Bauchmigräne trifft vor allem Kinder

(kib) Die Bauchmigräne, auch bekannt als abdominelle Migräne, ist eine häufige Ursache funktioneller Bauchbeschwerden bei Kindern. Doch sie wird oftmals nicht erkannt. Um die Diagnose zu erleichtern, haben Mediziner vom University College London nun Kriterien entwickelt.

14.07.2023

Mädchen mit Bauchschmerzen
© Foto: Imcsike / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)
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Der Begriff „abdominelle Migräne“ tauchte vor 101 Jahren das erste Mal in der Literatur auf, heißt es in der Ärzte Zeitung. Gekennzeichnet ist die Bauchmigräne durch stereotyp ablaufende, periodische Bauchschmerzen ohne Fieber mit vollkommen symptomfreien Intervallen.

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Nach Angaben des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte sind ein bis vier Prozent aller Kinder davon betroffen, nach Berichten aus den USA bis zu neun Prozent. Damit gehört die abdominelle Migräne zu den häufigsten Ursachen funktioneller Bauchbeschwerden bei Kindern. Für Erwachsene finden sich in der Literatur lediglich vereinzelt Fallberichte.

Familienanamnese für Migräne oft positiv

Die Assoziation der Bauchmigräne zu Migränekopfschmerzen ist eng, sowohl bei den betroffenen Kindern selbst – sie entwickeln im Erwachsenenalter oft Migränekopfschmerzen – als auch in der Familie. Denn die Familienanamnese ist oft positiv für Migräne bei erstgradigen Verwandten.

Klar umrissene Diagnosekriterien

Ein diagnostisches Problem sind die Symptomüberlappungen mit anderen funktionellen Magen-Darm-Erkrankungen wie dem Reizdarmsyndrom, zyklischem Erbrechen oder funktioneller Dyspepsie.

Die International Headache Society nennt Kriterien für die abdominelle Migräne. Ebenso gibt es Rom-IV-Kriterien. Allerdings gibt es gewisse Unterschiede zwischen beiden Definitionen. Daher schlagen die Mediziner aus London pragmatische Kriterien vor, die auch Nichtspezialisten helfen können, eine erste Diagnose zu stellen. Diese lauten:

  • episodische, zentrale Bauchschmerzen für meist mehr als eine Stunde
  • mindestens eines der folgenden Begleitsymptome: Blässe, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Lichtscheu, Kopfschmerzen – oder Assoziation mit anderen episodischen Syndromen (vor allem zyklisches Erbrechen und Gliederschmerzen)
  • klinischer Normalbefund
  • Wohlbefinden und normale Aktivität zwischen den Schmerzepisoden

Drei- bis Zehn-Jährige besonders häufig betroffen

Bauchmigräne betrifft vor allem Kinder im Alter zwischen drei und zehn Jahren. Es scheint zwei Häufigkeitspeaks zu geben: im Alter von fünf und von zehn Jahren.

Psychischer Stress gilt als ein wichtiger Trigger der abdominellen Migräne neben Erschöpfung, Schlafmangel, Reisetätigkeit, grellem oder flackerndem Licht. Zum Teil werden aber auch diätetische Trigger berichtet, etwa der Verzehr von Zitrusfrüchten, Käse, Schokolade oder kohlensäurehaltigen Getränken.

Das könnten die Ursachen sein

Wie der Migräne-Bauchschmerz zustande kommt, ist ungeklärt. Diskutiert wird eine viszerale Hypersensitivität. Weitere Hypothesen beschäftigen sich mit einer anomalen Darmmotilität oder einer verstärkten mukosalen Permeabilität, mit diätetischen und immunologischen Hintergründen, Veränderungen des Neurotransmitter-Metabolismus bis hin zu genetischen und psychosozialen Faktoren.

All dies spielt für die klinische Praxis allenfalls insofern eine Rolle, als im Einzelfall diätetische Maßnahmen, wie sie zum Beispiel auch bei Patientinnen und Patienten mit Reizdarmsyndrom praktiziert werden, hilfreich sein können.

Was lässt sich therapeutisch unternehmen?

Wie so oft in der Pädiatrie gibt es keine zugelassenen spezifischen Therapien für Patientinnen und Patienten mit Bauchmigräne. Daher orientiert sich die Behandlung in der Regel an den Erfahrungen mit Migränekopfschmerzen: Während einer Attacke sollten sich die Patientinnen und Patienten ausruhen, bis die Symptome verschwinden.

Hilft das allein nicht, kann zum Beispiel in Absprache mit einem Arzt Ibuprofen 10 mg/kg, Paracetamol 15 mg/kg oder Sumatriptan 10 mg intranasal gegeben werden.

Prävention ist wichtig

Wichtig ist, erkannte Trigger der Anfälle zu identifizieren und zu meiden, Strategien zu entwickeln, um mit Stress umgehen zu lernen, eine gute Schlafhygiene einzuüben und auf Reisen zum Beispiel Wege zu finden, Reiseübelkeit zu vermeiden.

Erfolge mit psychotherapeutischen Interventionen wie einer kognitiven Verhaltenstherapie, Hypnotherapie und Familientherapie werden berichtet.

Ernährungsfaktoren

Was die Ernährung angeht, wirken sich längeres Fasten, Dehydratation, stark aminhaltige, Mononatriumglutamat-haltige oder mit Geschmacks- und Farbstoffen versehene Lebensmittel ungünstig aus.

Mit einer oligoantigenen Diät, bestehend aus Obst, Gemüse, Reis und Fleisch konnte eine Arbeitsgruppe vor vielen Jahren die Symptomatik bei 77 Prozent der Patienten verbessern.

Letztlich ist aber die Wirksamkeit von Eliminationsdiäten wie von Diäten generell nicht bewiesen. Das gilt auch für die immer wieder genannten Probiotika, die versuchsweise bei Überlappungen zum Reizdarmsyndrom oder funktioneller Dyspepsie empfohlen werden.

Quelle: Ärzte Zeitung

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