
Zertifizierte Fortbildung: Klimawandel

- PTA können durch eine sensibilisierende Beratung und ressourcenschonendes Arbeiten zum Umwelt- und Klimaschutz beitragen.
- Chronische Erkrankungen können sich während Hitzeperioden lebensgefährlich verschlechtern.
- Anticholinergika, Antihypertensiva und Diuretika entfalten bei Hitze gefährliche unerwünschte Wirkungen.
- Antihistaminika und NSAR können hitzebedingte Probleme verstärken.
- Chronisch Kranke, Hochbetagte, Schwangere, Stillende, Säuglinge, Kleinkinder und Freiluftarbeiter haben ein hohes Risiko für Dehydrierung und Hitzekollaps.
Die Apotheke ist täglich Anlaufstelle für viele Menschen – junge wie alte, kranke und solche, die gar nicht erst krank werden möchten. Sie alle suchen oftmals Rat zu gesundheitlichen Fragestellungen. Somit ist das Apothekenteam ein wichtiger Multiplikator, wenn es um die Gesundheit der Bevölkerung geht. Dieses Potenzial kann im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes genutzt werden.
Wie? Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine ist die klimasensible Beratung, die weit über die Aufklärung zu möglichen Nebenwirkungen oder die Weitergabe von allgemeinen Empfehlungen zum Verhalten bei großer Hitze hinausgeht.
Lernziele
In dieser zertifizierten Fortbildung erfahren Sie, ...
- wie Sie Themen zu Umwelt-, Klimaschutz und Gesundheit in die tägliche Beratung integrieren können.
- bei welchen Medikamentengruppen die Dosierung während starker Hitze unter Umständen angepasst werden muss und warum.
- was umweltkritische Arzneimittel sind und wie Sie in der Apotheke nachhaltig und ressourcenschonend arbeiten können.
- welche Personengruppen besonders unter Hitze leiden und welche Tipps Sie diesen mit auf den Weg geben können.
Klimasensibel beraten
Eine allgemeingültige Definition zur „klimasensiblen Gesundheitsberatung“ gibt es zurzeit nicht. Die Autoren des „Leitfadens zur klimasensiblen Gesundheitsberatung für die hausärztliche Praxis“ definieren diese als „Integration von Themen rund um Klimawandel und Gesundheit in der Beratung von Patienten“. Damit das gelingen kann, haben Wissenschaftler des Institute of Global Health des Universitätsklinikums Heidelberg 2023 ein Rahmenwerk für Beschäftigte im Gesundheitssektor entwickelt. Es basiert auf einer systematischen Literaturrecherche und liefert auch für die Beratung in der Apotheke viele Ansätze.
Bewusstsein schaffen
Dem Rahmenwerk zufolge steht die individuelle und öffentliche Gesundheit im Zentrum der klimasensiblen Beratung. Diese gilt es zu schützen und zu fördern. Hierzu können PTA die für das HV-Gespräch empfohlenen Kommunikationsstrategien nutzen: motivierende Gesprächsführung, patientenzentrierte Kommunikation, aktives Zuhören, gemeinsame Entscheidungsfindung, stärkenbasierter Ansatz. Ziel ist es, bei den Kunden das Bewusstsein dafür zu schärfen, wie Umwelt- und Klimaschutz, Gesundheit und Lebensstiländerungen zusammenhängen.
Darüber hinaus können Strategien aus der Klimawandelkommunikation genutzt werden, zum Beispiel, indem Co-Benefits von Klimaschutz und Gesundheit betont werden. Ein weiterer Ansatz: den Klimawandel greifbarer machen, indem eine Verbindung zur persönlichen gesundheitlichen Situation hergestellt wird.

Bei großer Hitze sollten körperliche Aktivitäten oder Sport in die kühleren Morgen und Abendstunden verlegt werden. Ausreichend trinken ist zudem wichtig, um ein Flüssigkeitsdefizit zu vermeiden.
