Verzicht auf Arzneimittel, sondern vielmehr das fundierte Wissen um ihre Unbedenklichkeit, das eine kompetente Beratung ausmacht. Generell sollten PTA schwangeren und stillenden Frauen Medikamente nur äußerst zurückhaltend empfehlen beziehungsweise sich vor einer Empfehlung gut informieren, in der Fachinformation oder auf embryotox.de. Ärzte werden versuchen, kritische, aber notwendige Dauermedikamente in der Dosis zu reduzieren oder, wenn möglich, den Wirkstoff zu wechseln.
Einen guten Überblick zu rezeptpflichtigen Arzneimitteln in der Schwangerschaft und Stillzeit bietet Embryotox, das Pharmakovigilanz- und Beratungszen- trum für Embryonaltoxikologie der Berliner Charité. Die Zahl rezeptfreier Präparate ist stark limitiert. Hier hilft nur eine persönliche Liste mit Arzneimitteln nach genauer Prüfung der Fachinformation, die man von Zeit zu Zeit evaluiert, um auf dem neuesten Stand zu sein. Dieser Artikel möge dazu die Grundlagen beisteuern.

© Foto: DAS PTA MAGAZIN / Illustration: Matthias Emde
Embryonalentwicklung
Eine Schwangerschaft beginnt aus medizinischer Sicht mit dem ersten Tag der letzten Menstruation, da sich der Tag der Empfängnis oft nicht sicher angeben lässt. Ab diesem Zeitpunkt dauert es grob 280 Tage (40 Wo.) beziehungsweise zehn Monate bis zur Geburt.
Blastogenese
Darunter verstehen Mediziner den Zeitraum von der Befruchtung bis zur Einnistung der Eizelle. Eine menschliche Eizelle ist nur in einem Zeitfenster von zwölf bis 24 Stunden nach der Ovulation befruchtungsfähig. Anschließend wandert die befruchtete Eizelle den Eileiter entlang und nistet sich nach ungefähr einer Woche in die Gebärmutterschleimhaut ein. Entwicklungsstörungen während der Blasto- genese heißen Blastopathien. Sie sind vergleichsweise selten, da schädliche Einflüsse in dieser Phase die befruchtete Eizelle entweder abtöten oder unbeschadet überleben lassen („Alles-oder-nichts-Prinzip“).
Embryogenese
In der Embryonalphase entwickeln sich die wichtigsten Organe und Strukturen des Körpers. Diese Periode ist besonders sensibel, da Störungen zu bleibenden Fehlbildungen führen können (Embryopathien). Sie dauert vom 16. bis zum 60. Gestationstag (Gestation = Schwangerschaft).
Fetogenese
Die Fetalperiode ist die Zeitspanne vom 61. Gestationstag bis zur Geburt. Kennzeichnend sind das schnelle Größenwachstum des Fetus und die Ausreifung der Organsysteme. Fruchtschäden in dieser Phase werden Fetopathien genannt. Sie rufen zwar keine Missbildungen im engeren Sinn hervor, verursachen aber sehr wohl funktionelle Störungen und Wachstumsretardierungen. Beispiele für Fetopathien sind Hydrozephalus (Wasserkopf) sowie endokrine Störungen wie Schilddrüsenhormonmangel oder diabetische Fetopathie infolge eines schlecht eingestellten Diabetes der Mutter.
Wie entstehen Fehlbildungen?
Embryotoxizität ist der allgemeine Begriff für schädliche Wirkungen einer Substanz auf einen sich entwickelnden Embryo. Teratogenität ist eine spezifische Form der Embryotoxizität, die sich auf Fehlbildungen beschränkt. Embryotoxische und teratogene Wirkungen können exogener und / oder endogener Natur sein. Exogene Noxen stammen aus der Umwelt und beinhalten Arzneistoffe, aber auch Genuss- und Suchtmittel, Schadstoffe am Arbeitsplatz oder im Alltag, bestehende Erkrankungen der Mutter, Infektionskrankheiten (z. B. Toxoplasmose) usw.
Demgegenüber kommen endogene Noxen vom Körperinneren wie beispielsweise genetische Faktoren. Das Risiko für bleibende Fehlbildungen hängt dabei im Wesentlichen von drei Aspekten ab: der Dosis, dem Agens und der genetischen Konstitution des Fetus beziehungsweise der Mutter.

Eine individuelle, pharmazeutische Beratung zu Arzneimitteln in der Schwangerschaft ist entscheidend, um Risiken für Mutter und Kind zu minimieren.
