Jod: Für Jung und Alt

Das Spurenelement ist für die Produktion von Schilddrüsenhormonen unverzichtbar. Diese wiederum sind es für vielzählige Stoffwechsel- und Wachstumsprozesse und das in jedem Lebensabschnitt.

von Dr. Ute Koch
30.04.2024

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© Foto: Ludmila - stock.adobe.com
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  • Jod ist für die Produktion von Schilddrüsenhormonen unverzichtbar.
  • Deutschland ist ein Jodmangelgebiet, bedingt durch jodarme Böden und eine jodarme Ernährungsweise.
  • Nur wenige heimische pflanzliche und tierische Nahrungsmittel sind gute Jodquellen.
  • Einen unverzichtbaren Beitrag zur Jodversorgung leistet Jodsalz.
  • Schwangere, Stillende und Frauen mit Kinderwunsch sollten besonders gewissenhaft auf ihren Jodstatus achten.

Jod kann der menschliche Organismus nicht bilden und nur begrenzt speichern. Deshalb muss es regelmäßig und bedarfsgerecht über die Nahrung (in Form von Jodid) zugeführt werden. Hauptabnehmerin ist die Schilddrüse, die es für die Produktion ihrer Hormone benötigt, auf die nahezu jedes Organ angewiesen ist. Daher gilt der Jodversorgung, die in Deutschland bevölkerungsweit unzureichend ist, ein besonderes Augenmerk.

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Jod-Nahrungskette

Deutschland ist gemäß Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein Jodmangelgebiet, bedingt durch seine geringen Jodvorkommen in Böden und Trinkwasser sowie einer allgemein jodarmen Ernährungsweise. Viele der im Erdreich vorkommenden Jod-Verbindungen sind wasserlöslich. Diese werden durch Niederschläge, Überschwemmungen und Gletscherschmelzen gelöst und über Flüsse in die Meere gespült, wo sich der größte Teil des weltweiten Jodvorkommens befindet. Folglich haben Bergregionen und niederschlagsreiche Gebiete jodarme Böden. Dort angesiedelte Pflanzen (Gemüse, Obst, Getreide) können nur wenig Jod aufnehmen, ebenso pflanzenfressende Nutztiere. Dies ist der Grund, weshalb heimische pflanzliche und tierische Nahrungsmittel von Natur aus keine guten Jodquellen sind.

In der Tierzucht (Tiere brauchen ebenfalls Jod) werden mit Jod angereicherte Futtermittel verabreicht. Stammen Milch, Milchprodukte und Eier (Eigelb) von diesen Tieren, sind sie gute Jodquellen. Meeresfische (z. B. Kabeljau, Seelachs, Hering) und Meeresfrüchte (z. B. Muscheln, Krebse) sind von Natur aus jodreich. Sie sollten ein- bis zweimal wöchentlich verzehrt werden, was in nur wenigen Haushalten üblich ist. Menschen, die sich vegan ernähren oder aus anderen Gründen (z. B. aufgrund einer Unverträglichkeit, Allergie oder Abneigung) auf Milch, Milchprodukte, Eier und/oder Fisch verzichten oder verzichten müssen, haben ein besonders hohes Jodmangelrisiko. Süßwasserfische und unverarbeitetes Fleisch sind als Jodlieferanten unbedeutsam.

Folgen von Jodmangel

Das Spurenelement ist Bestandteil der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3, enthält 3 Jodatome) und Thyroxin (T4, enthält 4 Jodatome). Diese kann die Schilddrüse nicht ausreichend produzieren, wenn sie zu wenig Jod erhält. Bei dauerhaftem Jodmangel schüttet die Hirnanhangsdrüse verstärkt TSH (Schilddrüse-stimulierendes Hormon) aus, das eine Gewebezunahme der Schilddrüse induziert, Struma (volkstümlich „Kropf“) genannt.

Zudem kann anhaltender Jodmangel eine Hypothyreose (Schilddrüsen-Unterfunktion) verursachen, erkennbar an Konzentrationsschwäche, Leistungsabfall, Müdigkeit und einer depressiven Stimmungslage. Besonders schwerwiegend ist der Kretinismus (abgeleitet von frz. Crétin): eine irreversible kindliche Entwicklungsstörung, für die Kleinwuchs, geistige Behinderung und eine teilweise immens vergrößerte Schilddrüse typisch sind.

Schwangere und Stillende

In der Schwangerschaft und Stillzeit ist der Jodbedarf deutlich erhöht. Eine Schwangere muss bis zu 50 Prozent mehr Schilddrüsenhormone produzieren als eine Nicht-Schwangere. Nur so kann sie ihren eigenen Hormonbedarf und den des Fetus decken. Im ersten Trimenon ist der Fetus vollständig auf die mütterlichen Hormone angewiesen. Erst im zweiten beginnt seine Schilddrüse, selbst Hormone zu bilden. Auch hierfür ist ein guter mütterlicher Jodstatus notwendig. Ist dieser nicht gegeben, erhöht sich das Risiko für Fehl- und Totgeburten sowie für fetale Fehlbildungen. So kann schon der Fetus eine Struma entwickeln, die selbst in leichter Form nach der Geburt zu Atem- und Schluckbeschwerden führen kann.