© Foto: Vera / stock.adobe.com / Generiert mit KI (Symbolbild mit Fotomodell)
In der Praxis
Praktisch könnte das folgendermaßen aussehen: Sie beraten einen Kunden mit metabolischem Syndrom zu einem gesunden Lebensstil und gehen gleichzeitig darauf ein, wie klimafreundlich es ist, zu Fuß einkaufen zu gehen oder mit dem Fahrrad zum Arzt zu fahren. Mit Blick auf die Ernährung können Sie die Vorteile einer pflanzenbasierten Kost auf das Klima aufzeigen.
Weisen Sie zum Beispiel auf die 2024 aktualisierten Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung „Gut essen und trinken“ hin, die diesem Aspekt Rechnung tragen, oder auf die Planetary Health Diet. Die direkten Gesundheitseffekte einer vorwiegend pflanzenbasierten Ernährung sind unter anderem ein verringertes Risiko für Bluthochdruck, Herzinfarkt und Darmkrebs und dadurch ein Zugewinn an Wohlbefinden, Lebensqualität und Lebensjahren.
Sorgen nehmen-- Machen sich Kunden Sorgen wegen des Klimawandels, sprechen Sie Möglichkeiten an, sich aktiv für den Klimaschutz zu engagieren. Das fördert das Selbstwirksamkeitserleben und verbessert das psychische Wohlbefinden.
Zusammenhänge erklären-- Leidet der Kunde zum Beispiel unter Asthma bronchiale, erklären Sie ihm, dass sich chronische Lungenerkrankungen wie seine bei Hitzewellen (mehrere aufeinanderfolgende Tage mit ungewöhnlich hohen Temperaturen) und hoher Luftverschmutzung häufig verschlechtern. Auch triggert das bei Hitze und starker UV-Strahlung vermehrt gebildete, bodennahe Ozon Atemwegsbeschwerden.
Als Rat können Sie mit auf den Weg geben, sich bei der größten Hitze und hohen Ozonwerten vermehrt in Innenräumen aufzuhalten. Ist das nicht möglich, hilft beim Aufenthalt im Freien das Tragen einer Maske. Weiterer Tipp: Ozon-Warn-Apps wie die „AppLuftqualität“ des Umweltbundesamtes nutzen, um das Verhalten an die aktuelle Ozonsituation anzupassen.
Kommunikationshilfen-- Um Zielgruppen gezielt anzusprechen, bietet zum Beispiel die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) e. V. das Kommunikationskonzept „Gemeinsam gesund durch die Hitze“ mit begleitenden Leitfäden für verschiedene Risikogruppen sowie Checklisten kostenfrei zum Download an (hitzeservice.de/kommunikationskonzept).
Das Umweltbundesamt hat Anfang des Jahres die Website „Humanarzneimittel und Umwelt“ gelauncht. Hier finden Sie im Bereich Downloads verschiedene, zum Teil mehrsprachige Infomaterialien (z. B. Faltblätter, Poster, Postkarten), aber auch freie Texte und Bilder, die in den eigenen Medienkanälen verwendet werden können (umweltbundesamt.de/ham).

Hitzeperioden belasten das Herz-Kreislauf-System, die Atemwege und die Nieren und sind für chronisch Kranke besonders herausfordernd.
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Medikation überprüfen
Für chronisch Kranke sind Hitzeperioden eine noch größere Herausforderung als für Gesunde. Atemwegs-, Nieren- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus und psychische Erkrankungen können sich dadurch massiv verschlechtern. Die Zahl der Sterbefälle nimmt zu. Wie viele Menschen sterben, wird von der Intensität und Dauer der Hitzeperiode beeinflusst, aber auch davon, wie erfolgreich Anpassungsmaßnahmen bei der Medikation umgesetzt werden konnten. Denn mit anhaltend hohen Temperaturen steigt bei einigen Arzneimitteln das Risiko für unerwünschte Wirkungen.
