Vitamin D: Versorgungslücke

Ein Mangel an Vitamin D ist hierzulande häufig. Hauptgrund ist die dunkle Jahreszeit, in der die UV-B-Strahlung nicht ausreicht, um die Haut zur gewünschten Vitamin-D-Eigenproduktion zu befähigen.

von Dr. Ute Koch
30.01.2025

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© Foto: [M] Jacob Lund / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodellen)
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  • Den Hauptanteil (80 – 90 %) der Vitamin-D-Versorgung bildet die Eigensynthese in der Haut, wofür UV-B-Strahlung (290 – 315 nm) notwendig ist.
  • Nur wenige Nahrungsmittel sind nennenswerte Vitamin-D-Quellen, allen voran fetter Seefisch.
  • Deutschland ist ein Vitamin-D-Mangelland, weil in der dunklen Jahreszeit die UV-B-Strahlung unzureichend ist.
  • Dunkelhäutige Menschen haben ein höheres Risiko für einen Vitamin-D-Mangel als hellhäutige.
  • Vitamin D ist fettlöslich, weshalb eine Intoxikation möglich ist, jedoch nur bei hochdosierten Vitamin-D-Gaben in Form von Nahrungsergänzungs- und/oder Arzneimitteln.

Die bekannteste Funktion von Vitamin D ist seine Beteiligung am Knochenstoffwechsel. Darüber hinaus ist es wichtig für das Immunsystem, die Psyche, die Muskelspannung, den Blutdruck, die Herzleistung und vieles, vieles mehr. Vitamin D ist der Überbegriff für eine Gruppe fettlöslicher Vitamine, die Calciferole genannt werden. Zu den wichtigsten gehören Vitamin D2 (Ergocalciferol) und Vitamin D3 (Cholecalciferol). Beide, insbesondere Vitamin D3, sind in Nahrungsergänzungs- und Arzneimitteln enthalten.

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Vitamin-D-Eigensynthese

Die menschliche Haut ist in der Lage, unter Einfluss der UV-B-Strahlung des Sonnenlichts Vitamin D3 selbst zu bilden. Hierfür benutzt sie 7-Dehydrocholesterol, ein Zwischenprodukt der Cholesterinbiosynthese. Vitamin D3 wird in der Leber zu 25-Hydroxy-Cholecalciferol (Calcidiol) umgewandelt und dieses in der Niere zum wirksamen Endprodukt 1,25- Dihydroxy-Cholecalciferol (Calcitriol). Die Eigensynthese trägt 80 bis 90 Prozent zur Vitamin-D-Versorgung bei. Gespeichert wird Vitamin D hauptsächlich im Fett- und Muskelgewebe, geringe Mengen in der Leber, was in einem gewissen Maß die körpereigene Vitamin-D-Versorgung im Winter erlaubt.

Alimentäre Vitamin-D-Zufuhr

Die Nahrung deckt lediglich zehn bis 20 Prozent des Bedarfs. Dies liegt daran, dass nur wenige Lebensmittel, meist tierischer Herkunft, reichlich Vitamin D enthalten. Darüber hinaus stehen diese in geringen Mengen oder gar nicht auf den heimischen Speiseplänen. Die beste Vitamin-D-Quelle ist fetter Seefisch (z. B. Hering, Lachs, Makrele). Bedeutende, aber deutlich schlechtere Quellen sind einige Innereien (z. B. Kalbs- und Rinderleber), Speisepilze (z. B. Pfifferlinge, Champignons), Eier und Margarine, sofern diese mit Vitamin D angereichert ist. Bei Bedarf kann Vitamin D über Nahrungsergänzungsmittel oder Medikamente zugeführt werden.

Diese Maßnahme wird jedoch nur dann empfohlen, wenn nachweislich ein Vitamin-D-Mangel vorliegt und dieser weder durch die Ernährungsweise noch durch die Vitamin-D-Eigensynthese beseitigt werden kann. Das Risiko für einen Mangelzustand ist in Deutschland hoch, weil zahlreiche exogene und endogene Faktoren dazu beitragen können. Dies erklärt, warum viele Personengruppen nicht nur im Winter, sondern ganzjährig auf Vitamin-D-haltige Nahrungsergänzungs- oder Arzneimittel angewiesen sind (ärztliche Rücksprache empfehlenswert).

Exogene Risikofaktoren

Für die Eigensynthese bedarf es einer UV-B-Strahlung mit einer Wellenlänge von 290 bis 315 Nanometer sowie regelmäßiger und ausreichend langer Aufenthalte im Freien. Aufenthalte in lichtdurchfluteten Räumen sind keine Alternative, da Fensterglas UV- B-Strahlung filtert. So ist in Deutschland, das zwischen dem 47. und 55. Breitengrad liegt, die körpereigene Bildung lediglich von circa März bis Oktober möglich. Doch selbst in der hellen Jahreszeit können verschiedene Faktoren die (individuelle) Vitamin-D-Produktion mindern. Beispielsweise kann starke Bewölkung die UV-B-Strahlung um mehr als 90 Prozent verringern.