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Die Dosis macht das Gift, wusste schon Paracelsus.
Dosis
Schon Paracelsus wusste: „Die Dosis macht das Gift“. Auch embryotoxische und teratogene Effekte sind dosisabhängig. Je höher die Wirkstoffmenge, desto höher das Risiko. Die Dosis-Wirkungskurve spielt ebenso eine Rolle. Arzneistoffe mit einer geringen therapeutischen Breite (z. B. Herzglykoside) sind gefährlicher als solche mit einer großen therapeutischen Breite (z. B. Penicillin). Besonders problematisch sind Medikamente, bei denen der embryotoxische Dosisbereich niedriger liegt als der therapeutische Dosisbereich bei der Mutter. Aus den obigen Gründen sollte man in der Schwangerschaft die niedrigste wirksame Dosis auswählen und Kombinationen mehrerer Medikamente vermeiden.
Agens
Fast alle niedermolekularen Arzneistoffe passieren die Plazentaschranke und erreichen das Ungeborene. Trotzdem sind bei weitem nicht alle teratogen wirksam. Hinzu kommt, dass die meisten Daten zu teratogenen Effekten aus Tierexperimenten stammen, wo die kleinste teratogene Dosis zum Teil vielfach höher liegt als die beim Menschen therapeutisch verwendete.
Genotyp
Als Genotyp bezeichnet man die Gesamtheit der Erbfaktoren eines Lebewesens. Er enthält alle Informationen, die der Mensch zum Leben braucht, einschließlich individueller Reaktions- und Differenzierungsmechanismen, die bei embryotoxischen und teratogenen Effekten zum Tragen kommen. Jeder Embryo und jede Mutter sind deshalb einzigartig in ihrer Art, auf exogene Noxen zu reagieren. Ein Arzneistoff, der von der einen Mutter ohne bleibende Schäden ihres Kindes vertragen wurde, kann bei einer anderen Mutter durch Hinzutreten ungünstiger Faktoren sehr wohl Schäden induzieren.
Auswahl (un-)sicherer Arzneimittel* |
|
nachgewiesene embryotoxische Wirkung |
ohne bekannte embryotoxische Wirkung |
Antibiotika (z. B. Aminoglykoside, Gyrasehemmer, Tetracycline) |
Antazida (z. B. Magnesium- und Aluminium- verbindungen, Sucralfat) |
Antiepileptika (z. B. Carbamazepin, Valproinsäure, Phenytoin) |
Antiallergika (z. B. Dimenhydrinat, Doxylamin, Loratadin) |
Antihypertensiva (z. B. ACE-Hemmer, Sartane) |
Betalaktamantibiotika (z. B. Penicilline, Cephalosporine) |
Cumarin-Derivate (z. B. Warfarin, Phenprocoumon) |
Heparine (z. B. Heparin, niedermolekulares Heparin) |
Retinoide (z. B. Isotretinoin) |
Schilddrüsenhormone (z. B. L-Thyroxin) |
Thalidomid |
Insulin |
*ohne Anspruch auf Vollständigkeit, Quellen: Friese et al. Arzneimittel in der Schwangerschaft und Stillzeit, WVG Stuttgart 2016; embryotox.de; Fachinformationen
Risikobewertung von Arzneimitteln
Zur Risikobewertung von Arzneimitteln in der Praxis sind verschiedene Informationsquellen mit unterschiedlichem Aussagewert verfügbar. Hersteller wählen in ihren Beipackzetteln mitunter bewusst schwammige Formulierungen, um sich rechtlich abzusichern. Oder sie formulieren, dass aufgrund unzureichender Daten und Untersuchungen die Anwendung des Präparats in der Schwangerschaft und Stillzeit nicht empfohlen wird.
Fachinformation-- Diese reicht im Allgemeinen nicht aus, um das individuelle Medikamentenrisiko festzustellen. Dennoch ist sie für Fachpersonen wie PTA rechtlich bindend. Sprich: Es dürfen keine Medikamente an schwangere und stillende Frauen abgegeben werden, die für diese laut Fachinformation explizit kon- traindiziert sind.
Rote Liste-- Die Rote Liste teilt Arzneimittel in Gruppen ein und ermöglicht eine Grobeinschätzung des Arzneimittelrisikos. Die allgemeinen Angaben zu diesen Gruppen sind für die Beratung jedoch unzureichend. Zudem werden für ein und denselben Wirkstoff mitunter verschiedene Angaben gemacht, weil die Hersteller die pharmakologischen, toxikologischen und juristischen Fakten unterschiedlich beurteilen.