Die zugrunde liegenden Mechanismen betreffen die Thermoregulation und die Schweißproduktion: Manche Wirkstoffe behindern das Weitstellen der Blutgefäße, sodass Wärme nicht mehr in die Umgebung abgegeben werden kann, andere drosseln die Schweißproduktion. Beides sorgt dafür, dass die Thermoregulation nicht mehr richtig funktioniert und der Organismus die Körperkerntemperatur des Menschen von 36 bis 37,5 Grad Celsius nicht mehr gewährleisten kann. Es drohen unter anderem Hitzeschock und massive Herz-Kreislauf-Probleme.
Auch eine hitzebedingt veränderte Pharmakokinetik, beispielsweise schnellere Absorption von Arzneistoffen oder verlangsamte Elimination, kann für chronisch Kranke kritisch werden. Dies kann Unter- und Überdosierungen mit entsprechenden Auswirkungen auf die Krankheit zur Folge haben.
Calor-Liste-- Derzeit wird im Rahmen des Projekts ADAPT-HEAT eine Übersicht für eine hitzesensible Medikation mit klaren Anpassungsempfehlungen entwickelt. Diese CALOR-Liste (calor = lat. Hitze) genannte Übersicht soll in diesem Sommer zunächst von Ärzten, Apothekern und Pflegepersonal über drei Monate auf Praxistauglichkeit getestet werden. Im Erfolgsfall steht sie voraussichtlich ab Sommer 2026 in einer finalen Version zur Verfügung. Wesentliche Aspekte sollen dann auch in Form von Broschüren und Videoclips für Patienten zusammengefasst werden, teilt der Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses mit, der das Projekt fördert.

Die aus der pharmazeutischen Beratung bekannten Kommunikationsstrategien können PTA auch für eine klimasensible Beratung nutzen. Ergänzend bieten sich Strategien aus der Klimawandelkommunikation an, zum Beispiel das Betonen der Co-Benefits von Klimaschutz und Gesundheit.
© Foto: DAS PTA MAGAZIN / Illustration: Mone Beeck
Heidelberger Hitze-Tabelle-- Schon heute kann die Hitze-Tabelle des Universitätsklinikums Heidelberg (dosing.de) helfen, Medikamentenrisiken bei andauernder Hitze zu minimieren. Sie listet potenziell riskante Arzneistoffe auf und nennt mögliche Maßnahmen zur Risikominimierung. Ein Beispiel sind ACE-Hemmer. Hier lautet die Empfehlung: Trinkprotokoll führen, um eine adäquate Flüssigkeitszufuhr zu gewährleisten.
Im Folgenden haben wir für Sie einige kritische Arzneimittel(-gruppen) aufgeführt. Manche der hitzerelevanten Medikamente sind nicht verschreibungspflichtig. Bei der Abgabe solcher Präparate ist es besonders wichtig, die Kundschaft auf potenzielle Risiken während Hitzeperioden hinzuweisen, vor allem wenn diese regelmäßig und über einen längeren Zeitraum eingenommen werden. Im Zweifel sollte immer zu einem Arztbesuch geraten werden, um die Medikation insgesamt zu überprüfen.

Ein Temperaturanstieg auf über 39 Grad Celsius, Schwindel und plötzliche Verwirrtheit, heftiges Erbrechen oder heftige Kopfschmerzen und Krämpfe sind Warnsignale für Dehydrierung und Hitzekollaps.
© Foto: Ruslan Batiuk / stock.adobe.com / Generated with AI (Symbolbild mit Fotomodell)
Anticholinergika
Medikamente mit anticholinerger Wirkung hemmen die zentrale Temperaturregulation, sodass weniger Schweiß produziert wird. Bei großer Hitze kann das fehlende Schwitzen zum Problem werden. Dies äußert sich in Konzentrationsstörungen oder Blutdruckabfall. Zu beachten ist auch, dass anticholinerg wirksame Substanzen das Durstgefühl beeinträchtigen können und Patienten vielfach deshalb zu wenig trinken.