Nicht nur vor der Geburt, auch danach ist eine bedarfsgerechte Jodversorgung des Kindes unerlässlich – sowohl für dessen körperliche als auch geistige Entwicklung. Hierfür sind gestillte Kinder auf den Jodgehalt der Muttermilch angewiesen, ungestillte Kinder auf den der Säuglingsnahrung.

Empfohlene tägliche Jodzufuhr

Alters- / Personengruppe

Mikrogramm / Tag

Säuglinge

0 bis unter 4 Monate

40

4 bis unter 12 Monate

80

Kinder

1 bis unter 4 Jahre

100

4 bis unter 7 Jahre

120

7 bis unter 10 Jahre

140

10 bis unter 13 Jahre

180

13 bis unter 15 Jahre

200

Jugendliche und Erwachsene

15 bis 50 Jahre

200

51 Jahre und älter

180

Schwangere

230

Stillende

260

Quelle: DGE

Verzehrempfehlungen

Selbst bei sorgfältigster Gestaltung des Speiseplans, ist es schwierig, den Jod-Zufuhrempfehlungen (s. Tab. oben) der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) gerecht zu werden. Dies gilt für die Allgemeinbevölkerung jeder Altersgruppe, aber noch viel mehr für Schwangere und Stillende. Letzteren wird von den einschlägigen Fachgesellschaften (z. B. gesund-ins-leben.de) geraten, zusätzlich zu einer bewussten Ernährungsweise (jodiertes Salz eingeschlossen) eine tägliche Jod-Supplementierung von 100 (bis 150) Mikrogramm in Tablettenform vorzunehmen, vom Beginn der Schwangerschaft an bis zum Ende der Stillzeit.

Jod gehört – wie Folsäure – zu den Mikronährstoffen, deren Bedarf bereits am ersten Tag der Schwangerschaft erhöht ist. Daher bietet sich für Schwangere und Stillende der Verzehr von Supplementen an, die beide Mikronährstoffe in ausreichender Dosierung enthalten. Auch Frauen mit Kinderwunsch sollten ihre Jod- und Folsäureversorgung sicherstellen. Dringend abzuraten ist jedoch von der parallelen Einnahme verschiedener jodhaltiger Nahrungsergänzungsmittel sowie von Algenpräparaten (oftmals zu hoch dosiert). Bei einer Kontraindikation gegenüber Jod (z. B. bei seltener Schilddrüsen-Überfunktion), sind jodfreie Folsäurepräparate indiziert.

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© Foto: Hupp Photography / stock.adobe.com

Der Name Jod (Iod) leitet sich vom altgriechischen Wort „ioeides“ ab, das für „veilchenfarbig, violett“ steht.

Jodiertes Speisesalz

Es leistet einen erheblichen Beitrag zur Jodversorgung der Gesamtbevölkerung, einschließlich schwangerer und stillender Frauen. Dabei geht es nicht darum, den Salzkonsum zu erhöhen, sondern um den Grundsatz „wenn Salz, dann Jodsalz“. Eine Kontraindikation für dessen Einsatz gibt es nicht. Pionier war die Schweiz, die ihr „Jodprogramm“ schon vor über 100 Jahren startete. Damit ist es dem Land gelungen, Jodmangel und seine gesundheitlichen Folgen zu beseitigen. Insbesondere den Kretinismus, der bis Anfang des 20. Jahrhunderts in der Schweiz weit verbreitet war.

Trotz des erfolgreichen „Jodprogramms“ sind Frauen im gebärfähigen Alter, Schwangere und Stillende bis heute Risikogruppen geblieben. In Deutschland gibt es erst seit Mitte der 1980er-Jahre die Empfehlung (keine Pflicht), jodiertes Salz in Privathaushalten, Gemeinschaftsküchen sowie bei der handwerklichen und industriellen Herstellung von Lebensmitteln einzusetzen.

Damit wurde der Jodstatus der Bevölkerung über die Jahre hinweg deutlich verbessert. Leider besteht jedoch seit Jahren ein Rückwärtstrend, weil der Einsatz von Jodsalz im Fleischer- und Bäckerhandwerk rückläufig ist. Umso wichtiger ist es, in der häuslichen Küche Jodsalz zu verwenden. Bei verarbeiteten Lebensmitteln sollten solche, die Jodsalz enthalten, bevorzugt werden. Bei abgepackten Produkten ist die betreffende Information auf dem Etikett ersichtlich, bei loser Bäcker- oder Fleischerware auf Nachfrage beim Produzenten erhältlich.

Hochgefährlicher Trend

In einigen Foren wird Lugol‘sche Lösung (Jod-Kaliumjodid-Lösung) als Allheilmittel beziehungsweise gesunde Nahrungsergänzung beworben. Die nicht zur innerlichen Anwendung zugelassene Lösung wird als Laborchemikalie und Desinfektionsmittel eingesetzt. Innerlich angewendet kann ihr extrem hoher Jodgehalt zu ernsten und schwer behandelbaren Funktionsstörungen der Schilddrüse führen.

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