Beratungszentren-- Ist man sich bezüglich eines Arzneimittels unsicher, sind Beratungszentren wie etwa das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Em- bryonaltoxikologie der Berliner Charité zuverlässige Ansprechpartner, die auf die individuelle Situation der Patientin zugeschnittene Empfehlungen aussprechen können. Beratungszentren verwenden große Datenbanken, die Informationen über die Folgen einer Arzneimittelexposition detailliert erfassen und auswerten.
Anforderungen an Arzneimittel
Eine notwendige Arzneimitteltherapie in der Schwangerschaft und Stillzeit ist stets gegen das Risiko für das Ungeborene abzuwägen. Geeignete Arzneimittel müssen deshalb bestimmte Anforderungen erfüllen.
In der Schwangerschaft
Für die Arzneimitteltherapie in der Schwangerschaft gelten besondere Vorsichtsmaßnahmen. Um Risiken für Mutter und Kind zu minimieren, sollten folgende Grundsätze beachtet werden:
- zunächst nicht medikamentöse Maßnahmen ausschöpfen
- strenge Indikationsstellung
- gut untersuchte Arzneimittel bevorzugen
- so viel wie nötig, so wenig wie möglich
- besser Externa als Interna, kleinflächige Anwendung
- bei systemischer Gabe Arzneimittel bevorzugen, die sich nicht im Körper anreichern
- Arzneimittel mit kurzer Halbwertszeit priorisieren
- Monotherapie der Kombinationstherapie vorziehen
In der Stillzeit
Nicht nur in der Schwangerschaft ist Vorsicht geboten, auch in der Stillzeit sollte man mit der Einnahme von Arzneimitteln zurückhaltend sein. Wirkstoffe können in die Muttermilch übergehen und somit das gestillte Kind gefährden. Das bedeutet allerdings nicht, dass Medikamente während der Stillzeit verboten sind. Im Gegenteil: Viele Arzneimittel sind mit dem Stillen vereinbar, oder es gibt sichere Alternativen.
- Nur wenige Arzneimittel sind in der Stillzeit absolut kontraindiziert.
- kurze Halbwertszeit
- keine Kumulation im Neugeborenen oder Säugling
- Stillpause bedeutet nicht zwangsläufig, dass man abstillen muss.
- keine Anwendung von Externa im Brustbereich

Akupunktur kann während der Schwangerschaft gezielt zur Linderung von Beschwerden wie Übelkeit, Rückenschmerzen oder Schlafstörungen eingesetzt werden.
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Selbstmedikation
Die Beratung von schwangeren und stillenden Frauen setzt Fachwissen und Einfühlungsvermögen voraus. Schließlich müssen PTA im Gespräch klären, ob eine Selbstmedikation überhaupt infrage kommt, man lieber davon abrät oder zur weiteren Abklärung an einen Arzt verweist. Ist eine Arzneimitteltherapie indiziert, obliegt es der PTA, über infrage kommende Medikamente aufzuklären und auf damit einhergehende Risiken hinzuweisen.
Fieber und Schmerzen
Schmerzen sind in der Schwangerschaft keine Seltenheit. Besonders häufig beobachtet man schwangerschaftsbedingte Rückenschmerzen, die sich im Laufe der Zeit physiologisch bedingt auch verschlimmern können. Um sie zu lindern, bieten sich in erster Linie nicht medikamentöse Maßnahmen wie Massagen, Osteopathie, Gymnastik und Schwimmen an.
Manche Frauen sprechen auch auf eine Akupunkturbehandlung an, sodass man idealerweise keine chemisch-synthetischen Arzneistoffe benötigt. Bei typischen Symptomen eines grippalen Infekts sollten nicht medikamentöse Maßnahmen favorisiert werden (z. B. Ruhe, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Inhalation, Wadenwickel), bevor man sich zu lokal wirksamen Medikamenten vortastet. Sind systemische Schmerzmittel angezeigt, ist Paracetamol in der normalen Dosierung in allen Phasen der Schwangerschaft das Mittel der Wahl, Ibuprofen das Mittel der zweiten Wahl. Ab dem dritten Schwangerschaftsdrittel (ab der 28. SSW) sind alle nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR), neben Ibuprofen zum Beispiel Diclofenac und Dexibuprofen, kontraindiziert.