Rx-- Typische Vertreter mit anticholinerger Wirkung sind die Antipsychotika Clozapin, Risperidon und Haloperidol. Auch Antidepressiva wie Amitriptylin und Doxepin, das Anti-Parkinson-Arzneimittel Biperiden, urologische Spasmolytika wie Trospiumchlorid, Antiepileptika wie Carbamazepin, stark wirksame Schmerzmittel wie Tramadol und Morphin sowie verschiedene Benzodiazepine (z. B. Lorazepam, Oxazepam) und Muskelrelaxanzien wie Tizanidin gehören dazu.
OTC-- Unter den hitzekritischen, anticholinerg wirkenden Medikamenten, die ohne Rezept erhältlich sind, finden sich Antihistaminika wie Dimetinden, Diphenhydramin, Doxylamin und Dimenhydrinat sowie das Parasympatholytikum Butylscopolamin.
Antihypertensiva
Betablocker, ACE-Inhibitoren, Sartane, Calciumantagonisten und Clonidin sind Beispiele für Bluthochdruckmittel, die bei Hitze kritisch werden können. Denn der Organismus stellt bei Hitze die Blutgefäße weit (Vasodilatation), um möglichst viel Wärme abzugeben. Gleichzeitig sinkt der Blutdruck. In Kombination mit blutdrucksenkenden Medikamenten kann es so zu starken Blutdruckabfällen kommen. Eine Dosisanpassung in Absprache mit dem Arzt ist sinnvoll. Andernfalls drohen kurze Ohnmachtsanfälle mit schwerer Verletzungsfolge (z. B. Stürze), Organdurchblutungsstörungen bis hin zu einem Herzinfarkt.
Zentral wirksame Antihypertensiva wie Clonidin erhöhen darüber hinaus die Schweißsekretionsschwelle.
Diuretika
Substanzen wie das in vielen Kombipräparaten zur Blutdrucksenkung enthaltene Hydrochlorothiazid, Chlortalidon, Torasemid, Furosemid oder Spironolacton werden als Bluthochdruckmittel oder bei Herzinsuffizienz eingesetzt. Sie greifen in den Wasser- und Elektrolyt-Stoffwechsel ein.
Während einer Hitzewelle steigt bei Einnahme der entwässernd wirkenden Arzneimittel das Risiko für Austrocknung, Nierenversagen und gefährliche Elektrolytentgleisungen. Die blutdrucksenkende Wirkung wird verstärkt.
Insuline
Basalinsuline, schnell wirksame Insuline und andere fluten bei Hitze unter Umständen rascher an. Dadurch sinkt der Blutzuckerspiegel stark und es droht eine Hypoglykämie.
NSAR
Nicht steroidale Antirheumatika (Ibuprofen, Diclofenac, Coxibe) hemmen unter anderem die Bildung von gefäßerweiternden Prostaglandinen und begünstigen bei Hitze Bluthochdruckent- gleisungen. Darüber hinaus kann sich der Zustand von Herzinsuffizienz verschlechtern, und es besteht die Gefahr, dass die Nieren versagen.
SGLT2-Inhibitoren
Medikamente der Gruppe der SGLT2-Inhibitoren (z. B. Dapagliflozin, Empagliflozin) sind bei Diabetes mellitus, allen Formen der Herzinsuffizienz und Niereninsuffizienz indiziert. Bei Hitze kommt es zu einer vermehrten Glukose- und damit Flüssigkeitsausscheidung über den Harn. Das Risiko für ein Austrocknen und für eine Ketoazidose steigt.
TTS
Werden Wirkstoffe per Transdermalem Therapeutischem System (TTS) über die Haut verabreicht, wird bei direkter Hitzeeinwirkung oder starkem Schwitzen unter dem Pflaster mehr Wirkstoff freigesetzt und absorbiert. Infolge der Überdosierung drohen schwerwiegende Nebenwirkungen, bei Fentanylpflastern beispielsweise kognitive Beeinträchtigungen, Atemdepression und anticholinerge Nebenwirkungen.
