
30.01.2021
von Beate Ebbers
© Getty Images/iStockphoto (Symbolbild mit Fotomodell)
Als der Entdecker James Cook auf seiner Expeditionsfahrt 1776 Sauerkraut und Zitronensaft zum Essen servieren ließ, gelang es ihm erstmalig, seine Besatzung frei von einer rätselhaften Seuche zu halten. Diese hatte bis dahin ganze Mannschaften auf langen Seereisen dahingerafft. Zahnfleischbluten und Zahnausfall, offene Wunden und Infektionen mit tödlichem Verlauf waren die Symptome, die sich bei den meisten Seefahrern nach zwei bis drei Monaten auf See einstellten. Mit dem lateinischen Wort „scorbutus“, zu Deutsch Mund- fäule, wurde die Geißel der Seefahrt benannt. Heute weiß man, dass ein Mangel an Vitamin C, auch Ascorbinsäure genannt, Ursache von Skorbut ist und eine Vitamin-C-reiche Kost die Erkrankung verhindert.
Zahnfleischbluten und Zahnausfall als typische Symptome eines Vitamin-C-Mangels beruhen auf einer unzureichenden Biosynthese des Bindegewebes im Zahnhalteapparat. Denn als Coenzym ist Vitamin C an der Kollagenbildung beteiligt. Auch für den Aufbau von Knochen und Zähnen, für die Biosynthese von Neurotransmittern, Glukokortikoiden und anderen Substanzen ist das Vitamin unentbehrlich.
Bedeutsam ist seine Rolle als Antioxidans in zahlreichen Stoffwechselprozessen. Es fängt freie Radikale und reaktionsfreudige Sauerstoffverbindungen, wie sie beispielsweise in Zigarettenrauch vorkommen oder auch im normalen Stoffwechsel entstehen, ab und macht sie unschädlich. Im Blutplasma hemmt es die Entstehung von oxidiertem LDL-Cholesterin, einem Risikofaktor für die Entstehung von Arteriosklerose. Es regeneriert Vitamin E (Tocopherol) aus Tocopherylradikalen, was als Vitamin-E-Spareffekt bekannt ist. Im Magen verhindert Ascorbinsäure die Bildung krebsauslösender Nitrosamine, in der Leber inaktiviert es Arzneimittel und Körpergifte. Bei der Verdauung verbessert es die Verwertung von Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln, indem es dreiwertiges zu besser verwertbarem zweiwertigen Eisen reduziert. Weiterhin reguliert Vitamin C die Immunabwehr, indem es sich unter anderem in Lymphozyten, einer Untergruppe der weißen Blutkörperchen (Leukozyten), anreichert und deren Aufgabe als Killerzeller bei der Erregerabwehr unterstützt.
Bekannt ist heute, dass schon sieben bis zehn Milligramm Vitamin C pro Tag Skorbut verhindern. Als durchschnittlichen Bedarf geben die D-A-CH-Referenzwerte jedoch weit höhere Mengen an. Damit soll gewährleistet werden, dass Stoffwechselverluste ausgeglichen und ein bestimmter Vitamin-C-Gehalt im Blut (Nüchternkonzentration an Ascorbat im Plasma: 50 µmol/l) zur Sättigung immunkompetenter Zellen aufrechterhalten wird.
Empfohlen werden für Männer ab 19 Jahren 110, für Frauen 95 Milligramm Vitamin C pro Tag. Schwangere ab dem vierten Monat sollten 105, Stillende 125 Milligramm täglich aufnehmen. Für Raucherinnen und Raucher liegt die empfohlene Zufuhr bei 135 Milligramm für Frauen und 155 Milligramm für Männer pro Tag und damit insgesamt höher. Grund ist, dass Raucher niedrigere Vitamin-C-Konzentrationen im Blut und höhere Stoffwechselverluste haben. Gegenüber Nichtrauchern ist der Vitamin-C-Umsatz um 40 Prozent erhöht. Auch bei Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit, Erkrankungen wie Diabetes mellitus, starker körperlicher Belastung oder anhaltendem Stress kann der Bedarf höher sein.
Nach den Daten der Nationalen Verzehrsstudie II wird die empfohlene Zufuhr in Deutschland von allen Altersgruppen überschritten oder in etwa erreicht. Skorbut als Vitamin-C-Mangelkrankheit kommt daher in Industrieländern praktisch nicht mehr vor.
Hartnäckig hält sich das Mythos, dass Vitamin C ein wirksames Mittel zur Vorbeugung von Erkältungen sei. Doch auch in einem 2013 veröffentlichten Update eines Cochrane Reviews von 2004 konnten Forscher keine Hinweise darauf finden, dass eine kontinuierliche regelmäßige Einnahme von 0,2 Gramm pro Tag einen Einfluss auf das Auftreten von Erkältungskrankheiten hat.