In der Stillzeit wird dagegen Ibuprofen bevorzugt, bei unzureichender Wirksamkeit und Unverträglichkeit gegenüber Paracetamol kurzzeitig und niedrig dosiert auch Diclofenac.
Eine pflanzliche Alternative ist zehnprozentiges Pfefferminzöl zur äußerlichen Anwendung. Starke Schmerzen, Zahnschmerzen oder Schmerzen bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises erfordern immer eine ärztliche Behandlung.
Warnzeichen-- Seien Sie alarmiert bei Kopfschmerzen in der Spätschwangerschaft. Diese können auf beginnende Schwangerschaftskomplikationen hindeuten und gehören ärztlich abgeklärt. Kommen noch weitere Symptome wie Bauchschmerzen, Übelkeit / Erbrechen oder erhöhter Blutdruck hinzu, muss die Schwangere sofort ins Krankenhaus.
Selbstmedikation in Schwangerschaft und Stillzeit ist möglich.

Pfefferminzöl (10 %) kann äußerlich als pflanzliche Alternative bei leichten Schmerzen angewendet werden – stärkere Beschwerden gehören in ärztliche Behandlung.
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Atemwegserkrankungen
Erkältungsbeschwerden sind ein Pro- blem, mit dem Schwangere und Stillende vergleichsweise häufig konfrontiert sind. Besteht eine Neigung zu grippalen Infekten, können vorbeugend Präparate mit Vitamin C, Zink und Vitamin D hilfreich sein. Erachtet die (werdende) Mutter ihre Symptome als behandlungsbedürftig, ist es ratsam, sich und sie ausreichend über geeignete pflanzliche und/oder synthetische Optionen zu informieren.
Halsschmerzen-- Sie sind im Rahmen grippaler Infekte bei leichter Ausprägung einer Selbstmedikation zugänglich. Präparate mit Isländisch Moos, Hyaluronsäure und Emser Salz befeuchten den Hals und lindern das Kratzen. Lutschtabletten mit chemischen Wirkstoffen wie desinfizierenden und/oder lokalanästhetischen Wirkstoffen sowie Lösungen zum Einnehmen sind kurzzeitig eingesetzt ebenfalls geeignet. Gleiches gilt für Salbeitee zum Gurgeln beziehungsweise Spülen.
Schnupfen-- Für erkältungsbedingten Schnupfen können in der Schwangerschaft und Stillzeit iso- oder hypertone Salzlösungen mit oder ohne Zusatz von Hyaluronsäure oder Dexpanthenol angeboten werden. Bei behinderter Nasenatmung gelten kurzzeitig eingesetzt auch abschwellende Sympathomimetika wie Oxymetazolin und Xylometazolin als sicher.
Bei Beteiligung der Nasennebenhöhlen bietet sich ein schleimlösend und entzündungshemmend wirkender Pflanzenextrakt aus Enzianwurzel, Primelblüten, Sauerampferkraut, Holunderblüten und Eisenkraut an, für den es laut Fachinformation keine Hinweise auf Embryotoxizität gibt. Nicht medikamentöse Optionen umfassen Inhalationen mittels Wasserdampf oder Vernebler, Fußbäder, Auflagen, Wickel und Massagen.

Auch bei der Abgabe von Hustensäften ist es wichtig, einen genauen Blick in die Fachinformation zu werfen. Nur wenige können in der Schwangerschaft und Stillzeit empfohlen werden.
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Husten-- Die längste Beobachtungszeit für behandlungsbedürftigen Husten mit Auswurf liegt für Acetylcystein und Ambroxol vor. Hierbei zeigten sich keinerlei schädigende Effekte. Gleichwohl weisen die Beipackzettel erhältlicher Präparate darauf hin, dass über eine Verwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit der Arzt entscheidet oder diese mangels Daten nicht empfohlen ist. Keine Bedenken gibt es bei Primelwurzel-Extrakt. Bei Kapseln mit ätherischen Ölen wie Cineol wird in der Fachinformation auf „das sorgfältige Abwägen des Nutzen-Risiko-Verhältnisses“ hingewiesen.
Bei trockenem Reizhusten ist die OTC-Auswahl kleiner, da synthetische Hustenstiller wie Dextromethorphan trotz fehlender Hinweise auf toxische Wirkungen eine ärztliche Verordnung vor- aussetzen. Auf sicherer Seite ist man mit befeuchtenden Lutschtabletten mit Hyaluronsäure sowie hustenreizlindernden Teemischungen (z. B. Eibischwurzel und -blätter, Malvenblüten, Lindenblüten, Wollblumenblüten, Isländisch Moos).