Sonstiges
Darüber hinaus sind Medikamente, die die Gefäße verengen, kritisch. Durch das Engstellen der Gefäße ist der Blutfluss zur Haut und in die Extremitäten vermindert. Daraus kann eine verminderte Herzleistung resultieren. Zusätzlich können gefäßverengende Arzneimittel die physiologische Wärmeabgabe stören.
Rx-- Verschreibungspflichtige Beispiele sind die Beta-Blocker Bisoprolol, Metaprolol und Propanolol sowie Triptane.
OTC-- Manche Triptane gibt es ohne Rezept. Auch hier sollten Migränepatienten über mögliche unerwünschte Wirkungen Bescheid wissen – auch wenn die Packungsgröße auf zwei Stück im OTC-Bereich begrenzt ist. Das Sympathomimetikum Pseudoephedrin hat ebenfalls gefäßverengende Eigenschaften.
Beratungstipps
Mit zunehmendem Alter steigt nicht nur das Risiko für chronische Krankheiten und damit für die Verordnung potenziell hitzekritischer Medikamente. Zusätzlich nimmt die Fähigkeit des Körpers zur Selbstkühlung durch Schwitzen ab.
Oftmals lässt im Alter auch das Durstempfinden nach, und Senioren trinken zu wenig. Dadurch fehlt nicht nur Flüssigkeit, es wird auch noch weniger Schweiß produziert. Senioren ist also allgemein zu raten, ausreichend zu trinken. Darüber hinaus gibt es weitere Gruppen mit einem verstärkten Risiko für Dehydrierung, Hitzekrämpfe, -kollaps, -erschöpfung und Hitzschlag: Schwangere, Säuglinge, Kleinkinder, Obdachlose und alle, die im Freien arbeiten oder Sport treiben.
Sensibilisieren Sie Kunden, die zu den Risikogruppen zählen, für das Thema, damit sie über eine Verhaltensanpassung vorbeugen können, Warnsignale (z. B. heftige Kopfschmerzen, Krämpfe, Temperatur über 39 Grad Celsius, plötzliche Verwirrtheit, heftiges Erbrechen) rechtzeitig erkennen und Gegenmaßnahmen treffen können. Ein guter Anlass, Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen, ist der bundesweite Hitzeaktionstag. Er findet am 4. Juni statt, in diesem Jahr bereits zum dritten Mal (hitzeaktionstag.de).
Warum Senioren in der Hitze besonders gefährdet sind

© Foto: DAS PTA MAGAZIN
Verhalten anpassen
Grundsätzlich gilt bei hohen Temperaturen: den Körper kühl halten (z. B. Aufenthalt in kühlen Räumen, kühlendes Fußbad, kühlende Körperlotion oder Thermalwasserspray) und sich im Freien vor Sonne schützen. Einkäufe, körperliche Aktivitäten oder Sport sollten in die kühleren Morgen- und Abendstunden verlegt werden. Auch der Tipp, leichte und atmungsaktive Kleidung zu tragen, kann unterstützen, denn so kann Luft am Körper besser zirkulieren. Eine Kopfbedeckung schützt das Gehirn vor Überhitzung. Solche Maßnahmen können direkte Folgen einer starken Hitzebelastung verhindern.
Ernährungstipps
Das Durstgefühl setzt erst ein, wenn bereits ein Flüssigkeitsdefizit besteht. Raten Sie dazu, stündlich ein Glas zu trinken, auch, wenn noch gar kein Durst empfunden wird. Um die Trinkmenge nachzuvollziehen, hilft es, sich morgens zum Beispiel zwei Wasserflaschen bereitzustellen. Diese sollten abends ausgetrunken sein. Empfohlene Getränke sind: Leitungs-, Mineralwasser, gekühlter Kräutertee ohne Zuckerzusatz oder Tee mit Minze und Zitrone. Wichtig: nicht eiskalt trinken. Das kurbelt die Wärmeproduktion eher noch an. Stark gezuckerte und alkoholische Getränke sind keine guten Durstlöscher. Sie entziehen dem Körper zusätzlich Wasser.