Sie kann die Dauer jedoch geringfügig verkürzen. Zeigen sich erste Anzeichen von Husten, Schnupfen oder Halsschmerzen, ist es jedoch bereits zu spät. Dann erstmalig eingenommene therapeutische Tagesdosen von ein bis zwei Gramm beeinflussen Dauer und Schwere der Erkrankung nicht.
Vitamin C kommt in zahlreichen Lebensmitteln vor, sodass die Bedarfsdeckung über die Ernährung leicht ist. Die besten Lieferanten sind Obst und Gemüse.
Spitzenreiter unter den Obstarten sind frische Acerolakirschen mit 1700, Hagebutten mit 1250, Sanddorn- mit 450 und schwarze Johannisbeeren mit 175 Milligramm pro 100 Gramm. Die beliebten Erd-, Heidel- und Himbeeren enthalten immerhin noch 25 bis 57 Milligramm pro 100 Gramm. Auch verarbeitet als Saft oder Nektar sind noch hohe Vitamin-C-Mengen vorhanden, zum Beispiel Acerolafruchtnektar 1600 oder Sanddornbeerensaft 265 Milligramm pro 100 Milliliter.
Im Vergleich dazu enthalten die als Vitamin-C-reich geltenden Zitrusfrüchte (z. B. Apfelsinen, Zitronen) mit 30 bis 50 Milligramm pro 100 Gramm weit weniger Vitamin C. Da sie jedoch gerade in der Winterzeit häufig auf dem Speiseplan stehen, tragen sie – frisch oder als Saft – zur Bedarfsdeckung bei. Schon ein Glas Orangensaft (250 ml) pro Tag deckt nahezu den Vitamin-C-Tagesbedarf.
Unter den Äpfeln schwankt der Vitamin-C-Gehalt stark und ist abhängig von Sorte, Standort und Klima. So enthält der Boskoop 16,4 bis 21,2, die Sorte Granny Smith dagegen nur 0,1 bis 4,0 Milligramm Vitamin C pro 100 Gramm.
Mit rund 140 Milligramm pro 100 Gramm ist Paprika Spitzenreiter unter den Vitamin-C-Lieferanten bei Gemüse. Auch Kohlgemüse ist eine bedeutsame Quelle: Roh verzehrt, zum Beispiel als Smoothie, Pesto oder in einem Rohkostsalat, decken 100 Gramm Rosen-, Grünkohl oder Brokkoli den Tagesbedarf an Vitamin C. Auch Wirsing, Blumen-, Weiß- und Rotkohl haben mit 50 bis 67 Milligramm pro 100 Gramm noch hohe Mengen. Ähnliche Mengen finden sich bei Spinat und Mangold.
Wurzel- und Knollengemüse (z. B. Möhren, Sellerie) tragen dagegen nur wenig zur Bedarfsdeckung bei. Auch Salz- oder Pellkartoffeln enthalten mit zwölf bis 14 Milligramm pro 100 Gramm keine bedeutenden Mengen. Da sie jedoch häufig und in größeren Mengen auf den Tisch kommen, tragen sie zur Versorgung bei.
Vitamin C gehört zu den wasserlöslichen, hitzelabilen und lichtempfindlichen Vitaminen. Dadurch ergeben sich mitunter erhebliche Zubereitungsverluste. Zum Beispiel enthält bei Zimmertemperatur gelagerter Spinat nach zwei Tagen nur noch circa ein Viertel seines Vitamin-C-Gehaltes zum Erntezeitpunkt. Weißkohl (50 mg Vitamin C/100 g) hat verarbeitet zu frischem Sauerkraut nur noch 20, als Sauerkrautkonserve nur noch zwölf Milligramm Vitamin C pro 100 Gramm.
Um die Vitamin-C-Verluste gering zu halten, gilt es daher, bei der Lagerung, Vor- und Zubereitung besonders schonend vorzugehen. Mit Ausnahme von Zitrusfrüchten sollte Frischware kurz, kühl und dunkel, zum Beispiel im Gemüsefach des Kühlschrankes, aufbewahrt werden. Da wasserlösliche Vitamine leicht ins Einweichwasser übergehen, ist es empfehlenswert, Obst und Gemüse nicht lange zu wässern, sondern zügig unter fließendem Wasser zu säubern. Zum Garen empfiehlt es sich, schonende Methoden mit kurzen Garzeiten zu wählen, wie Dünsten, Dämpfen oder Grillen. Empfehlenswert ist zudem, anfallendes Garwasser für Saucen zu verwenden.
Tiefkühlware-- Als Alternative zu frischem Obst und Gemüse bietet sich Tiefkühlware an. Die wird nach der Ernte rasch verarbeitet, schonend blanchiert und schockgefrostet, sodass ungefähr 70 Prozent des ursprünglichen Vitamin-C-Gehaltes erhalten bleiben. Mitunter enthält Tiefkühlware mehr Vitamin C als Frischgemüse, das falsch gelagert wurde.