Ein Tee aus Ingwerwurzel und Pfefferminzblättern kann gegen Übelkeit und Erbrechen hilfreich sein. Ingwerkapseln hingegen sind in der Schwangerschaft kontraindiziert.
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Verdauungsbeschwerden
Allgemeine Übelkeit oder Erbrechen treten bei mehr als zwei Dritteln aller schwangeren Frauen hauptsächlich zwischen der 5. und 12. Schwangerschaftswoche auf. Die Beschwerden verlaufen in der Regel harmlos. Infektbedingte Übelkeit und Erbrechen, meist in Zusammenhang mit Durchfall, sind seltener, aber auch für Schwangere und Stillende ein Thema. Ebenso wie weitere Beschwerden des Magen-Darm-Traktes.
Übelkeit und Erbrechen-- Gegen die klassische Schwangerschaftsübelkeit helfen diätetische Maßnahmen, Vitamin B6 sowie Teerezepturen mit Ingwerwurzel und Pfefferminzblättern. Die im Apothekenalltag häufig empfohlenen Ingwerpulver-Kapseln sind gemäß Packungsbeilage in der Schwangerschaft kontraindiziert, auch wenn negative Auswirkungen auf den Feten bislang nicht bekannt sind und laut Embryotox keine Bedenken bestehen.
Unter den chemisch-synthetischen Wirkstoffen kann Dimenhydrinat vorübergehend im 1. und 2. Trimenon eingenommen werden, wenn andere sicherere Arzneimittel keinen Erfolg gezeigt haben, nicht jedoch im 3. Trimenon wegen möglicher Auslösung frühzeitiger Wehen sowie in der Stillzeit.
Sodbrennen-- Im 3. Trimenon wird durch die wachsende Gebärmutter der Magen nach oben gedrückt. Schon davor vermindern sich hormonbedingt Tonus und Motilität des Schließmuskels zwischen Magen und Speiseröhre, wodurch Magensaft in die Speiseröhre zurückfließen kann. Wirksame und sichere Mittel sind Antazida aus Natriumalginat oder Natrium- und Calciumcarbonat.
Auch Teemischungen mit Melissenblättern, Kamillenblüten und Pfefferminzblättern können empfohlen werden. Von den Protonenpumpenhemmern ist laut Fachinformation lediglich Omeprazol für den kurzfristigen Einsatz in allen Phasen der Schwangerschaft und Stillzeit zugelassen. Eine längere Anwendung sollte unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.
Blähungen-- Silikone verändern die Oberflächenspannung von Gasblasen und bringen sie dadurch zum Zerplatzen. Sie werden nicht absorbiert und unverändert mit dem Stuhl ausgeschieden. Daher sind sie in allen Phasen der Schwangerschaft und Stillzeit unbedenklich. Die Unbedenklichkeit trifft auch auf Pfefferminz- und Melissenblätter sowie Kamillenblüten zu. Anis-, Fenchel- und Kümmelfrüchtetee sollte wegen des Estragolgehaltes in Maßen getrunken werden (2 - 3 Tassen/d).
Durchfall-- Bei Durchfall sollte man stets etwaige Infektionszeichen (u. a. Fieber, Blut im Stuhl) erfragen und gegebenenfalls an den Arzt verweisen. Ansonsten kann man betroffenen Frauen Glukose-Elektrolyt-Mischungen zur oralen Rehydratation und Ernährungsratschläge (z. B. kleine häufige Mahlzeiten, leicht verträgliche Speisen) mit auf den Weg geben. Die Gabe von Probiotika kann versucht werden. Die Antidiarrhoika Loperamid und Racecadotril sind in Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert.
Verstopfung-- Obstipation tritt in der Schwangerschaft öfter auf. Wichtig ist hierbei zu erfragen, seit wann die Beschwerden bestehen, wie sich die Frau ernährt und ob in der letzten Woche zumindest kleine Mengen Stuhl abgesetzt wurden. Mittel der Wahl sind eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, regelmäßige Bewegung und Quellstoffe wie Lein- und Flohsamenschalen.