Raten Sie zudem zu leicht verdaulichem, frischem und kühlem Essen, zum Beispiel einer Gurkenkaltschale. Denn je schwerer verdaulich eine Mahlzeit ist, desto mehr Energie muss für die Verdauung aufgebracht werden, wobei wiederum Wärme entsteht. Empfehlenswert sind mehrere kleine Mahlzeiten pro Tag mit möglichst hohem Wassergehalt (z. B. Obst, Gemüse, Salat).
Wer berechnen möchte, wie hoch die CO2-Emissionen einer Mahlzeit sind, kann die App oder Website „KlimaTeller“ (klimateller.de) nutzen. Hier müssen nur die Zutaten und deren Menge eingegeben werden, und die App zeigt an, wie viele Emissionen das Gericht verursacht.
Arzneimittel lagern
Für die meisten Medikamente gilt Raumtemperatur (15 – 25 °C) als optimale Lagertemperatur. Ist das nicht gesichert, können sie Schaden nehmen und beispielsweise nicht mehr im vollen Umfang wirksam sein. Das ist nicht immer mit bloßem Auge zu erkennen.
Tragen Sie zur Arzneimitteltherapiesicherheit bei, indem Sie vor allem im Sommer bei der Abgabe von Medikamenten auf die Basics hinweisen. So sollte ein Arzneimittel bei sommerlichen Temperaturen niemals im aufgeheizten Auto liegen gelassen werden. Am besten wird es unter dem Vordersitz transportiert. Hier ist es am kühlsten.
Zu Hause angekommen, ist der kühlste Raum der beste Lagerort. Das gilt für alle nicht kühlpflichtigen Medikamente. Wegen der oftmals hohen Temperaturen und Luftfeuchtigkeit im Badezimmer, die die Wirkung beeinträchtigen können, sollten Arzneimittel unabhängig von Hitzewellen dort niemals gelagert werden.
Kühlpflichtiges-- Bei kühl zu lagernden Arzneimitteln (2 – 8 °C) darf die Kühlkette nicht unterbrochen werden. Im Sommer sollten Insuline, Biologika oder Impfstoffe möglichst in einer Kühltasche transportiert werden. Damit sie dabei die Kühlakkus nicht berühren und einfrieren, können die Akkus zum Beispiel mit einem Handtuch umwickelt werden. Zu Hause sollten die kühlpflichtigen Medikamente schnellstmöglich in den Kühlschrank gelegt werden. Um dort ein Einfrieren zu vermeiden, dürfen die Arzneimittel die Rückwand nicht berühren.
Warum es bei kühlpflichtigen Arzneimitteln so wichtig ist, sie vor Wärme zu schützen, zeigt das Beispiel Insulin. Hier kommt es innerhalb des Insulins durch die Kombination von Wärme und Bewegung beim Transport zu einer erhöhten Fibrillenbildung. In der Folge lagern sich die Insulinmoleküle zusammen. Das verringert die Insulinwirkung. Tipp: Um Insulin bei Hitze zu schützen, gibt es Temperaturschutzkappen für Pens. Bei Pumpenpatienten kann der Arzt eine kürzere Schlauchlänge verordnen.
Darreichungsform-- Nicht alle Arzneimittel sind gleichermaßen wärmeempfindlich. Feste Darreichungsformen wie Tabletten kommen am besten mit höheren Temperaturen zurecht. In der Regel schadet es ihnen nicht, wenn sie kurzfristig bei mehr als 15 bis 25 Grad Celsius lagern.
Wesentlich weniger gut mit Wärme kommen Zäpfchen, Cremes, Salben, Säfte und Lösungen zurecht. Zäpfchen beispielsweise können schmelzen. Salben können brechen, das heißt, sie trennen sich in flüssige und feste Bestandteile und sind dann nicht mehr wirksam. Sehr empfindlich sind auch Sprays. Lagert zum Beispiel ein Asthmaspray in der Sonne, kann es unter anderem zu Überhitzung und Druckanstieg im Aerosolbehälter kommen. Das verändert die Dosiergenauigkeit und damit die Wirksamkeit.