Nennenswert ist zudem der unverzichtbar hohe Sonnenschutz zur Prophylaxe von Hautkrebs, der gezielt den Einfluss von UV-B-Strahlen mindern soll. Auch die vollständige Bedeckung der Haut aus kulturellen, religiösen oder persönlichen Gründen reduziert die Vitamin-D-Produktion. Menschen, die sich bedingt durch Beruf, Freizeitverhalten, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit wenig oder gar nicht im Freien aufhalten, haben ebenfalls ein hohes Risiko für einen Vitamin-D-Mangel.

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Die Eigensynthese von Vitamin D bedarf einer UV-B-Strahlung mit einer Wellenlänge von 290 bis 315 Nanometern.
© Foto: eldarnurkovic / Stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)

Endogene Risikofaktoren

Die Fähigkeit zur Vitamin-D-Eigensynthese sinkt mit zunehmendem Lebensalter. Verglichen mit einer 20-jährigen Person bildet eine 40-jährige bei identischer Sonnenexposition nur noch rund drei Viertel der Vitamin-D-Menge und eine 70-jährige nur noch etwa die Hälfte. Im Alter kommt hinzu, dass die Hautdicke abnimmt, was die Eigensynthese zusätzlich mindert. Eine wesentliche Rolle spielt zudem der Hauttyp. Menschen mit einer wenig pigmentierten Haut entwickeln zwar schnell einen Sonnenbrand, können jedoch die UV-B-Strahlung besser für die Vitamin-D-Bildung nutzen als Dunkelhäutige. Letztere sind aufgrund ihrer melaninreichen Haut gut vor Sonnenbrand geschützt, was jedoch zu Lasten der Vitamin-D-Eigensynthese geht.

Daher benötigen dunkelhäutige Menschen eine längere Sonnenexposition als hellhäutige, um ihren Vitamin-D-Bedarf decken zu können. Deshalb haben in nördlichen Breitengraden lebende, sehr dunkelhäutige Personen ein hohes Risiko für einen Vitamin-D-Mangel, insbesondere dunkelhäutige Babys und Kleinkinder. Da Leber und Niere am Vitamin-D-Stoffwechsel beteiligt sind, benötigen Menschen mit Erkrankungen dieser Organe oftmals Nahrungsergänzungs- oder Arzneimittel mit Vitamin D.

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Im Beratungsgespräch sollten Einnahmehäufigkeit und Dosis von Vitamin-D-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln besprochen werden.
© Foto: Drazen Zigic / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Vitamin D für Babys

Eine Rachitis (griechisch: rachis = Rücken) ist eine ernste Knochenerkrankung bei Kindern und Jugendlichen, ausgelöst durch einen ausgeprägten und langanhaltenden Vitamin-D-Mangel. Fehlt das Vitamin, können sich Calcium und Phosphat nicht in Knochen und Zähne einlagern. Charakteristische Folgen sind schwerwiegende Störungen des Knochenwachstums und der Skelettentwicklung mit bleibenden Verformungen (z. B. O-Beine, quadratisch verformter Hinterkopf). Die Milchzähne brechen verzögert durch, Zahnschmelzdefekte werden rasch sichtbar.

In Deutschland kommt die Rachitis nur noch selten vor, weil ihr gezielt vorgebeugt wird. Es gilt die Empfehlung, allen gestillten und nicht gestillten Säuglingen im ersten Lebensjahr Vitamin-D-Supplemente in Form von Tropfen oder Tabletten zu verabreichen. Die Tagesdosis beträgt zehn bis 12,5 Mikrogramm (400 – 500 I.E.) Vitamin D. In der Regel kombiniert mit Fluorid, weil dieses für die gesunde Entwicklung von Knochen und Zähnen ebenso unerlässlich ist.

Die Rachitis ist auch unter der Bezeichnung „Englische Krankheit“ bekannt, weil sie um 1900 in englischen Großstädten gehäuft auftrat. Grund war ein durch Smog verursachter Mangel an Sonnenlicht. Ein der Rachitis ähnliches Krankheitsbild gibt es auch bei Erwachsenen: die Osteomalazie. Eine weitere Erkrankung, begünstigt durch Vitamin-D-Mangel, ist die Osteoporose.

Cave: Überdosierung

Eine Vergiftung (Intoxikation) mit Vitamin D ist möglich, weil es fettlöslich ist und daher vom Körper gespeichert werden kann. Möglich ist diese durch eine übermäßig hohe Einnahme von Vitamin-D-haltigen Nahrungsergänzungs- und/oder Arzneimitteln, nicht jedoch durch die Vitamin-D-Eigensynthese, ebenso nicht durch die tägliche Nahrung. Die Folge einer Überdosierung sind erhöhte Kalziumspiegel (Hyperkalzämie), die zu Übelkeit, Appetitlosigkeit, Bauchkrämpfen, Erbrechen oder in schweren Fällen zu Nierenschäden, Herzrhythmusstörungen, Bewusstlosigkeit und Tod führen können.

Vor diesem Hintergrund ist es in der Apotheke sehr empfehlenswert, eine längerfristige Einnahme von Vitamin D mit einem Arzt zu besprechen, ebenso die Höhe der Dosierung.

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