Reicht das nicht aus, sind osmotisch (z. B. Lactulose, Macrogol) oder physikalisch wirksame Laxanzien (z. B. Glycerin, Sorbitol u. a.) die Mittel der zweiten Wahl. Ungeeignet sind Abführmittel, die den Wasser- und Elektrolythaushalt beeinflussen oder vorzeitige Wehen auslösen können (z. B. Bisacodyl, Natriumpicosulfat, Anthranoide, Magnesiumsulfat).
Wussten Sie, dass ...
- Schwangerschaftsstreifen pink-violette bis weißliche streifige Veränderungen der Haut sind und auf der Gewichtszunahme in der Schwangerschaft beruhen?
- junge Frauen öfter betroffen sind als ältere und die Hautveränderungen vor allem am Becken, Bauch und Po entstehen?
- Schwangerschaftsstreifen sich nicht vollständig zurückbilden und mitunter einen hohen Leidensdruck hervorrufen?
- sportliche Betätigung und eine normale Gewichtszunahme das Risiko für die Streifen mindern?
- Hautärzte mit Laser und Mikrodermabrasion Schwangerschaftsstreifen behandeln können?
Allergie und Juckreiz
Allergische Symptome sollten möglichst lokal behandelt werden. Die H1-Antihistaminika Azelastin und Ketotifen dürfen laut Fachinformationen in der Schwangerschaft (Azelastin) sowie in der Stillzeit (Ketotifen) angewendet werden.
Topische Gele mit Bamipin und Dimetinden sind entweder kontraindiziert oder setzen eine ärztliche Rücksprache voraus, wenngleich aus pharmazeutischer Sicht nichts gegen eine kleinflächige Anwendung spricht. Interessant ist die Formulierung eines Tripelenamin-haltigen Stifts, die lediglich auf unzureichende Daten verweist, was Spielraum für den praktischen Einsatz zulässt.
Niedrig dosierte Hydrocortison-Cremes sind, kleinflächig und kurzzeitig in der vorgesehenen Dosierung angewendet, mit der Schwangerschaft und Stillzeit vereinbar (nach ärztlicher Rücksprache). Die Therapie mit nach ärztlicher Diagnose grundsätzlich freiverkäuflichen Glukokortikoid-haltigen Nasensprays sollte in der Schwangerschaft und Stillzeit der ärztlichen Verantwortung unterliegen. Das sieht auch die Fachinformation vor.
Bei den systemischen Antihistaminika sind laut Embryotox Cetirizin und Loratadin die Mittel der Wahl, wobei die Fachinformation bei Loratadin-Präparaten den Einsatz in der Schwangerschaft und Stillzeit nicht empfiehlt. Ist ein sedierender Effekt gewünscht, kann kurzzeitig auch Clemastin zum Einsatz kommen.
Blasenentzündung
Jede Harnwegsinfektion in der Schwangerschaft muss ärztlich abgeklärt werden, da sie ein Risiko für das Ungeborene ist. Sollte der Arzt Antibiotika verschreiben, rät Embryotox zu Pivmecillinam, für das weitgehende Erfahrungen vorliegen.
In der Selbstmedikation wird man sich in erster Linie mit harntreibenden Teedrogen behelfen (z. B. Echtes Goldrutenkraut, Hauhechelwurzel, Orthosiphonblätter) oder auf einen standardisierten Pflanzenextrakt mit Rosmarinblätter-, Liebstöckelwurzel-, und Tausengüldenkraut-Pulver zurückgreifen, dessen Anwendung laut Fachinformation während der Schwangerschaft in Betracht gezogen werden kann.
Von der Einnahme in der Stillzeit wird abgeraten, obwohl die enthaltenen Arzneipflanzen seit Jahrhunderten erfolgreich eingesetzt werden.
Vaginalpilz
Ähnlich den Harnwegsinfekten ist auch bei vermuteter vaginaler Pilzinfektion eine gynäkologische Untersuchung zur eindeutigen Diagnosestellung angeraten. Lokaltherapeutisch sind Nystatin (1. Wahl), Clotrimazol (2. Wahl) und Miconazol (soweit indiziert) zu bevorzugen. Doch selbst bei diesen gut erprobten und als sicher erachteten Antimykotika verweisen die meisten Fachinformationen – vor allem im ersten Trimenon – ausdrücklich an den Arzt. Bei Vaginaltabletten sollten Schwangere aus allgemeinen Sicherheitsüberlegungen auf den beigelegten Applikator verzichten und diese mit dem Finger einführen.
Interessenskonflikt: Der Autor erklärt, dass keinerlei Interessenskonflikte bezüglich des Themas vorliegen.