Wussten Sie, dass ...
- die Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen während einer Hitzeperiode um 2,2 Prozent pro einem Grad Celsius Lufttemperaturzunahme steigt?
- einige Medikamente die Durchblutung der Haut behindern, die Schweißproduktion hemmen oder Elektrolytverluste begünstigen und dadurch Herz-Kreislauf-Probleme verstärken können?
- blutdrucksenkende oder entwässernde Präparate in diesem Zusammenhang besonders kritisch sind?
- die Bundesapothekerkammer das Fortbildungscurriculum „Klima, Umwelt und Gesundheit“ entwickelt hat (abda.de/fuer-apotheker/fortweiterbildung)?
Umweltkritische Substanzen
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der klimabewusste Umgang mit Arznei- und Hilfsmitteln sowie anderen Präparaten wie Kosmetika, denn einige sind per se kritisch für die Umwelt. Sie reichern sich unter anderem in Flüssen, Böden und im Grundwasser an und beeinflussen die Fortpflanzungs- und Entwicklungsfähigkeit von Fischen (z. B. Metformin, Carbamazepin) oder Wasserinsekten (z. B. Propranolol) negativ. Auch Diclofenac, Antibiotika, östrogenhaltige Arzneimittel, jodhaltige Röntgenkontrastmittel, Asthmamittel sowie Sonnenschutzmittel können problematisch für die Umwelt sein.
In manchen Fällen können Alternativen – gegebenenfalls nach Rücksprache mit dem Arzt – ausgewählt werden. Manchmal helfen einfache Tipps zum Umgang, um die Umwelt zu schonen. Wichtig ist es zudem, nicht mehr benötigte oder abgelaufene Arzneimittel korrekt zu entsorgen. In den meisten Gemeinden ist dies über den Rest-/Hausmüll möglich (Infos unter arzneimittelentsorgung.de). Bei der Verbrennung werden alle biologisch aktiven Bestandteile zerstört. Im Folgenden stellen wir ein paar umwelt- und klimakritische Substanzen genauer vor.
Diclofenac
Diclofenac-Präparate sind ökotoxisch. Vor allem nach Anwendung topischer Formulierungen gelangt der Wirkstoff über das Abwasser in den Wasserkreislauf und kann bereits in niedrigen Konzentrationen Lebewesen in Gewässern sowie Vögeln schaden. Um das zu verhindern, sollten Anwender nach dem Auftragen zunächst ihre Hände an einem Papiertuch gründlich abwischen, dieses im Restmüll entsorgen und erst anschließend die Hände mit Seife waschen.
Dosieraerosole schaden der Umwelt mehr als Pulverinhalatoren.
Inhalativa
Fertigarzneimittel mit Treibgasen, insbesondere Dosieraerosole, belasten die Atmosphäre. Zwar sind die früher eingesetzten Fluorchlorkohlenwasserstoffe weitestgehend verboten und seit dem Jahr 1989 durch Hydrofluoroalkane ersetzt, jedoch haben auch diese Treibgase ein vielfach höheres Schädigungspotenzial als Pulverinhalatoren. Seit Januar 2024 gibt es die S2k-Leitlinie „Klimabewusste Verordnung von Inhalativa“, herausgegeben von den Deutschen Gesellschaften für Allgemein- und Familienmedizin sowie für Pneumologie und Beatmungsmedizin. Darin wird unter anderem empfohlen, bei gleicher Wirksamkeit Inhalativa mit einem niedrigen Schädigungspotenzial – vorzugsweise einen Pulverinhalator – einzusetzen.
Lässt sich die Verordnung eines Dosieraerosols nicht vermeiden, sollte als Treibmittel Norfluran statt Apafluran enthalten sein. Sinnvoll sind Dosieraerosole mit einem Dosis-Zählwerk, damit sie nicht vorzeitig im Müll landen. Kinder und Jugendliche sowie deren Sorgeberechtigte sollten über die Hintergründe der klimabewussten Verordnung informiert werden. Auch diese Aspekte können in der Apotheke aufgegriffen werden, zum Beispiel bei der Schulung zur richtigen Anwendung von Inhalatoren.

Bei kühl zu lagernden Arzneimitteln (2 – 8 °C) wie Insulinen, Biologika oder Impfstoffen darf die Kühlkette nicht unterbrochen werden.
© Foto: Tamer / stock.adobe.com
Sonnenschutzmittel
Viele Sonnencremes enthalten Mikroplastik oder andere schädliche Stoffe. Diese können beim Baden ins Wasser gelangen und unter anderem Korallen, Muscheln und Fische schädigen. Besonders problematisch sind Inhaltsstoffe wie Oxybenzon, Octinoxat und Octocrylen, die als UV-Filtersubstanzen chemischen Sonnenschutzpräparaten zugesetzt werden. Für diese gibt es zum Teil bereits offizielle Verbote, beispielsweise auf Hawaii, in Teilen Mexikos oder in Florida.
Aber auch für mineralische Filter wie Zinkoxid oder Titandioxid konnten bereits unerwünschte Nebeneffekte in Flüssen, Seen und Meeren nachgewiesen werden. Dennoch gilt nach derzeitigem Kenntnisstand aus ökologischen Gesichtspunkten, dass mineralische Filtersysteme (ohne Nanopartikel) weniger umweltschädlich sind als chemische. Hier gilt es also, genau auf die Inhaltsstoffliste zu schauen. Tipp: Mit der App „ToxFox“ vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. kann man den Barcode der Sonnencreme scannen und erfahren, ob bedenkliche Stoffe enthalten sind.

Bei der Wahl des Sonnenschutzmittels sollte auf die Inhaltsstoffe geachtet werden: Beispielsweise schaden Mikroplastik oder UV-Filtersubstanzen wie Octocrylen der Umwelt.
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Ressourcen schonen
Durch ressourcenschonendes Arbeiten können PTA direkt bei ihrer täglichen Arbeit in der Apotheke etwas zum Umwelt- und Klimaschutz beitragen. Das fängt bei der Auswahl der Rohstoffe für die Rezeptur an, geht weiter über die Herstellung der Arzneimittel und die sparsame Verwendung von Desinfektionsmitteln, Laborchemikalien und Lösungsmitteln und reicht bis zur Abgabe in einer möglichst umweltfreundlichen Verpackung.
Nachhaltigkeitsgedanke
Bereits beim Einkauf kann das Apothekenteam darauf achten, Rohstoffe auszuwählen, die möglichst aus nachhaltigen Quellen stammen und klimafreundlich produziert werden. Packungsgrößen sollten so gewählt werden, dass sie erfahrungsgemäß gut vor Ablauf des Verfalldatums aufgebraucht sind.
Während der Herstellung kann jeder darauf achten, nur so viel Reinigungsmaterial, beispielsweise Papiertücher, zu nutzen, wie nötig. Bei der Verpackung bieten sich statt der üblichen erdölbasierten Kunststoffkruken solche aus umweltfreundlicherem Polylactid an. Der Kunststoff wird aus nachwachsenden Rohstoffen wie Maisstärke oder Zuckerrohr hergestellt und ist biologisch abbaubar. Nachgedacht werden kann auch darüber, ob alte, stromfressende Geräte gegen neue mit einem niedrigeren Energieverbrauch ausgetauscht werden können. Stammen die Materialien für die Geräte dann noch aus nachhaltigen Quellen, trägt das doppelt zum Umwelt- und Klimaschutz bei.
Interessenskonflikt: Die Autorin erklärt, dass keinerlei Interessenskonflikte bezüglich des Themas vorliegen.